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JFK -Staatsstreich in Amerika

JFK -Staatsstreich in Amerika

Titel: JFK -Staatsstreich in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Bröckers
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Freedom Of Information Act an die
Öffentlichkeit gekommene Austausch wirft ein faszinierendes Licht nicht nur auf
die aktuelle Krise im Oktober 1962, sondern auch auf die Rolle, die
Persönlichkeiten an den Schaltstellen der Macht in entscheidenden Momenten
spielen können. Denn auch Chruschtschow fühlte sich umringt von säbelrasselnden
Generälen, die von politischen und diplomatischen Problemlösungen wenig und von
massiven militärischen Aktionen umso mehr hielten. So sahen sich beide
Staatsmänner genötigt, diskret hinter dem Rücken ihrer Beraterstäbe direkte
Verhandlungen miteinander aufzunehmen. Zu welcher Katastrophe es ohne diese
beiden um Frieden bemühten Führer im Herbst 1962 hätte kommen können, wurde
erst 40 Jahre später bei einer historischen Konferenz in Havanna wirklich klar,
als die teilnehmenden ehemaligen Mitglieder der Kennedy-Regierung erfuhren,
dass damals nicht nur 12 000 russische Truppen auf Kuba stationiert waren, wie
die CIA angenommen hatte, sondern insgesamt 40 000 – und diese nicht nur mit
Mittelstreckenraketen, sondern auch mit nuklearen Sprengköpfen ausgerüstet
waren. »Robert McNamara fiel fast vom Stuhl«, schreibt Arthur Schlesinger über
diese Konferenz, »als der damalige Chef des Kontingents der Roten Armee auf
Kuba das plötzlich enthüllte. … Damit hätten wir niemals gerechnet.« 32
    Umso segensreicher war der
Kompromiss, den Kennedy mit Chruschtschow dann über ihren geheimen Kanal und
vorbei an ihren schießwütigen Cowboys und Rotarmisten aushandelten: Die USA
würden ihre auf Russland gerichteten Jupiter-Raketen in der Türkei abziehen,
die Russen ihre Raketen auf Kuba, und beide Seiten verpflichteten sich, nach
diesem Abzug auf alle Invasionsversuche zu verzichten. Was im Nachhinein als
meisterhafte diplomatische Intervention erscheint, stand in diesen Tagen auf
Messers Schneide, denn bis auf seine engsten Vertrauten – seinen Bruder Robert
und Berater Ted Sorensen – stand Kennedy bei seiner Entscheidung völlig allein.
Auch die wichtigsten Kongress- und Senatsmitglieder, die er einige Tage später
zum Gespräch lud, plädierten unisono für einen sofortigen Angriff auf Kuba. Und
die hartnäckigsten Falken ließen sich auch von dem eindeutigen Votum des
Commander-in-Chief nicht abhalten. So versetzte Curtis LeMays rechte Hand,
General Thomas Power, das Strategic Air Command in die höchste Alarmstufe –
»DEFCON 2«, einen Schritt vom Nuklearkrieg entfernt – und gab diesen Funkspruch
unverschlüsselt durch, auf dass Moskau ihn auch sicher mitbekomme. Und der
CIA-Mann William Harvey setzte trotz des Verbots von weiteren Nadelstichen
gegen Kuba drei Boote mit Exilkubanern in Marsch, die Sabotageakte begehen
sollten. Als Robert F. Kennedy von einem Vertrauensmann der CIA-Station in
Miami (Codename: JM/WAVE), der Steuerungszentrale der Operation Mongoose,
darüber informiert wurde, dass einer seiner Untergebenen auf eigene Faust den
dritten Weltkrieg riskierte, rastete er aus – und sorgte noch am selben Tag
beim CIA-Chef John McCone für die Abberufung Harveys, der dann von Vizedirektor
Richard Helms aber nicht entlassen, sondern zur CIA-Station in Rom abgeschoben
wurde.
    Für Leute wie Curtis LeMay, William
Harvey, Allen Dulles und die anderen Hardliner des Militärs und der CIA hatte
der Präsident nun schon zum zweiten Mal »versagt« und nach der Schweinebucht
einmal mehr eine perfekte Gelegenheit versäumt, das Kuba-Problem zu lösen. Dass
Chruschtschow das Signal zum Abzug der Raketen gegeben hatte, empfand General
LeMay »als größte Niederlage unserer Geschichte«, und seine Kollegen sahen es
ähnlich. Daniel Ellsberg, der später durch die Veröffentlichung der
Pentagon-Papiere berühmt werden sollte und zu dieser Zeit als Analyst im
Verteidigungsministerium arbeitete, beschrieb die Lage dort: »Es herrschte eine
virtuelle Coup-Atmosphäre in Pentagon-Kreisen …, eine Stimmung von Hass und
Wut. Die Atmosphäre war vergiftet.« 33 Auch den militanten Kommunistenfressern bei der CIA war klar, dass Kennedys
diplomatische Lösung eine Wende im Kalten Krieg bedeutete. Nicht mehr sie waren
es, die die Außenpolitik mit verdeckten Operationen nach Gusto gestalten
konnten, sondern ein John F. Kennedy, der hinter ihrem Rücken und vorbei am
Willen des mächtigen Militärs das Heft selbst in die Hand nahm, ein Präsident,
der nicht länger als Marionette militärisch-industrieller Strippenzieher
fungieren wollte, sondern als autonomer Staatsmann

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