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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ARD sah ich dann Florian Silbereisen, der machte mir noch mehr Angst. So schaltete ich den Fernseher aus und las nun die Worte Jesu. Die Predigt war eine Art «Best of» seiner Lehren, darunter auch das schöne Vogel-Sorgen-Gleichnis, das er bei unserem ersten Date – es kam mir vor, als sei es eine Ewigkeit her – machte. Ich unterteilte seine Lehren in folgende Kategorien: 1.   Kann ich problemlos umsetzen, 2.   Wird nicht ganz einfach umzusetzen, 3.   Wird schwer, 4.   Wird verdammt schwer und 5.   Herrjemine!
    Die Kategorien 1 und 2 blieben weitestgehend unbesetzt.
     
    Problemlos umzusetzen war nur seine Aufforderung, dass man nicht schwören soll. Sich vor falschen Propheten zu hüten schien mir auch machbar zu sein, und natürlich warf ich den Schweinen keine Perlen vor – wobei ich allerdings davon ausging, dass es sich mal wieder um eines jener Gleichnisse handelte, die ich nicht hundertprozentig verstand.
    Schwieriger war es für mich schon, ohne Sorge um Essen und um Geld zu leben. Ich war so verdammt gut im Sorgenmachen; wenn es eine olympische Disziplin gewesen wäre, hätte ich wohl die Silbermedaille geholt, nur knapp geschlagen von Woody Allen. Auch sollte ich nicht an meinem Besitz hängen, und leider standen da auch keinerlei Ausnahmeregelungen für Pumps, iPods und Norah-Jones-CDs. Aber das alles war noch gar nichts im Vergleich zu dem, was Jesus einem im zwischenmenschlichen Bereich abverlangte: Menschen, die einem Böses getan haben, solle man noch mehr geben. Oder wie Jesus sich ausdrückte: «Wenn einer dir das Hemd wegnehmen will, lass ihm auch den Mantel.» Das war sicherlich eine Regel, die in Finanzämtern großen Anklang fand.
    Aber ich bezweifelte, dass ich je so selbstlos sein könnte. Und im Streit die andere Wange hinzuhalten wäre auch nichts für mich – ich stand ja nicht so auf Maso. Genauso problematisch wurde es beim Thema «Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet». Das hatte mir Swetlana an den Kopf geworfen, und ich wollte sie ja so gerne hinrichten. Da half mir auch Jesu Gleichnis «Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ‹Lass mich einen Splitter aus deinen Augen ziehen›, und dabei steckt in deinen Augen ein Balken?» nicht weiter. Selbst wenn ich wusste, dass auf dem Balken in meinen Augen «Sven» eingeritzt stand, ich also auf meine Art genauso schuldig war wie Swetlana, war ich doch viel zu wütend auf sie.
    In die Kategorie «Herrjemine» schließlich fiel dann Jesu Aufforderung, dass man seine Feinde aufrichtig lieben soll. Außer Swetlana hatte ich keine Feinde. Wie sollte ich diese Frau lieben? Aufrichtig? Nicht heuchlerisch? Hing davon, ob ich das schaffte, jetzt das Schicksal der Welt ab?
    In diesem Augenblick klingelte mein Handy, es war Michi, der völlig aufgeregt war und endlich wissen wollte, wann die Erde denn nun genau untergehe. Als ich es ihm erzählte, war er noch aufgewühlter, und als ich ihm berichtete, was ich mit Jesus vereinbart hatte, und wohl einiges davon abhing, dass ich bis morgen Swetlana lieben musste, stöhnte er nur: «Wir sind ja so was von geliefert   …»
    Gleich darauf schluckte er, denn er realisierte: «…   und Franko Potente wird als Jungfrau sterben.»
    Ich hatte Mitgefühl: «Das tut mir leid für Franko.»
    «Und mir erst», seufzte Michi.
    Aus Solidarität seufzte ich mit. Dadurch fühlte er sich offensichtlich ermuntert und druckste herum: «Glaubst du   …»
    «Was?»
    «Nun   …», er zögerte noch ein bisschen, dann sagte er ganz schwach: «…   du könntest einmal mit Franko   …»
    «NEIN!»
    «Okay», erklärte er hastig. Es tat mir fast leid, dass ich ihn so barsch zurückgewiesen hatte. Aber ich war nun mal nicht in ihn verliebt, und Sex ohne Liebe bereitete mir in der Regel so viel Freude wie eine Beinwachsbehandlung.
    «Dann   … dann hoffe ich für meinen guten alten Freund Franko, dass du es schaffst, Jesus zu überzeugen», flüsterte Michi heiser und legte auf.
    Ich stöhnte kurz auf und nahm mir wieder die Bergpredigt vor. Jesus konnte da doch nicht einfach einen Haufen Forderungenaufstellen, ohne einen Hinweis darauf zu geben, wie man so etwas als Normalsterblicher umsetzen kann!
    Ich blätterte etwas, und siehe da, bei Matthäus 7,12 stand unter der Überschrift «Goldene Regel»: «Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen.»
    Gut, das kannte man, und es klang ein bisschen wie die Schilder in den IC E-Toiletten : «Bitte hinterlassen Sie den Raum so, wie Sie ihn

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