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Jetlag

Jetlag

Titel: Jetlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edna Schuchardt
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tun könnte. Aber alles, was dabei schließlich herauskam, war eine Putzstelle in der Disco. Herbi ist da ganz anders. Er ist übrigens Schauspieler. Na ja, momentan hat er kein Engagement, deshalb jobbt er in einem Fastfoodladen, aber wir sind drauf und dran, ihn bei einer Werbeproduktion unterzubringen."
    "Wer ist wir?" wollte Claire wissen, während sie ihr köpfte.
    "Na, Herbi und ich." Mel rieb sich unternehmunslustig die Hände. "Ich bin seine Managerin. Du weißt doch, durch Paps habe ich tolle Verbindungen, und die werden wir ausnutzen. Gleich heute mache ich mich auf den Weg zu allen wichtigen Agenturen. Heute abend können wir bestimmt schon auf einen Vertrag anstoßen."
    Claire überlegte, ob sie ihrer Skepsis Ausdruck verleihen oder einfach nur zustimmen sollte, aber das Ei, das sie gerade dabei war zu löffeln, enthob sie einer Antwort, denn es schien sich in ihrem Magen überhaupt nicht einrichten zu wollen. Beide Hände vor den Mund gepreßt, raste sie aus der Küche und verriegelte sich im Badezimmer.
    Anschließend sank sie total erschöpft auf dem Wannenrand nieder. Was war nur mit ihr los? Dieser Jetlag nahm allmählich krankhafte Ausmaße an. Wieso fühlte sie sich immer elender anstatt besser?
    Mel klopfte zaghaft an die Tür.
    "Kann ich dir irgendwie helfen?"
    Claire erhob sich seufzend.
    "Nein, schon gut." Sie trat ans Waschbecken und begann, sich die Zähne zu putzen und das Gesicht zu waschen. Als sie kurze Zeit später wieder in die Küche zurückkehrte, waren ihre Wangen unter dem aufgepepten Make-up noch immer erschreckend fahl.
    "Du solltest vielleicht mal zum Arzt gehen", schlug Mel vor, die genüßlich an einem Brötchen kaute. Herbi hatte sich zu ihr gesellt und trank hingebungsvoll Claires Kaffee.
    "Ja, ich glaube, das sollte ich", murmelte sie matt. "Aber jetzt muß ich erst mal ins Geschäft." Sie nahm ihre Umhängetasche, die auf dem Stuhl lag und warf sich den Riemen über die Schulter. "Einen schönen Tag und viel Erfolg", wünschte sie den beiden noch, dann verließ sie die Wohnung.
    Erst, als sie in ihren Wagen stieg, fiel ihr ein, daß sie vergessen hatte, Melanie vor die Tür zu setzen.

Kapitel 16
    Langsam setzte sich der Herbst durch. David berichtete, daß in Colorado längst der Winter eingezogen war. Clearwater war bereits dickverschneit, nur in den tiefer gelegenen Tälern leuchteten die Espen noch golden. Aber auch dort sanken die Temperaturen nachts unter die Null-Grad-Grenze.
    In Wiesbaden selbst merkte man den Zeitenwechsel nicht so stark an der Natur, als beispielsweise an den Autos, die morgens total zugefroren waren oder an den Menschen, die jetzt wieder dicke Mäntel, Mützen und Stiefel trugen.
    Davids tägliche Anrufe hielten die Erinnerungen an Claires Amerikareise frisch. Irgendwo in einem Winkel ihres Gehirns hatte sie sich eingebildet, David würde seine Bemühungen nach einer gewissen Zeit einstellen, aber er gab nicht auf. Selbst nach immerhin sechs Wochen meldete er sich treu und brav jeden Abend um dieselbe Zeit, um Claire die neuesten Neuigkeiten zu erzählen und ihr zu sagen, daß er sie liebte und heiraten wollte.
    Langsam wurde es Zeit, daß sie eine Entscheidung traf. Bertram ließ nur selten von sich hören. Nachdem sich Claire vehement geweigert hatte, Tante Henni zu besuchen, verschanzten sich Mutter und Sohn hinter beleidigtem Schweigen. Vielleicht warteten sie ja nur darauf, daß Claire den Verlobungsring zurückschickte?
    Und David konnte auch nicht ewig hingehalten werden. Nur, Claire war sich immer noch nicht sicher, was sie eigentlich wollte. Es gab nur eines, das sie inzwischen haargenau wußte: Sie wollte Bertram nicht heiraten!
    Ihre Unentschlossenheit allen anderen Problemen gegenüber machte Claire indessen selbst unzufrieden. Gut, sie war noch nie der Typ gewesen, der spontane Entscheidungen traf. Claire hatte immer jeden ihrer Schritte genau überlegt und geplant. Aber diese totale Zwickmühle, dieses ständige ausweichen wollen und diese innere Unausgeglichenheit waren ihr unbekannt.
    Vielleicht, so sagte sie sich immer wieder, lag es ganz einfach daran, daß sie die Umstellungsschwierigkeiten immer noch nicht ganz überwunden hatte. Sie litt zwar nicht mehr unter diesen verrückten Schlaf-Wachstörungen. Aber ihr war andauernd übel, sie konnte außer Sauerkraut und Joghurt kaum etwas bei sich behalten und obendrein war sie reizbar wie nie.
    Für letzteres war zweilsohne Melanie zu einem nicht geringen Teil verantwortlich. So

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