Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
Vom Netzwerk:
fragte: »Volk?« »Ja.« »Wie das Volk?« »Ja.« »Mit ›F‹?« »Nein.« »Frau Volk, wissen Sie, wo Ihre AOK-Karte ist?« »Nein, die haben Sie doch.« »Irgendwie ist die weg!« Wir suchen gemeinsam. Finden die AOK-Karte im Labor, wo sie neben etwas liegt, das aussieht wie das eiskalte Händchen der Adams-Family, aber vielleicht hat sich auch nur der Auswurf von dem Alten aus dem Wartezimmer verselbstständigt.
    Die Sprechstundenhilfe bringt uns zum Arzt, mich und meine AOK-Karte. Erstaunlich, dass sie das Atmen unterwegs nicht vergisst. Der Arzt soll mir das Ergebnis verkünden. Endlich.
    Schade.
    Der Arzt hat keine Zeit. »Natürlich, kein Problem, gern lass ich mir den Befund zusenden.« Ich kann sehr höflich sein, manchmal, und vor allem, wenn ich den Vorort der Hölle verlassen möchte.
    Zwei Wochen später. Leider hat die Kernspin-Praxis vergessen, mir den Befund zuzusenden und irgendwie ist er auch weg. Ich fahr hin. Wir suchen gemeinsam den Befund. Der Auswurf von dem Alten wohnt mittlerweile in der Damentoilette. Als ich da rein bin, ist er hinter den Papierkorb gehuscht und hat Männchen gemacht.
    Als ich Befund und Bilder endlich in den Händen halte, hinke ich wieder zu meiner Orthopädin. Der ewige Kreislauf der Natur findet seine Entsprechung oft in Alltagsverrichtungen. »Frau Dr . Werger«, frage ich und zitiere aus dem Befund: »Was genau heißt ›Zyste im rechten Hüftgelenk, aber machen Sie sich keine Sorgen, das sieht nicht nach Krebs aus‹?« »Das heißt, treiben Sie weniger Sport«, übersetzt Frau Dr . Werger. Man soll Fachleuten vertrauen. Ich gehe nach Hause und verstaue die Zystenbilder tief unter meinem Bett. Das Bein schmerzt trotzdem weiter. Eine zweite Meinung kann nicht schaden. Vielleicht sollte ich mal eine Fachklinik aufsuchen. Dafür brauche ich eine Überweisung. »Kommen Sie einfach vorbei und holen Sie die Überweisung ab«, offeriert die Sprechstundenhilfe von Frau Dr . Werger, eins der wenigen intelligenten Exemplare. Ich gehe vorbei. Dreimal vorbei: Vorbei und vergeblich, weil Freitagnachmittag ist und die Praxis zu, vorbei, weil Montagmittag ist und alle in der Mittagspause sind, und vorbei, die Dritte, weil Mittwoch nachmittags hat die Praxis zu, jetzt und immerdar.
    Irgendwie schaffe ich es, den Tag der offenen Tür zu erwischen, der zwischen Donnerstag acht Uhr und zehn Uhr fünfzehn liegt. Halte die Überweisung fest in den Händen und rufe in der Fachklinik an. »Ambulanz, Schwester Evi. Sie wollen was? Einen Termin?« »Gern, wenn’s keine Umstände mach t …«, sage ich so liebenswürdig, wie es mir nur möglich ist. Schwester Evi bleibt eiskalt. »Im Moment nur Notfälle. Wir haben Ärztestreik.« Ich versuche noch mal den Guantanamo-Bay-Trick, aber Schwester Evi hat aufgelegt.
    Fünf Wochen später, mittlerweile besitze ich einen Treppenlift, den ich mit Girlanden aus Schweinepest-viren verkleidet habe, hebt Schwester Evi wenigstens ab. »Termin? Alles voll. Nächsten Monat. 4 . Oktober, 1 1 Uhr. Bringen Sie eine neue Überweisung mit, da haben wir ein neues Quartal.« Ende September. Bei meiner Orthopädin geht niemand ans Telefon, nicht mal mehr die Warteschleife. Nehm ich halt meinen Rollstuhl und fahr vorbei. Dienstagvormittag, da ist todsicher auf. Wäre es auch. Wäre da nicht das Schild »Eine Woche Betriebsferien, schönen Tag wünscht Ihr Praxisteam«.
    Acht Tage, zehn Euro und eine Überweisung später verbringe ich einen entspannten Tag im Flur der Klinik. Zwischen Schweiß, Desinfektionsmittel-Geruch und unbekannten Virenstämmen. Im Warteflur, Wartezimmer gibt es nicht. Stunden später. Nummer 32 4 – das bin ich. Dr . Düsing betäubt mit einer kilometerlangen Nadel meine Zyste in der Hüfte, die ist als Verursacher dingfest gemacht. Zum ersten Mal seit einem Dreivierteljahr sind die Schmerzen weg. Ich kann mich vor Freude kaum lassen. »Tja, Frau Volk, ich würd sagen, lassen Sie die Zyste veröden. Das kann man unter Kernspin machen. Nein, da darf ich Ihnen leider keine Überweisung für ausstellen. Nein, nein. Das ist Sache von Frau Dr . Werger.«
    Zurück zu Frau Dr . Werger. »Ich brauche wieder eine Überweisung zur Kernspin-Praxis«, sage ich und bekomme eine fürs Krankenhaus. Fehler passieren nun mal. Die Überweisungen unterscheiden sich farblich und durch irgendwelche Geheiminformationen, die nur Laien wie ich für völlig egal und blödsinnig halten, weil wir keine Ahnung haben.
    Mit der nächsten farblich perfekten

Weitere Kostenlose Bücher