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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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manchmal und gleichzeitig nah. Musik ist das Medium, welches
mich oft zu mir selbst gebracht hat. Ein Zauber der bis heute immer wieder auf
seine eigene Weise wirkt.
    Nach zwei missglückten Anläufen öffnet sich
endlich die Spiegeltür. Eine spanische „ Milva “ steht
vor mir, Belladonna. So viel Schönheit habe ich hinter dieser Tür nicht
erwartet. Die Señora übergibt mir am Ende doch noch lächelnd und sehr graziös
ein Faltblatt mit der Wegbeschreibung. Mir fehlen für einen Moment die Worte...
    „Casa de la Trinidad“ heißt das ersehnte
Zauberwort, es verspricht mir für diese Nacht Unterkunft. Nach ein paar
Gehminuten stehe ich vor einer Kirche. Leider ist das Kirchenportal
verschlossenen. An einem Seiteneingang wird mein Klingeln erhört und eine
Novizin erscheint am Fenster. Nach Sichtung meines Pilgerpasses, bringt sie
mich durch mehrere Räume und Flure in einen großen Schlafraum. Von den sechs
Betten wähle ich eins als mein heutiges Nachtlager. Hier fühle ich mich
wirklich aufgenommen und bin sichtlich erleichtert. Man spürt in diesem Raum
eine Art Aufgeräumtheit und Abgeschiedenheit. Das belebende heiße Duschbad
lässt die Dauerregenzeit des heutigen Tages schnell vergessen.
    Die sich ganz allmählich eingestellten
Beschwerden werden aus der mitgeführten Reiseapotheke verarztet. Pflaster und
Salben sowie Magnesiumtabletten sorgen für Linderung. An den Füßen werden
Blasen und Druckstellen behandelt. Das Wäschewaschen und auslegen der gesamten
Ausrüstung zum Trocknen, nehmen einige Zeit in Anspruch. Bis zum Einbruch der
Dunkelheit, gönne ich mir einen sehr erholsamen Schlaf.
    Schweren Fußes begebe ich mich anschließend in
die Altstadtgassen auf Nahrungssuche. Ursprünglich war meine Vorstellung einen
bestimmten Pilgerbrunnen zu erwandern. Den Beschreibungen nach, soll aus diesem
Brunnen Rotwein fließen. Mehr zu Werbezwecken eines ansässigen Weingutes, als
zur Stärkung für die Pilger. Die Idee finde ich originell. Der Wunderbrunnen
liegt aber direkt am „Camino Francis“. Von hier aus gesehen etwa einhundert
Kilometer in Richtung Osten. Als echte Alternative für diesen Weinquell findet
sich in der Altstadt eine gemütliche Bodega. Es ist sicher ein Zeichen
ehrlicher Gastlichkeit, wenn Gäste so eine kleine Schänke regelrecht
übervölkern. In diesem Lokal werden verschiedene Tapas angeboten. Leute stehen
dicht gedrängt am Tresen, bis hinaus auf die Straße, trinken Wein, unterhalten
sich lautstark, diskutieren und lachen. Mein Hunger ist gestillt, der Hauswein
hat gemundet. Ein Becher Wein kostet in dieser Bodega übrigens vierzig Cent.
Somit bin ich doch dem entfernten Werbebrunnen sehr nahe gekommen und habe
dabei die Füße geschont.
    Zu später Stunde, vor der verschlossenen
Kirche stehend, zücke ich schon so selbstverständlich, wie einen
Haustürschlüssel, das überdimensionale Schlüsselbund. Die Gittertür vor dem
Kirchenportal lässt sich mit einem großen Bartschlüssel öffnen, welcher schon die
heiligen Kreuzzüge erlebt haben muss. Dann geht es durch eine Nebentür in den
Kreuzgang. Von dort in die Gästezimmerabteilung und Schlüssel Nummer vier
öffnet mir das Himmelreich für diese Nacht. Um 21:00 Uhr liegt Rüdi schon hinter vier Türen im Klosterbett. Nachts hält
mich ein auf der Straße krakeelender junger Mensch wach. Direkt auf der anderen
Straßenseite, dröhnt Musik aus einer Diskothek. Absolute Müdigkeit und das
gleichförmige Schnarchen einer Ordensschwester im Nebenraum, lassen mich
endlich wieder einschlafen.
     
    Ruhe sanft, und hab Dank, liebe Schwester.

Samstag, 22.04.2006
    Laredo   -   Colindres   -   Barria   -   Noja   -   Güemes
     
    Als sich am nächsten Morgen die Augen wieder
öffnen, sind die restlichen fünf Betten noch immer leer, und die darauf verteilten
Sachen fast trocken. Ein gewisser Stolz erfüllt mich, dass ich meinen Hausrat
so gut im Griff habe. Mit dem Schlüsselbund schließe ich mich nun aus dem
Türlabyrinth heraus. Am Kreuzgang erwartet mich schon eine ältere
Ordensschwester. Sie nimmt die Schlüssel in Empfang, als Dank fallen einige
Euro-Münzen klingend in den Opferstock. Die Schwester verabschiedet mich an der
Kirchenpforte mit einem „Buen Camino“ und einem unverständlichen spanischen
Satz. Diese Grußformel ereilt mich noch sehr oft, es ist der alltägliche
Pilgergruß und heißt einfach „Guten Weg“. Ganz so einfach nun auch wieder
nicht, denn es ist ein gutes Gefühl, wenn fremde Menschen

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