Jesuslatschen - Größe 42
Situationsgewirr, in
welchem Fantasie und Neugier freigesetzt wird. Der Jongleur kommt aus
Österreich, er zeigt noch einige seiner Fertigkeiten, bis es mich weiterzieht,
mit einem „Servus“ in Spanien.
Im nahe gelegenen Restaurant am Strand, lasse
ich mir Paella, Fisch und Espresso munden. Am Nachbartisch sitzen vier
Engländer, die den Mittagstisch nebst Bedienung als Sprachführer nutzen. Teils ist
es ganz heiter, aber für diesen Ort und die Zeit unangemessen laut. Englischer
Humor, vielleicht? Manchmal vermisse ich schon einen Gleichgesinnten neben mir,
so muss ich den eigenen Humor im Kopf austragen.
Mittags richtete ich täglich eine Schlafpause
irgendwo im Schatten ein, kaum zu glauben, wie das den Körper belebt. Diesmal
liege ich windgeschützt auf einer weiten Wiese unter einem Baum, das Meer
rauscht vertraut in der Nähe.
Direkt hinter einem üppig bewachsenen Berg,
erstreckt sich ein menschenleerer Traumstrand. Drei Kilometer laufe ich barfuß
durch den Sand, es ist beschwerlich voranzukommen, aber angenehm. Mein rechtes
Sprunggelenk fängt heftig an zu schmerzen, sicher dem steilen Kletterpfad
geschuldet. Während ich so über das Fußproblem sinniere, sehe ich ein Paar auf
mich zukommen. Eine schlanke Frau mit leichtem Gang, barfuß durch den Sand
laufend. Neben ihr ein Mann mit einer starken Gehbehinderung. Beide machen auf
mich einen unbeschwerten Eindruck. Genau das ist der springende Punkt. Die Schmerzen
am Fuß werden deswegen nicht einfach ausgeblendet, dafür aber die
Verhältnismäßigkeit meiner Zipperlein neu eingestuft.
Ab jetzt hat der Spaß wieder einmal ein Ende.
Nur noch scheinbar endlose Straßen, Sonne und grottenschlecht ausgeschilderte
Wege. Ständig gelange ich an Kreuzungen ohne jeglichen Hinweis. Das nervt! Ein
Umweg winkt schon mit dem Zaunpfahl. Das Schild in der nächsten Ortschaft weist
genau in die entgegengesetzte Richtung. Das kann nicht wahr sein, ich bin im
Kreis gelaufen. Frust!! Leute, welche man fragen kann, machen sich in dieser
verlassenen Gegend sehr rar. Oftmals wissen sie nicht unbedingt Bescheid über
das Vorhandensein von Pilgerherbergen. Mit platten, brennenden Füßen erreiche
ich mit der Dämmerung die „Albergue del Abuelo Peuto “ in der Nähe von Güemes. Wie sich herausstellt, ein
wahrer Glücksfall. Empfangen werde ich von einem Riesenhund und von David. Der
Herr dieses Pilgeranwesens ist Felipe, eine Seele von Mensch. David, sein Sohn,
feiert heute seinen achtzehnten Geburtstag und bereitet gerade mit Freunden die
Grillparty vor. Die Bettenverteilung gestaltet sich auf Grund der
Geburtstagsgäste schwierig. Mit einem Pilger als Schlafgast haben die Leutchen
heute Abend wohl kaum noch gerechnet.
Kurzerhand werden zwei Freunde Davids
umquartiert. Somit bekomme ich einen eigenen Schlafraum in einer
Pilger-Gartenlaube. Nach einer heißen, wohltuenden Dusche und der
obligatorischen SOS (Slip - Oberteil - Socken) Waschprozedur, ist an schlafen
noch nicht zu denken. Felipe, ein echtes Unikum, begleitet mich in den
interessant gestalteten Gemeinschaftsraum der Herberge. Der einzige Pilger an
diesem Tag, in diesem Hause, wird überraschenderweise noch zu später Stunde
verwöhnt. Felipe zauberte ein Tischleindeckdich, umgehend steht eine selbst
gekochte Suppe, gegrilltes Brot, Wurst, Rotwein und Cola auf dem Tisch.
Bei diesem köstlichen Mahl kommen wir ins
Erzählen. Wir unterhalten uns über Michael Kasper, dem Verfasser von meinem
Pilgerführer, welcher nach Felipes Ansicht dafür gesorgt hat, dass so viele
Deutsche diesen einsamen Weg im Norden Spaniens gehen. Felipe teilt mir mit,
dass Michael Kasper im April 2005 nach schwerer Krankheit verstorben ist. Das
bedrückt mich schon, da ich doch täglich seinen Pilgerführer nutze, um an
manchen Stellen die Pilgerwelt mit seinen Augen zu sehen. Wie oft hat er mir
schon den rechten Weg gewiesen? Mir kam öfters der Gedanke, mich am Ende der
Reise bei ihm in schriftlicher Form zu bedanken. Er hat mit seinem Wegweiser
gute Arbeit geleistet.
Weiterhin ist zu erfahren, dass Pater Ernesto,
welcher sich Jahrzehnte in Südamerika um die Armen bemüht hat, hier im Hause
gelebt hat. Nach seinem Tod, wurde in seinen Räumen in der oberen Etage ein
Archiv eingerichtet.
Der Herr dieses besonderen Hauses ist
überrascht, dass ich nicht katholisch bin und mich dennoch entschlossen habe,
diesen Pilgerweg zu gehen. Immer wieder macht er mich auf das Besondere eines
solchen Vorhabens aufmerksam und versucht, mir auch
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