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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Prinz
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Treue zu Jesus übertreffen wollte.Nur blieben seine Taten meist hinter seinen Worten zurück, wie in jener Geschichte, als die Jünger Jesus auf dem Wasser gehen sahen und Petrus ihm folgen wollte. Nur ein paar Schritte machte er, dann ging er unter und musste von Jesus gerettet werden. (Mt 14, 22-33)
    So ähnlich ergeht es ihm jetzt im Innenhof des Kaiphas-Hauses. Noch kurz vorher hat er selbstbewusst erklärt, dass er für Jesus ins Gefängnis gehen und sogar den Tod auf sich nehmen wolle. Davon war nun nichts mehr übrig. Jesus hat das geahnt, weil er wusste, dass gute Absichten noch lange keine Garantie für gute Taten sind. Im Gegenteil hat Jesus immer wieder darauf hingewiesen, dass niemand gut sein kann, nur weil er gut sein will. Der Wille allein reicht nicht aus. Mehr noch: Je vollmundiger jemand seine guten Absichten betont, desto größer ist der Verdacht, dass er die Unsicherheiten und Ängste, die in ihm lauern, nur mit großen Worten übertönen will. Wenn es dann ernst wird, fallen die hehren Vorsätze in sich zusammen, und nicht selten werden dann aus guten Absichten böse Taten. Der Apostel Paulus geht sogar so weit, zu behaupten, dass der Wille zum Guten die Quelle alles Bösen ist. »Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will«, schreibt er in seinem Brief an die römische Gemeinde. (Röm 7, 19) Jesus hat sich diesen Ängsten und Versuchungen immer wieder gestellt, im Kampf mit dem Teufel in der Wüste und im Gebet im Garten Getsemani, und er hat sie imVertrauen auf seinen Vater überwunden. Petrus hat geschlafen, statt zu beten. Nun, im Haus des Hohepriesters, wird er von seinen Ängsten eingeholt und förmlich überrollt. In dem Moment, als er Jesus’ Blick auf sich spürt, gesteht er sich seine Schwäche ein. Das ist die Chance zu einer Umkehr. Jesus’ Blick ist nicht nur vorwurfsvoll und beschämend, er ist auch verstehend und verzeihend. So wie jeder, der allein auf seinen eigenen Willen und seine moralische Stärke setzt, früher oder später scheitern muss und auf Verständnis und Vergebung angewiesen ist.
    Zwar haben Kaiphas und Vertreter des Hohen Rates in der nächtlichen Sitzung Jesus für schuldig erklärt und ihn zum Tode verurteilt, aber es war den Juden nicht erlaubt, ein Todesurteil zu vollstrecken. Das lag allein in der Zuständigkeit der römischen Besatzer. So jedenfalls behauptet es der Evangelist Johannes (Joh 18, 31), und es gibt tatsächlich Hinweise auf einen Erlass aus dem Jahr 30, der es den Juden verbot, Hinrichtungen durchzuführen. 96 Die religiösen Führer des jüdischen Volkes waren in dieser Sache abhängig vom Statthalter Roms in Jerusalem, vom Prokurator Pontius Pilatus.
    In den frühen Morgenstunden des neuen Tages, es war Freitag, der 14. Nisan, wurde Jesus gefesselt zu Pilatus gebracht, der im ehemaligen Palast des Königs Herodes in der Oberstadt residierte. Es war bekannt, dass Pilatus mit den religiösen Streitereien der Juden nichts zu tunhaben wollte. Das sollten diese unter sich ausmachen. Von Belang war ein Fall für Pilatus nur dann, wenn die Interessen Roms berührt wurden. Also musste die Anklage gegen den Mann aus Nazaret so umgewendet werden, dass aus dem Gotteslästerer ein politischer Aufrührer wurde. Laut dem Evangelisten Lukas wurde Jesus nun vorgeworfen, dass er das Volk verführe, dass er dazu aufgerufen habe, dem Kaiser keine Steuern zu zahlen, und dass er behauptet habe, der »Messias und König« zu sein. (Lk 23, 3)
    Ob sich jemand als »Messias« bezeichnete, das war Pilatus vermutlich ziemlich egal. Hellhörig dürfte er wohl geworden sein, als das Wort »König« fiel. Denn in Judäa trieben Räuberbanden ihr Unwesen, die sich einen »König« zum Anführer wählten und Überfälle auf römische Einrichtungen verübten. 97 Doch Pilatus zögerte, den Schuldspruch der Ankläger zu bestätigen. Vielleicht durchschaute er ihre Taktik und wollte sich nicht zum Erfüllungsgehilfen von Leuten machen lassen, die er verachtete. Vielleicht auch konnte er sich beim besten Willen den Angeklagten nicht als einen Räuberhauptmann vorstellen.
    Der da vor ihm stand, machte doch einen recht harmlosen Eindruck. Er war nicht aufsässig. Er schwieg zu allen Vorwürfen. Wehrte sich nicht. Und nach allem, was Pilatus gehört hatte, war

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