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Jezebel

Jezebel

Titel: Jezebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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den Rucksack auf ihren Rücken. So trat sie ans Fenster.
    Die Sonne war bereits dabei, sich zu verabschieden. Dunkelheit und Dämmerung kamen Susan immer entgegen. So konnte sie sich wie ein Dieb aus dem Ort schleichen. Ihre Großeltern würden sich wundern, wenn sie plötzlich ohne Enkelkind dastanden. Daran trugen sie selbst die Schuld. Sie hätten erkennen müssen, daß sie etwas Besonderes war, eine Auserwählte, eine Ausgesuchte. Das meinte jedenfalls Susan.
    Sie spie auf den Boden.
    Das war ihr ›Abschiedsgruß‹. Sie ging, ohne sich noch einmal umzudrehen. Dieser Teil des Lebens war vorbei, endgültig abgeschlossen. Vor ihr lag der neue Teil: Den aber würde sie nicht mehr als Susan erleben, sondern als Jezebel, als die Königin der Insekten…
    ***
    Euston war keine Großstadt. Besonders bei kühlem oder regnerischem Wetter hielten sich die Bewohner am liebsten in ihren Häusern und Wohnungen auf, so daß Susan alle Chancen hatte, den Ort ungesehen zu verlassen. Sie wollte auch keinem Menschen begegnen, denn sie haßte alle, die nicht auf ihrer Linie lagen. Erwachsene und Kinder gleichermaßen, denn jeder hatte sie schief angesehen oder mit gewissen Kommentaren bedacht. Käferfresser war noch einer der harmloseren gewesen.
    Jugendliche in ihrem Alter hatten ihr mehrmals Schläge angedroht, wobei es nicht nur bei den Drohungen geblieben war.
    Das würde bald hinter ihr liegen. Aber diejenigen, die jetzt nicht auf ihrer Seite standen, würden sich wundern. Sehr sogar, denn Susan Wade hatte Euston und seine Bewohner nicht vergessen.
    Es fing an zu nieseln. Die Wolken hingen tief, und Susan verschwand in einer Gasse, bevor sie das Scheinwerferlicht eines heranrollenden Wagens erfassen konnte.
    Es war der Weg, der auch zur Bäckerei führte, allerdings an die Rück-und nicht an die Vorderseite. Susan wußte, daß sich dort kaum jemand aufhielt. Sie nahm den Weg des öfteren, wenn sie aus der Schule kam, da sie den Mitschülern entwischen wollte.
    Auch jetzt schlich sie weiter. Aber sie ging mit sehr großen Schritten. Die Turnschuhe ließen einen federnden Gang zu. Vom letzten Regen waren noch Pfützen zurückgeblieben, die nun Nachschub bekamen, denn es nieselte weiter.
    Sie spürte die Nässe im Gesicht, wischte darüber hinweg und zog dann die Kapuze des Anoraks hoch. So war sie wenigstens einigermaßen vor den Unbilden des Wetters geschützt.
    An der rechten Seite lag das Gelände mit der rückseitigen Backstube.
    Schon als Kind hatte sie den Geruch nach frischen Backwaren gern wahrgenommen, auch jetzt saugte sie ihn ein und gestand sich zu, daß ihr das Aroma von feuchter Erde besser gefiel, denn in ihr lebten die Käfer, die Insekten und anderes Kleingetier, sogar die Ameisen, die ihr trotz ihrer Säure gut schmeckten.
    Das Tor zum Hinterhof stand offen. Allerdings war das Gelände menschenleer. Nur aus einem kleinen Fenster drang schwaches Licht, das sich auf dem Boden des Hofs verteilte und nicht mal die dort geparkten Autos erreichte. Zwei an der Zahl.
    Susan hatte das Tor rasch hinter sich gelassen, atmete auf und blieb an der nächsten Einmündung stehen. Wenn sie weiter geradeaus ging, erreichte sie den Friedhof und auch die Kirche. Susan wollte mit der Kirche nichts zu tun haben, denn auch der Pfarrer stand nicht auf ihrer Seite. Er hatte sie sogar mal in der Religionsstunde gefragt, ob sie besessen wäre.
    Dafür haßte sie ihn, und sie schloß ihn ebenfalls in ihren Rachekreis mit ein.
    Die Kirche ließ sie links liegen. Am Rand der Friedhofsmauer bewegte sich Susan weiter und sah schon sehr bald den Fußballplatz vor sich liegen, der allmählich aufweichte. An zwei Seiten des Platzes waren Treppen für die Zuschauer gebaut worden, aber eine Überdachung gab es nicht. Dafür sah Susan den dunklen Umriß der Baracke hinter dem einen Tor. Dort waren die Umkleidekabinen untergebracht, das wußte sie. Einmal hatte sie die Räumlichkeiten besichtigt und hatte sich vor dem Schmutz geekelt, den sie dort vorgefunden hatte. Schlimm sah es da aus.
    Das alte Holz der Bänke faulte vor sich hin, und die wenigen Duschen waren verrostet. Aber der Platz lag bereits an der Peripherie des Ortes.
    Für sie günstig, denn so konnte sie sicher sein, den verhaßten Ort bald hinter sich gelassen zu haben.
    Susan Wade freute sich zu früh. Erst hörte sie das leise Lachen, dann sah sie die Gestalt des Mannes, der unter dem Vordach des Eingangs gestanden haben mußte.
    Das Mädchen war in Gedanken versunken gewesen,

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