Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau
eine Praline im Arsch.« Alle trinken einen Schluck. Tante Anita: »Also mich kriegen die Studenten nicht zum Üben. Ich habe mir schon einen schönen Baum für mein Grab ausgesucht. Einen sehr stacheligen Lorbeerbaum.« Onkel Otto hebt die schweren Lider: »Früher haben die zum Üben die Todeskandidaten genommen. Die Aufgeknüpften.« Tante Anita: »Ja, aber heute brauchen die Freiwillige. Die zahlen wohl sogar dafür.« Tante Peggy guckt skeptisch in die Runde: »Un d – meinste die nehmen uns noch?« Der Sheriff trötet: »Wo ist eigentlich Phil?« Da hat er recht. Wir lassen Phil und die Sambatänzer wieder rein, machen das Radio aus und singen »Solang wir noch am Leven sind, am singe, lache, tanze sin d …«
Ich liebe Weihnachten und meine Familie.
Steinach im Tirol, 29 . Dezember, Wetter astrein
Juhu, wir sind in Österreich. Ich als Außenminister der Volk und Knecht GbR kann hier sehr viel vom Sheriff lernen, der sozusagen der geborene Networker, Klüngler und Strippenzieher ist. Seit drei Tagen machen wir Tirol unsicher und haben schon sehr ausführlich genetworkt. Speziell der Sheriff.
Im feinen Hotel Steinacher Hof Familie, in der Mitte: Sheriff
18 Klügeln im Schnee
Wir fahren ja schon seit Jahren nach Tirol, eigentlich schon, seit ich klein bin, deswegen kennen uns alle. Der Sheriff sagt immer: »Ich kenn de n – und der kennt mich.« Das ist eigentlich das ganze Geheimnis. Stabiles Networking sichert Vorteile, dazu gehört, strategisch wichtige Plätze zu besetzen und sich nachhaltig in Erinnerung zu bringen. Also enterten wir den Speisesaal des feinen Hotels »Steinacher Hof« und tranken eine schöne Flasche Rotwein. Oder fünf. So gestärkt ging der Sheriff, unser Vorturner, beim strategischen Networking in die Offensive. Unser dicker Kellner Karl war sein erstes Opfer. »Ach, Herr Karl«, hob der Sheriff rotäugig an und schwenkte beide Arme: »Bei euch ist’s sehr schön. Seit 2 7 Jahren kommen wir Volks her. Hierher. Zu euch Bergräubern. Was, Herr Karl?« Kellner Karl, der frisch beleidigte Bergräuber, rang sich ein Lächeln ab und servierte unser Essen. »Und dann«, der Sheriff rieb sich die Hände, »esse ich immer ein schönes Pfeffersteak Madagaskar und hinterher einen Coup Danmark und immer bedient mich der Herr Karl. Schön, ne?« »Sicher, schön«, sagte Herr Karl und schwitzte eine Extraportion in unser Essen. Der Sheriff war noch nicht fertig. »Da lebt ihr das ganze Jahr von, was? Müsst ihr auch, ihr habt ja keine Industrie, nichts, nur Berge. Mir macht ihr nichts vor. Ich kenn hier jeden! Jeden! Hier«, er hielt den flüchtenden Herrn Karl an dessen Tirolerjacke fest, »neben dem Rösslkeller, die Resi, deine Frau, die hat da den Zeitungsstand.« »Meine Frau ist tot«, sagte Herr Karl. »Den Stand macht die Maria, net die Resi, weil die Resi is ja tot.« »Wie sie alle heißen«, antwortete der Sheriff salomonisch. »Maria, genau. Kenn ich. Maria.« Nachdenklich strich der Sheriff über seinen Bart. »Maria. Sauber war die nicht, Maria, geh ich nicht mehr hin.« Herr Karl verfärbte sich ein bisschen. »Die Maria ist meine Kusine.« »Ach, ja«, sagte der Sheriff, »stimmt. Ihr seid ja auf den Dörfern alle verwandt, was? Na, macht nichts.« Der Sheriff war in Geberlaune. »Bestell trotzdem schönen Gruß.« Herr Karl griff eine Flasche Wein, beäugte den Kopf des Sheriffs, griff zitternd zum Korkenzieher und brach den Korken ab. »Herr Karl, lass mal sehen, oh, da muss der Fachmann ran«, sagte der Sheriff.
Schon flitzte er aus dem noch weihnachtlich geschmückten Speisesaal und bevor Herr Karl hinter ihm abschließen konnte, war er zurück. Mit seiner Betriebsleiter-einer-führenden-Schiffswerft-im-größten-Binnenhafen-Europas-Rohrzange. Circa 9 0 Zentimeter und vom Charme einer zuschlagenden MacLight. Mama sagte: »Heinrich, bitte!« Aber da half kein »Heinrich, bitte« mehr. Unbemerkt hatte sich der Sheriff in »Supersheriff« verwandelt und degradierte meinen Bruder zu »Hilfssheriff«. »Henning, hier. Hör mal auf zu essen da. So. Jetzt halt du mal hier das eine Ende von der Flasche. Feste. Und jetzt komm ich hier mit der Zange.« Alle übrigen Gäste erhoben sich fluchtartig, versteckten sich hinter dem bereits leicht derangierten Weihnachtsbaum und sangen im Chor »Heinrich, bitte«. Dirigiert von Herrn Karl mit seinem ansonsten nutzlosen Korkenzieher. Aber ein Supersheriff hat kein Not-Aus: »Ruck, zuck, ist die Flasche auf. Ich helfe gern. Henning, hier
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