Jesuslatschen - Größe 42
zwischen Wiesen und Sträuchern, windet sich ein kleiner
Bach, unscheinbar mit flachem, klarem Wasser, gerade mal 1,20 m breit.
Nach einer Weile gelange ich an eine kleine
alte, von frisch begrünten Bäumen umwachsene, Steinbrücke. Sie erinnert mich an
den Steg von heute Morgen. Der Kontrast hätte nicht größer sein können. Hier
das kleine Pilgerbrückchen, über das gerade so ein Pferdefuhrwerk den Bach
queren kann. Dort oben, dem Himmel erschreckend nahe, ein Bauwerk, welches im
Grunde auch nur geschaffen wurde um das Bett dieses Baches zu überwinden.
Aus dem Tal heraus geht es eine anstrengende
Steigung bergan. Interessante Ausblicke belohnen mich für diesen sehr
beschwerlichen Weg. Eine scheinbar von ihren Ureinwohnern verlassene
Streusiedlung, am Rande des Weges, hat es geschafft. Hier siedeln in einigen
Häusern junge, kreative Menschen auf ihre unbekümmerte Art.
Bunte Fensterrahmen, Musik und künstlerisch
gestaltete Eingänge weisen darauf hin. Neues Leben! Sicher werden die Künstler
nicht wie Bauern die Äcker bestellen. Hauchen sie doch diesem, schon einmal
aufgegebenen, Ort wieder Leben ein.
An einer Kirche am oberen Ende der Siedlung
beschreibt mir eine junge Frau den weiteren Weg. Hier oben verzweigen sich die
kaum beschilderten Pfade unübersichtlich in verschiedene Richtungen.
Im Schatten großer Kastanienbäume empfangen
mich an diesem herrlichen Morgen ein einfacher Tisch und eine Bank. Das heißt soviel wie „Kühlschrank“ auf. Wurst, Brot und Wasser raus.
„Kühlschrank“ zu. Etliche Ameisen freuen sich gerade über meine bekannten
Krümel. Wieso eigentlich bekannte Krümel? Weil ich, nachdem ich das Buch „Der
Traumfänger“ von Mario Morgan gelesen habe, jedes Mal, wenn ich in der Natur
esse, etwas für die Tiere zurücklasse. Sei die Ration auch noch so klein.
Diesmal sind die Ameisen dran. Ich war ehrlich gesagt schon großzügiger.
Hinter mir spüre ich das Meer, über mir kracht
urplötzlich ein Schlagzeuggewitter, ebenso dynamisch wie unerwartet. Aus der
Mansarde eines Hauses, dröhnen die rhythmischen Beats eines Schlagzeugs ins
Freie. Welch ein Wohlklang, nach Stunden der Stille.
Schon nach den ersten unverwechselbaren Takten erkenne ich das Stück. Der
unsichtbare Drummer spielt den Titel „Moby Dick“ von „Led Zeppelin“. Für mich
ein weiteres Zeichen, nun endlich einmal dieses Buch zu lesen. Die Klänge sind
ein Balsam für meine derzeit musikentwöhnten Ohren. Jeder Trommelwirbel geht
mir erquicklich in die müden Arme und Beine und lässt mich insgeheim
Luftschlagzeug spielen. Nach dieser unerwarteten Nummer, applaudiere ich einsam
in Richtung Mansarde. Der Künstler bleibt im Verborgenen. Gefolgt wird Titel
Nummer eins von einer jazzigen, eher ruhigen, Schlagzeugetüde. Wahrscheinlich
hat dieser „ Schießbudero “ deutsche Nachbarn, welche
wütend mit dem Besen an die Zimmerdecke klopfen und toben, von wegen
Sonntagvormittag und so. Oder hat der Geist von John Henry Bohnham ,
dem, 1980 verstorbenen, Schlagzeuger von Led Zeppelin, hier oben seinen
verdienten Rockhimmel gefunden? Danke, Unbekannter, für diesen überraschenden
akustischen Farbtupfer.
Sonntag, in einem lauten Lokal im Zentrum von Villaviciosa . Hier werden meine Ohren strapaziert, dafür
aber der Gaumen verwöhnt. Der Tisch steht voll kulinarischer Köstlichkeiten.
Meeresfrüchtesuppe, Erbsen mit Schinken, Kabeljaufilet Asturia ,
eine Flasche Sidra (landestypischer Apfelwein), Aqua,
dann noch ein Stück Zitronentorte und ein Espresso. Beim Essen fällt mir ein,
dass Lothar heute Geburtstag hat. Er war bis zur Scheidung mein Schwiegervater.
Für meine Kinder ist er der Opa und für mich ein guter alter Bekannter. Also
Lothar, alles Gute von hier aus.
In den Siderias Asturiens hält der Kellner, „ Escaniciador “
genannt, die Hand mit dem zu füllenden Glas so weit wie möglich nach unten. Er
gießt den Sidra aus einer Flasche mit erhobenen Armen
ein, so dass er aus etwa 1,50 m Höhe auf den oberen Rand des Glases plätschert.
So wird der Sidra dekantiert und entwickelt sein
Aroma. Sidre hat einen Alkoholgehalt von ca. 5%.
Eingeschenkt wird jeweils nur ein kleiner Schluck, eben gerade so viel, wie
getrunken wird.
Oftmals teilen sich Bekannte am Tisch ein
Glas. Die Böden der Sidrerien sind oft mit Sägemehl
ausgestreut, was die Eingänge schon von weitem deutlich erkennbar macht. Auch
gibt es Holzbottiche, die entweder neben dem Tisch oder an einem Platz im Lokal
stehen, an denen
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