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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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lassen. Stunden später, Frau Schorn hing am Fenster und brüllte um Hilfe, befreiten Nachbarn die Patientin. Onkel Otto ging beruhigt schlafen, in der Wohnung unter ihm war es wieder still. Zu still. Um halb zwei morgens erwachte er. Etwas fehlte. Das Summen des Kühlschranks! Frau Schorn hatte die Sicherung seiner Wohnung herausgedreht und die Kellertür zum Stromkasten mit einem Doppelschloss gesichert. Was bis hierhin eine harmlose Plänkelei gewesen war, bedeutete jetzt Krieg.
    Am frühen Morgen, Frau Schorn hatte die Sicherung auf Tante Anitas Intervention hin wieder eingesetzt, krönte sich Onkel Otto mit seiner Kapitänsmütze und wartete am Fenster, bis er Frau Schorn das Haus verlassen sah. Dann griff er zur Bohrmaschine und bohrte ihre Wohnungstür auf. Mittels Phasenprüfer bewies er, was er längst vermutet hatte: Frau Schorn betrieb Waschmaschine und Wäschetrockner über Hausstrom! Hatte Onkel Otto vormals noch mit einem gewissen Mitleid Paranoia diagnostiziert, musste er Frau Schorn jetzt als gefährliche Psychopathin einstufen, die sich an der Stromrechnung anderer Menschen gütlich tat. Er informierte den Vermieter. Der erteilte Frau Schorn eine empfindliche Verwarnung und enthob sie ihres Amtes. Ihrer moralischen Überlegenheit als Hausverwalterin beraubt, verfiel Frau Schorn zusehends. Sie wurde blass, dünn, sah überall Einbrecher und schlimmer noch: Neger. Dabei war es nur Onkel Otto, der hinter ihr herschlich. Der beschloss, den therapeutischen Druck ein wenig zu erhöhen, lieh sich ungefragt den Laserpointer von seinem Sohn, versteckte sich des Nachts auf der gegenüberliegenden Straßenseite und wartete, dass Frau Schorns Fernseher blau flackernd ihre Anwesenheit im Wohnzimmer verriet. Dann richtete er den Laserpointer auf ihren Kristallleuchter, der ein rotfunkelndes Blitzlichtgewitter produzierte. Frau Schorn wähnte sich im Visir mehrerer Scharfschützen und suchte Deckung unter dem Tisch. Am nächsten Tag besorgte sie sich eine Schreckschusspistole und ballerte damit im Hausflur herum. Eine unerwartete Komplikation im Heilungsprozess. Onkel Otto tat das einzig Vernünftige. Er kaufte sich ebenfalls eine Schreckschusspistole, schminkte sich Gesicht und Mütze dunkel und versteckte sich hinter der Kellertür. Als Frau Schorn schwer beladen vom Einkaufen kam, öffnete er die Kellertür einen Spalt und erfreute Frau Schorn mit einem ordentlichen ›Kawumm‹. Nachbarn, die das Geballer im Flur hörten, alarmierten die GSG 9, während Frau Schorn und Onkel Otto sich im Flur einen Schreckschuss-Wechsel lieferten, Frau Schorn hinter den Briefkästen, Onkel Otto hinter der angelehnten Kellertür verborgen. Alle Versuche von Onkel Otto, den vermummten GSG-9-Beamten einzureden, dass er nur eine aufgepustete Papiertüte habe knallen lassen, schlugen fehl. Beide Kontrahenten mussten ihre Waffen abgeben und erhielten eine Anzeige.
    Auf der Suche nach militärischer Überlegenheit verbündete sich Frau Schorn am kommenden Tag mit den jugoslawischen Betreibern einer italienischen Pizzeria. Noch am selben Abend wummerten drei Männer mit Kriegsverbrechergesichtern und ausgebeulten Taschen gegen die Tür und forderten Onkel Otto auf rauszukommen. Die Situation drohte zu eskalieren. Onkel Otto blieb in seiner Wohnung und alarmierte die Feuerwehr mit dem Hinweis, Gasgeruch im Treppenhaus wahrgenommen zu haben. Die mit Martinshorn und Blaulicht anrückenden acht Löschzüge blockierten die Straße, sorgten für viel Hallo in der Nachbarschaft und vertrieben wie geplant die Pizzeria-Verbrecher. Natürlich fanden die Feuerwehrmänner kein Gas, dafür aber die durch einen Herzinfarkt austherapierte Hausverwalterin.
    Irgendwie sind wir alle sehr froh, dass Onkel Otto jetzt wieder einen Job hat, als Kapitän auf einem Kirchenschiff. Er sagt, unter den Christen gibt es auch eine Menge Leute, die Dinge glauben, die man nicht sehen kann. Normalerweise müssten die starke Medikamente nehmen.
    Köln, 16 . Mai, 7 Uhr morgens, schweißgebadet
    Fürchterlichen Albtraum gehabt, sitze bei nächtlichem Kakao mit Sahne (Hüftgold!) am Küchentisch. Hab geträumt, ich bin obdachlos, wegen Opel oder Strompreiserhöhung oder Konsumflaute oder irgendeinem anderen Mist, auf jeden Fall war ein Clown mit Gurkennase im Spiel. Im Traum war ich arbeitslos, pleite, Single, geriet ins gesellschaftliche Abseits und hab mich zu guter Letzt als Autorin für die Vorabendserie »Wurst-Seiten, Käse-Seiten« verdingt. Endlos stierte ich auf

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