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Jezebel

Jezebel

Titel: Jezebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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treffen wollen, denn beide Hände trafen den Nacken des Mannes.
    Archie Todd traf der Schlag völlig unvorbereitet. Aus seinem Mund drang ein gurgelnder Laut, dann trieb ihn die Wucht nach vorn, und er fiel lang hin, auf das Gesicht.
    »Du Arschloch!« schimpfte Susan, die dicht neben ihm stehenblieb.
    »Denkst du vielleicht, daß ich, ach, leck mich doch!«
    Sie trat ihn heftig in die Seite. Zum Glück für Archie trug sie Turnschuhe, so daß der Treffer nicht zu hart wurde.
    Archie Todd stöhnte. Er wollte etwas sagen, aber seine Schmerzen hielten ihn davon ab. Dafür konnte er die Stimme des Mädchens hören, die ausgerechnet ihm ein Versprechen gab. »Ich werde von hier verschwinden, aber ich komme zurück, Archie. Sag es auch den anderen in Euston. Sag es ihnen immer wieder, daß ich zwar verschwunden bin, mich aber nicht völlig zurückgezogen habe. Ich werde irgendwann einmal in Euston erscheinen, auch wenn Jahre vergangen sind. Nichts habe ich vergessen, gar nichts. Ich habe mir jeden Namen gemerkt. Ich weiß genau, wer mir Böses angetan hat und wer nicht…«
    Archie lag unbeweglich.
    Man hatte ihn niedergeschlagen. Eine Vierzehnjährige hatte ihn gedemütigt, aber er war nicht so weggetreten, als daß er die Worte nicht verstanden hätte. Er wußte Bescheid, verdammt gut sogar.
    Unter seinem Körper spürte er den feuchten Schmier des aufgeweichten Bodens. Als er sich aufrichten wollte, rutschte er mit seinen Handflächen weg.
    Beim vierten Versuch hatte er es geschafft. Er blickte durch die Lücke zwischen den beiden Torstangen hindurch, aber Susan Wade sah er nicht. Nur den feuchten Rasen, auf dem die Pfützen wie dicke Augen lagen. Regentropfen trommelten hinein.
    Archie quälte sich auf die Beine. Er war naß, schmutzig und durchgefroren.
    Trotzdem hatte er die Worte des Flüchtlings nicht vergessen…
    ***
    Die beiden Taschen waren prall gefüllt, als Erica Wade vom Einkaufen zurückkehrte. Eine Stunde hatte sie wegbleiben wollen, aber es war länger geworden, denn beim Kaufmann war sie aufgehalten worden.
    Eine Mutter hatte sich über Susan beschwert, weil diese im Beisein ihrer Tochter Ameisen mit der Zunge vom Schultisch aufgeleckt hatte.
    »Das wird bald vorbei sein«, hatte Erica der Frau erklärt, aber keine weiteren Gründe genannt.
    Bevor sie die Haustür hinter sich geschlossen hatte, fiel ihr etwas auf.
    Hätte sie jemand gefragt, sie hätte keinen Grund nennen können, es mußte einfach an der Atmosphäre liegen. Es war zu still. Ein Haus, in dem sich niemand aufhält, ist so ruhig, dachte sie und spürte den Beginn des kalten Schauers auf ihrem Rücken.
    Sehr leise ging sie in die Küche und stellte ihre beiden Taschen ab. Sie packte nichts in den Kühlschrank. Für sie war es jetzt wichtiger, das Haus zu durchsuchen und nach Susan zu sehen. Die letzte Auseinandersetzung mit dem Kind hatte Erica nicht vergessen. Sie machte sich jetzt Vorwürfe, Susan zu hart angefaßt zu haben.
    Schließlich durfte sie nicht vergessen, was sie alles erlebt hatte. Keine Eltern mehr, bei den Großeltern aufgewachsen, das war für heranwachsende Kinder problematischer, als in einer glücklichen Familie bei Mama und Papa aufzuwachsen.
    Aber Erica mußte auch an sich, ihren Mann und ihren Ruf denken. Der war ›dank‹ Susan nicht mehr der beste im Ort. Durch ihr Hobby hatte sie viele vergrault. Die Wades kriegten kaum noch Besuch. Mit ihnen wollte niemand mehr etwas zu tun haben. Die Menschen hatten Angst davor, daß ihnen irgendwelche Spinnen oder Käfer entgegenkrabbelten, wenn sie zu Besuch waren.
    Deshalb war es besser, wenn sich Susan ein anderes Hobby suchte oder ihrer Leidenschaft außerhalb der eigenen vier Wände frönte. Da mußte man doch einen Kompromiß finden können, und Erica wollte auch mit ihrem Mann darüber reden.
    Diese Gedanken beschäftigten sie, als sie die Treppe hochstieg.
    Auch jetzt herrschte eine unnatürliche Stille. Erica rief, während sie ging, zweimal den Namen der Enkelin, ohne eine Antwort zu erhalten.
    Am Ende der Treppe stand für sie fest, daß Susan sich nicht in ihrem Zimmer aufhielt. Allerdings wollte sie dafür auch den Beweis haben. Sie klopfte sicherheitshalber, bevor sie das Zimmer betrat.
    »Was ist das denn?« flüsterte sie. »Himmel, das darf doch einfach nicht wahr sein…«
    Susan gehörte nicht zu den Kindern, die sehr ordentlich gewesen waren.
    Was sie aber jetzt zurückgelassen hatte, das sah nach einem hastigen Aufbruch aus. Die Tür ihres Schranks stand

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