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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Prinz
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und das Leben«, sagt er bei Johannes(Joh 14, 6) und will damit auch ein Vorbild geben für ein Leben, das frei ist von Ängsten, von Illusionen, von falschen Autoritäten, von Leben zerstörendem Selbsthass oder schädlicher Selbstüberschätzung. In diesem Sinn ist Jesus der »wahre Mensch« oder, wie die Theologin Dorothee Sölle meinte, der »glücklichste Mensch, der je gelebt hat«. 99
    Pilatus greift nun zu einem letzten Mittel, um sich aus der Affäre zu ziehen. Er gibt den Befehl, Jesus auszupeitschen, in der Hoffnung, dass mit dieser Strafe seine Ankläger endlich zufrieden sind und keine weiteren Forderungen mehr stellen. Die Prozedur der »Geißelung« war beileibe keine milde Strafe, nicht selten endete sie mit dem Tod eines Menschen. Der Verurteilte wurde nackt an eine Säule gebunden, dann schlugen Folterknechte mit Peitschen aus Lederriemen auf ihn ein, in die Eisenspitzen, Bleikugeln und Knochenstücke eingeflochten waren, die bei jedem Schlag einen Fetzen Haut wegrissen. Manchmal wurde diese grausame Bestrafung so lange fortgesetzt, bis bei einem Opfer die Eingeweide offenlagen. 100
    In den Berichten über Jesus’ Leiden belassen es die Soldaten des Pilatus nicht bei den körperlichen Qualen. Sie legen ihm einen roten Mantel um die Schultern, drücken ihm eine Krone aus Dornen auf den Kopf und geben ihm ein Rohr als Zepter in die Hand. Dann werfen sie sich vor ihm nieder und verspotten ihn als »Königder Juden«, wobei sie ihn immer wieder anspucken und schlagen.
    Pilatus lässt den misshandelten und als König drapierten Jesus zur Schau stellen. Das geschieht auf einem Platz vor dem Herodespalast, wo sich inzwischen eine Menschenmenge angesammelt hat. Pilatus, der auf einer überdachten Bühne auf seinem Richterstuhl sitzt, hofft, dass der Anblick des geschundenen und als lächerliche Königsfigur verkleideten Jesus die Leute besänftigt und Mitleid hervorruft. Doch der Pöbel hat sich wie in einen Blutrausch hineingesteigert und fordert wütend den Tod des Mannes aus Nazaret. »Kreuzige, kreuzige!«, schreien die Leute. Und ihre Wortführer stoßen nun eine Drohung aus, die Pilatus an seinem empfindlichsten Punkt trifft. Sie behaupten, dass Pilatus nicht mehr der Freund des Kaisers ist, wenn er Jesus freilässt.
    Diese Drohung, sich an den Kaiser in Rom zu wenden und sich dort über ihn zu beschweren, verfehlt nicht ihre Wirkung. Pilatus gibt seinen Widerstand auf. Seine Angst vor dem Kaiser ist größer als seine Zweifel an der Schuld des Angeklagten und sein Widerwille, sich von den Juden erpressen zu lassen. Er wäscht seine Hände in Unschuld und gibt Jesus zur Kreuzigung frei.
    Der russische Schriftsteller Michail Bulgakow hat in seinem Roman Der Meister und Margarita die Begegnung zwischen Pontius Pilatus und Jesus, der hier Jeshua han-Nasri genannt wird, neu erzählt. Pilatus ist darin einkranker Mann, der nur seinen Hund liebt und Jesus gegen sein eigenes Gewissen zum Tode verurteilt. In der Nacht nach dem Urteil träumt er, dass er mit Jesus einen Spaziergang macht und Jesus dabei sagt, dass Feigheit eine der schrecklichsten Sünden sei, worauf ihm Pilatus entgegnet: »Nein, Philosoph, ich widerspreche dir: Es ist die schrecklichste Sünde!« Am nächsten Tag lässt Pilatus Levi Matthäus, einen Anhänger Jesu, vorführen und sich das Pergament zeigen, auf dem Levi die Worte seines Meisters aufgeschrieben hat. Pilatus zuckt zusammen, als er die letzte Eintragung entziffert: »… die größte Sünde … Feigheit …« 101
    Der römische Philosoph und Politiker Cicero bezeichnete die Kreuzigung als die grausamste und abscheulichste Form der Hinrichtung. 102 Sie diente in erster Linie der Abschreckung und vornehmlich Rebellen und Schwerverbrecher wurden auf diese Weise getötet. Aus antiken Quellen und aufgrund von archäologischen Funden weiß man, wie die Praxis der Kreuzigung ablief, und nimmt man die Schilderungen der Evangelien hinzu, kann man sich ein Bild davon machen, wie Jesus hingerichtet wurde.
    Das Exekutionskommando führte Jesus zusammen mit zwei anderen Verurteilten zu einem Hügel vor der Stadt, der von Weitem aussah wie eine Schädeldecke und auf Aramäisch Golgota, also Schädelhöhe hieß. Jesus musste nicht, wie es oft dargestellt wird, das ganze Kreuz tragen,sondern nur den Querbalken. Der war schwer

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