JFK -Staatsstreich in Amerika
Leute wie
mich, die diese Dinge für den Frieden und nicht für den Krieg einsetzen
wollen.‹ …
Ich fragte sie nochmals: ›Wer
sind diese Freunde von dir, die Drogen für den Frieden brauchen wollen?‹
›Es sind Frauen‹, sagte sie lachend.
›Wie jede andere Hauptstadt der Welt wird Washington von Männern regiert. Diese
nach Macht strebenden Männer können nur von Frauen verändert werden. Und du
wirst uns dabei helfen.‹
Am nächsten Tag fuhr ich Mary
zum Flughafen, nachdem ich sie mit Büchern und Artikeln über unsere Forschung
eingedeckt hatte.
›Ich glaube nicht, dass du
schon so weit bist, dass du mit den Sitzungen anfangen kannst‹, erklärte ich
ihr.
›Das weiß ich. Ich werde bald
zurückkommen, um weiter zu üben. Und vergiss bitte nicht, die einzige Hoffnung
für die Welt sind intelligente Frauen.‹« 46
Im Frühjahr und Sommer 1962 kam es
zu weiteren Besuchen Marys bei Leary. Der wurde im Jahr darauf von der
Harvard-Universität wegen seiner subversiven Forschungen entlassen, weshalb er
sie nun auf einem schlossähnlichen Anwesen in Millbrook bei New York fortsetzen
musste, das die Millionenerbin Peggy Hitchcock ihm und seiner Gruppe zur
Verfügung gestellt hatte. Mary Pinchot nannte bei ihren Besuchen keine Namen,
sie sagte bloß: »Wir sind acht intelligente Frauen, die die mächtigsten Männer
Washingtons antörnen.« Und weil sie keine Namen nannte, hat Timothy Leary auch
nie behauptet, dass es sich bei einem dieser »mächtigen Männer« um John F.
Kennedy handelte. Gleichwohl sind diese Passagen aus seiner Autobiographie Flashbacks von vielen Kritikern angezweifelt worden. Einige verstiegen sich gar zu der
Behauptung, Leary hätte sie nur erfunden, um seinem 1983 erschienenen Buch mehr
Publizität zu verschaffen. So lassen etwa James DiEugenio und Lisa Pease nicht
nur an Leary, sondern auch an dem exzellent recherchierten Buch über Mary Meyer
von Peter Janney – einem Kindheitsfreund ihres bei einem Autounfall 1956 ums
Leben gekommenen Sohnes Michael – kein gutes Haar. 47
Doch Timothy Leary hatte keinen
Grund, diese Geschichte zu erfinden, um sein Buch zu promoten, denn sein Leben
und seine Reputation als berüchtigter LSD-Guru waren abenteuerlich genug, um
für Publicity zu sorgen. Als ich im Mai 1987 die Gelegenheit hatte, ihn bei
einem Besuch in Berlin über sein Leben und seine im Jahr zuvor auch auf Deutsch
erschienene Autobiographie zu interviewen 48 ,
erwähnte er dieses Ereignis mit keinem Wort – auch nicht bei seinem Vortrag im
Audimax der Technischen Universität. Als wir am Tag danach noch eine gemeinsame
Stadtrundfahrt machten, dabei auch auf einer der Aussichtsplattformen über die
Mauer hinweg nach Ostberlin schauten und danach über den Kalten Krieg sprachen,
fragte ich ihn explizit, ob man aus der Passage über Mary Pinchot in seinem
Buch schließen könne, dass John F. Kennedy mit ihr LSD-Erfahrungen gemacht
hätte. Und Leary antwortete, dass er das nicht wisse, dass er keine Beweise
dafür hätte, dass es aber gut möglich sei. Nichts anderes teilte er einige
Jahre später auch dem Autor Leo Damore mit, der darüber ein ausführliches
Gespräch mit ihm führte, aus dem Peter Janney in seinem Buch zitiert. Insofern
kann gesagt werden, dass sich Leary in dieser Angelegenheit stets so
ausgedrückt hat, wie es sich für einen Wissenschaftler in der Tradition des
großen Psychologen William James, als der er sich auch nach seiner Entlassung
von Harvard verstand, gehört: nämlich eine Vermutung, für die es deutliche
Hinweise, aber keine harten Beweise gibt, als eben solche stehen zu lassen und
sie weder als Tatsache zu bezeichnen noch sie einfach zu verwerfen. Und zu
Letzterem hatte er erst recht keinen Anlass, nachdem ihn Mary Pinchot am 1.
Dezember 1963, eine Woche nach der Ermordung Kennedys, anrief und ihm
schluchzend und kaum zu verstehen sagte: »Sie konnten ihn nicht länger im Zaum
halten. Er veränderte sich zu schnell.«
Auch wenn es keinen harten Beweis
dafür gibt, dass mit »er« John F. Kennedy gemeint war und dass die schnelle
Veränderung, die er in seiner kurzen Amtszeit durchlief, von einer den Blick
über den Tellerrand gewährenden LSD-Erfahrung befördert wurde, können an seiner
engen Beziehung zu Mary Meyer ebensowenig Zweifel bestehen wie an der Tatsache,
dass die von LSD ausgelösten Wahrnehmungsveränderungen zu erstaunlichen
Inspirationen führen. Dies ist nicht nur von zahlreichen Künstlern, Literaten
und Musikern belegt,
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