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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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wie beschrieben eingeschenkt wird. Sicher ist der der Kellner
am ersten Abend, in der Häuserbergwelt Bilbao's ,
einer asturischen Sidreria entsprungen und nicht der „Grünen Woche“ in Berlin.
    Der heutige Tag begann so fantastisch und
entwickelt sich mehr und mehr zu einer Besteigung des Brockens. Den ersten Berg
passiere ich, um nach Peon zu gelangen. Dort sagt man mir, dass es hier im Ort
keine Herberge gibt. Müde und enttäuscht bezwinge ich Berg und Tal Nummer zwei.
Nach elf Stunden „Dienst am Fuß“, habe ich zwar zwei herrliche Täler in einer
Abendstimmung vor mir, wie man sie nicht so oft zu sehen bekommt. Aber die Luft
ist total raus, ich möchte nur noch umfallen und schlafen. Die im Frühjahr noch
verwaisten Saisongrundstücke verleiten, sich dort ein trockenes, geschütztes
Plätzchen zu suchen. Am liebsten möchte ich über eine Hecke steigen und mich
irgendwo auf eine überdachte Terrasse legen. Zu Beginn meiner Wanderung habe
ich mir aber fest vorgenommen, dass ich fremdes Eigentum stets respektieren
werde. So ziehe ich, von einer Bleibe träumend, schlafwandlerisch weiter.
    Ein abgelegenes, etwas ramponiertes
Bauerngehöft ist der ersehnte Lichtblick. Nicht sehr freundlich, empfängt mich
ein fürchterlich bellender freilaufender Boxer. Mein erster Eindruck von zwei
schwarz gekleideten Frauen ist ebenso. Sie bringen wenigstens erst mal den Hund
zur Ruhe und lassen mich zu Wort kommen. Meine Bitte, unter dem Schleppdach,
neben dem Traktor, meinen Schlafsack ausrollen zu dürfen, stößt anfangs auf
taube Ohren. Zuerst werden der Rat und die Erlaubnis der Donna Schwiegertochter
eingeholt. Nach etlichem hin und her, wird mir endlich Einlass in das
Grundstück gewährt. Wenig später liege ich schon im Schlafsack auf einer alten
Tür und kuschle mit dem Traktor. Der Hund kommentiert jedes Augenzwinkern von
mir mit wütendem Gebell. Ich muss sofort eingeschlafen sein, denn als an der
Hecke zu meiner Rechten ein Auto hält, natürlich begleitet von irrem
Hundegebell, ist es schon fast dunkel.
    Neben mir steht unvermittelt der Herr des
einsamen Hauses und bedeutet mir, ich solle mitkommen. Gut gesagt, ohne Socken
und ohne Schuhe. Trotzdem bahne ich mir, begleitet vom allgegenwärtigen Hund,
durch hohe Brennnesseln barfuß den Weg zum Haus. Der Herr Bauer zeigt mir einen
mit geteerten Latten beschlagenen, etwa 1,50 m x 1,50 m x 1,50 m messenden,
einachsigen Hängerkubus . Oh je, denke ich, die
Hundehütte! Bloß das nicht. Herrchen fordert mit seinem stolzen Blick meine
Zustimmung. Ich halte mich bedeckt, ein verhaltenes Lächeln überzieht mein
Pokerface. Niemals würde ich in einer Hundehütte pennen, vielleicht in einem
Hundehütten-Neubau. Den Eindruck erweckt dieses Bauwerk jedoch beim besten
Willen nicht. Das liegt nicht nur am schlechten Licht. Endlich macht sich der
Landarbeiter daran, den Bindedraht, welcher als Schloss dient, aufzurädeln . Kurz darauf ist das Geheimnis gelüftet, ich
erhalte neugierig Einblick in das Innere dieser wundersamen Hütte.
    Es scheint mir, dass diese schwarze Kiste
früher in Erntekampagnen als Feldwagen gedient hat, gewissermaßen als Pausen-
und Siestaraum . Was ich nun erblicke, ist ein
Kubikmeter Spielzeug. Puppen nebst Puppenstube, ein Mini Flipper, Kartons mit
Würfelspielen, Kissen, Plaids, ein Plüschhund, kleine Bälle sowie ein kleiner
Herd mit Töpfen. Also das Umfeld des Gastgeberhauses in Kleinformat. Meine
Erwartung auf eine trockene behütete Nacht wächst, und ich nehme dankend an.
Ein Handschlag besiegelt diese abendliche Szene.
    Die Spielsachen stapele ich neben mir an die
Wand. Die Decken und Kissen dienen als Unterlage, der Schlafsack umhüllt mich
und isoliert die Körperwärme. Der Schlafsack ist eines der wichtigsten
Utensilien auf der Reise, denn das Nachtleben eines einsamen Pilgers findet
hauptsächlich in dieser Hülle statt. Das Schlafen erweist sich ungleich schwieriger
als draußen neben dem Traktor. Es ist kalt geworden, ich schlafe mit
angezogenen, schmerzenden Knien und immer wenn ich mich drehe, wackelt der
ganze Hänger samt Inhalt. Vielleicht ist an einem verregneten Spätsommertag der
neue Besitzer dieses lustigen Häuschens, in diesem Hänger entstanden.
    Einige Zeit später wird es laut, Besuch kommt, Sidra -Flaschen klirren. Erntedankfest kann das ja
noch nicht sein. Da fällt mir ein, morgen ist der 1. Mai, somit ist heute
Walpurgisnacht. Da kommt dieses kleine Hexenhaus ja nicht von ungefähr. Die
schwarz gekleideten

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