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Jezebel

Jezebel

Titel: Jezebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wieder zu und stellte die Flasche auf den Tisch. Endriss trank mit kleinen Schlucken. Wir beobachteten ihn dabei. Sein Blick glitt dabei über den Glasrand hinweg ins Leere. Ich konnte mir vorstellen, daß er mit seinen Gedanken ganz woanders war. Des öfteren zuckte er zusammen, und auch die Augendeckel bewegten sich hektisch.
    Als das Glas leer war, erkundigte sich Suko, ob es ihm jetzt besser ging.
    Endriss lachte nur. »Kaum.«
    »Sie sind die Ameisen los?«
    Der Konstabler hob nur die Schultern.
    »Allerdings haben wir noch einige Fragen, wie Sie sich vorstellen können.«
    »Ja, Inspektor, das habe ich mir gedacht. Ich bin ja selbst Polizist.«
    »Gut, dann kennen Sie die Regeln und können uns sicherlich sagen, wie es möglich war, daß sich die Ameisen in Ihrem Körper gesammelt haben.«
    Fred Endriss schwieg zunächst. Dann griff er zur Flasche und goß sich den zweiten Drink ein. »Es gibt keine normale Erklärung«, flüsterte er und schüttelte den Kopf. »Sie können mir glauben, das ist alles nicht wahr und trotzdem eine Tatsache.«
    »Meinen wir auch.«
    »Sie müssen in meinen Körper hineingekrochen sein. Sonst wären sie ja nicht wieder herausgekommen.«
    »Wann geschah das?« fragte Suko. »Können Sie sich daran erinnern, Kollege?«
    Endriss trank erst einmal einen langen Schluck. »Erinnern ist gut«, erwiderte er, als er das Glas absetzte. »Ich bin einfach erwischt worden, wenn Sie verstehen, und ich glaube, daß es noch nicht sehr lange her ist.« Er hob die Schultern. »In der vergangenen Nacht habe ich sehr tief geschlafen. Ich wurde zwar nicht wach, aber ich spürte schon, daß etwas mit mir geschah.«
    »Was denn?«
    »Da krabbelte was in meinen Körper.«
    »Hm. Wie spürten Sie das?«
    »An den Lippen, aber auch an den Ohren und ebenfalls in den Nasenlöchern. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich sogar im Schlaf niesen müssen.«
    »Trotzdem sind Sie nicht wach geworden?«
    »Richtig.«
    »Wie ging es weiter?«
    »Am anderen Morgen spürte ich das Ziehen im Nacken.«
    »Das war heute?«
    »Richtig.« Er hustete. »Und es war schlimm, denn die Haut zog sich dort zusammen. Ich habe dann gefühlt und auch den Kopf so gedreht, daß ich meinen Nacken in einem Spiegel sehen konnte. Da entdeckte ich dann auch das Geschwür.« Er schüttelte den Kopf. »Ich merkte sogar, daß sich darin etwas tat und bewegte, aber ich traute mich nicht, es einfach aufzustechen, obwohl ich daran gedacht habe.«
    »Andere Frage«, sagte ich. »Was ist denn mit Ihrem Gesicht geschehen, Mr. Endriss. Wir sehen auch dort die roten Flecken.«
    »Insektenstiche.«
    »Aber sehr dick.«
    »Ja«, murmelte er und senkte seinen Blick.
    Ich hatte mir den Stuhl zurechtgerückt und wieder Platz genommen.
    »Wissen Sie, was ich denke, Mr. Endriss? Sie wissen mehr, als Sie zugeben wollen, und das ist schlecht. Wir sollten in dieser Lage zusammenarbeiten und keine Geheimnisse voreinander haben. Nur so können wir den Fall lösen, und daran ist Ihnen doch auch gelegen, nicht wahr?«
    Er schwieg.
    Ich redete weiter. »Grundlos sind wir nicht nach Euston gekommen. Wir wissen, daß in dieser Stadt etwas vorgeht, über das die Bewohner nicht sprechen. Entweder aus Furcht oder aus Scham. Beides ist falsch. Dieses gehäufte Auftauchen von Insekten hat keinen natürlichen Ursprung. Da muß es einfach eine andere Lösung geben, und die könnte sehr gefährlich sein.«
    Daß er mir zugehört hatte, bewies seine Frage. »Wieso denn?«
    »Weil diese Insekten mutiert sind, das habe ich selbst erlebt, und weil sie, meiner Ansicht nach, unter der Kontrolle einer bestimmten Person stehen. Das hat Archie Todd auch gewußt. Nur ist er nicht mehr dazu gekommen, mir den Namen zu sagen. Ich gehe davon aus, daß er nicht der einzige gewesen ist, der Bescheid gewußt hat. Ich glaube, daß viele aus dem Ort informiert sind, aber aus den eben angeführten Gründen den Mund halten. Sie als Polizist haben einfach die Pflicht, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen.«
    »Vielleicht«, flüsterte er.
    »Wovor haben Sie Angst?«
    Er schaute mich jetzt an. Seine Augen wirkten verschwommen. Die Pupillen sahen aus, als würden sie hinter einer dünnen Wasserschicht liegen. »Angst? Ja, ich habe Angst.«
    »Reden Sie«, sagte auch Suko.
    Er trank noch einmal, dann erfuhren wir, daß vor ungefähr vier Wochen die Veränderungen begonnen hatten. Da war das Grauen über den Ort gekommen. Die Menschen hatten sich mit einer Insektenplage herumzuschlagen gehabt.

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