Jesuslatschen - Größe 42
stark genug, um dieses
Fleckchen Erde zu erwärmen. Das ist der ideale Platz für mein sonnabendliches
Picknick.
Folgende Zeilen habe ich während des
ungetrübten Genusses einer Flasche Vino „ Torrelleda '
in mein Pilgertagebuch geschrieben:
Ein Horizont. Das Meer dunkelblau und der
Himmel glatt, wie auf einer „Milchglasscheibenleinwand“ heruntergezogen. Der
Eindruck ist vergleichbar mit der Darstellung des Meeres in dem Film „Die
Truman Show“.
Eine Linie - Deutsch exakt und doch nicht
Deutsch.
Nun kommt hier ein ganzes Schwadron von diesen steinfarbenen Vögeln an. Sitze ich hier etwa in einer
Brutkolonie oder brüten diese Vögel dort, wo ich
sitze. (Wellenkamm in der Sonne - Persilweiß )
Ein kleiner Vogel kommt, und ein ganzer
Schwarm haut ab.
Ist das gerecht. Was ist gerecht bei Vögeln?
Wisst ihr wo ich bin?
Am Felsen gefesselt, felsenfest. Ein
Felsenfest.
Meine gefiederten Freunde ließen sich wohl
doch nicht schrecken. Sie waren nach einer halben Stunde wieder da.
Sieht aus wie vorher.
Ich selbst, mit Wein an den Felsen geklebt,
wie Prometheus. Bloß der Adler ist ein anderer.
Dieses Stück Land ist so einmalig. Das ist die
Idylle. Und dann? Ich möchte nichts mehr vorschreiben. Ich möchte mit dir
leben. Ich bedeute das, was die Welt mir lässt.
Das soll das Leben sein? Ich glaub’ ja, das
ist das Leben.
Wen willst du das klarmachen?
Das Geheimnis ist schon hinterm nächsten Stein
verborgen. S( ch )(w)i(mm)e einfach mit in deinem
Ozean.
Ich höre ein Brandung-burg-gischt- sches Konzert + Möwen + Sonne.
J. S. Bach als Musik und gleichzeitig als
Gewässer, welches im Meer als Gischtschaum sichtbar
und in der Brandung hörbar wird.
Die Pinien sind zu green clouds (grünen Wolken) geworden.
An der Klippe. Zu Mensch gewordener Stein oder
zu Stein gewordener Mensch. Punktförmig als Silhouette - ein Angler. Einsam bin
ich.
Einsam von hundert Augen bewacht.
Augen wie Blumen, Bäume, Vögel.
Jede Blüte schaut und schweigt immer.
Als ich die Zeit messen möchte und auf die Uhr
schaue, merke ich, dass diese stehen geblieben ist. Das ist ein gutes Zeichen,
denn täglich interessiere ich mich weniger für die Uhrzeit. Ich brauchte sie
eigentlich nicht mehr. Die Tageszeit genügt und diese misst man anders. So soll
es sein, ich werde die Taschenuhr nicht mehr aufziehen. Schön, sie dabei zu
haben, sie dient einfach nur noch als verborgenes Schmuckstück der Familie.
Sonnabends im Café, das Zubereiten des Kaffees
ist auch hier ein sehr lauter Vorgang. Man meint, dass jemand schnellen Fußes
einen alten, klapprigen Handwagen über Kopfsteinpflaster zieht. Das eigentliche
Wunder ist, dass dieser Kaffee immer schmeckt. Liegt es am Lärm?
Nachdem ich den ganzen Nachmittag an diesem
herrlichen Strand verbracht habe, mache ich mich auf zu meinem Pilgerdomizil.
Überraschend sitzt Fridjof , der Österreicher, bei
meinem Fenstergang bereits in der Herberge. Und empfängt mich mit: „A da schau
her, der Gentlemen aus Merseburg.“ Im Fensterln haben die Österreicher
bekanntlich Erfahrung, das ist historisch so in den Bergdörfern gewachsen.
Sonst wäre diese Region sicher schon ausgestorben.
Wir sitzen noch eine Stunde zusammen. Er hat
absolute Probleme mit dem Knie, weiß nicht so Recht, wie es weiter geht. Von
der Wundersalbe kann ich leider nichts mehr abgeben, da die Tube schon
aufgebraucht ist. Er meint auch, dass jeder Pilger allein geht und findet. Ich
gehe allein zu meiner Liege und finde Ruhe. Das allgegenwärtige Meer rauscht
mich in den Schlaf.
Gute Nacht, Albert und Meta Sillus .
Sonntag, 30.04.2006
La Isla - Villaviciosa - Peon
Beizeiten hantiere ich in der bescheidenen
Kombüse. Gestern, im kleinen „Dorfkonsum“, habe ich mir zwei asturische Landeier aus garantiert ökologischer
Bodenhaltung gekauft, bilde ich mir ein.
Da heute Sonntag ist, beschließe ich den Tisch
zu decken und den noch schlafenden Fridjof zum
Frühstück einzuladen. Für mich ist es schon immer eine Freude, wenn ich mit
jemandem gemeinsam frühstücken kann. Er ist überrascht, zur frühen Stunde zu
einem Sonntagsfrühstück mit Eiern, Käse, etwas Milch und Baguette geladen zu
werden. Fridjof steuert auch noch ein paar Sachen
bei, und so beginnt der Morgen fürstlich. Wie alte Bekannte unterhalten wir uns
und sind sicher, dass wir uns noch einmal begegnen werden. In diesem Sinne
verabschieden wir uns. Mit etwas Mühe geht die Tür von innen zu öffnen.
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