Jesus liebt mich
brachte das alles sehr durcheinander.
«Aber …» , fragte er nun zögerlich, «legst du etwa deine Aufgabe für Marie nieder?»
«Was?» , fragte Jesus erstaunt.
Gabriel ärgerte sich über sich selber: Hatte er Jesus etwa jetzt auf einen dummen Gedanken gebracht? Würde das Himmelreich auf Erden nun nicht kommen, weil er sich verplappert hatte?
«Fragst du das wegen deiner Liebe zu Silvia?» , wollte der Messias von Gabriel wissen. Damit brachte er wiederum Gabriel selbst auf einen dummen Gedanken: Wenn das Jüngste Gericht ausfallen würde, könnte Gabriel weiter glücklich mit Silvia leben. Und diesen Sägemechanismus genießen. Und diese Dinge, von denen sie sprach, die sie ihm alle noch zeigen wollte. Dieses Kamasutra zum Beispiel klang sehr interessant.
«Glaubst du, es wäre richtig, noch etwas zu warten?» , fragte Jesus unsicher. Ganz offensichtlich wollte auch er mehr Zeit mit Marie verbringen.
Gabriel rang mit sich. Sicher wurden er und Jesus hier gerade nur in Versuchung geführt. Er musste gegen diese Emotionen angehen. Er musste standhaft bleiben. Um Gottes willen!
«Reise heute noch nach Jerusalem» , forderte er den Messias daher eindringlich auf. «Du musst das Himmelreich auf Erden errichten.»
Jesus überlegte, besann sich dann auf seine Pflichten und erklärte: «Du hast selbstverständlich recht.»
Er nahm seine Handwerkstasche von der Garderobe und verabschiedete sich: «Lebe wohl, alter Freund.»
Gabriel erwiderte: «Lebe wohl.»
Dann verließ der Messias das Pfarrhaus. Gabriel blickte ihm nach und dachte bei sich: Beinahe hätte so etwas Albernes wie die Liebe den Plan Gottes durcheinandergebracht.
32
Als ich meine Sprache wiedergefunden hatte, fragte ich Michi: «Und … und Jesus hat das auch vorhergesagt?»
Ich konnte mir einfach immer noch nicht vorstellen, dass Jesus – dass Joshua bei so etwas mitmachte.
«Mit der Androhung des nahenden Endes brachte er viele Menschen dazu, ihre Handlungen zu überdenken und zu Gott zu finden», erklärte Michi.
«Das … das glaub ich nicht.»
Michi griff nun nach der Bibel, blätterte und sagte: «Es gibt da viele Stellen, schau, zum Beispiel bei Matthäus 24 verkündet Jesus: ‹Dann wird er sich zu ihnen wenden und ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist.›»
«Du kennst dich gut aus …», stammelte ich. Und dann fragte ich ängstlich: «Weißt du, was so die Aufnahmekriterien fürs Himmelreich sind?»
«Du glaubst tatsächlich, dass dieser Mann Jesus ist», stellte Michi fest. Er wirkte nun doch erschrocken. Meine Angst schien sich langsam auf ihn zu übertragen. Oder er machte sich einfach nur richtige Sorgen um mich.
«Was man tun muss», erklärte er dann, «steht nicht genau in der Offenbarung des Johannes. Aber ich schätze mal, wenn man sein Leben nach den vielen Geboten der Bibel geführt hat, dürfte man wohl keine Probleme bekommen.»
«Viele? Ich dachte, es gibt nur zehn.»
«Es gibt viel mehr, einen ganzen Haufen. Bestimmt über siebenhundert», erklärte Michi. Er kicherte dabei nervös, da ich schon den Angstschweiß auf der Stirn hatte. Und meine Poren gingen nun in Überproduktion: Ich kannte ja nicht maldie Zehn Gebote! Außer Dinge wie «Du sollst nicht töten», «Du sollst nicht stehlen», «Du sollst deine Eltern ehren» …
Oh, oh! Eltern ehren, da hatten wir schon das erste Problem! Wie sah es da erst mit den Geboten aus, die ich noch nicht kannte?
Ich bat Michi, mir andere Gebote zu zeigen.
«Da sind aber viele drin, die dich gar nicht betreffen.»
«Zum Beispiel?»
«Im fünften Buch Mose steht: Männer sollen keine Frauenkleidung tragen.»
«Dumm gelaufen für David Beckham», sagte ich.
Michi nahm die Bibel und zeigte mir ein weiteres Gebot: «Unter deinem Vieh sollst du nicht zwei Tiere verschiedener Art sich begatten lassen. Levitikus 19,19.»
«Ich werde es den Meerschweinchen und den Hunden sagen», erklärte ich und hatte nicht das Gefühl, dass wir mit diesen Regeln wirklich weiterkamen.
Michi blätterte weiter: «Wenn zwei Männer, ein Mann und sein Bruder, miteinander raufen und die Frau des einen hinzukommt, um ihren Mann aus der Gewalt des anderen zu befreien, und wenn sie die Hand ausstreckt und dessen Schamteile ergreift, dann sollst du ihr die Hand abhacken. Deuteronomium 25.11, 12.»
«Ein Fall, wie aus dem Leben gegriffen», meinte ich ungeduldig. Ich hatte einen tierischen Schiss und
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