JFK -Staatsstreich in Amerika
Besuchern hätte der Präsident sie nicht gebeten, den
Raum zu verlassen, wenn es um dienstliche Angelegenheiten ging. »Sie war so
häufig in der Nähe des Präsidenten und seine Wertschätzung für sie so offensichtlich,
dass Feldman sie als guten Kanal für das Ohr des Präsidenten betrachtete, wenn
Kennedy nicht erreichbar war, um Staatsangelegenheiten mit ihm zu besprechen.« 51 Und Kenny O’Donnell, der persönliche Assistent
und engste Mitarbeiter Kennedys, der sich nie über diese Beziehung geäußert
hatte, sprach kurz vor seinem Tod 1977 mit Leo Damore darüber und machte
deutlich, dass Mary sich gegenüber dem Präsidenten ziemlich offen und
konfrontativ äußerte, als es zum Beispiel im April 1962 um die Frage des
nuklearen Teststopps ging: »Sie forderte ihn offen heraus, etwas anderes zu tun
und nicht in die Falle zu gehen und sich auf einen ›pissing contest‹ mit den
Russen einzulassen.« So gab Damore 1992 die Äußerungen O’Donnells wieder. 52 Während ihr Exmann Cord Meyer mit seinen
CIA-Freunden James Angleton und Allen Dulles, den Mary einmal als »Machiavelli
– nur schlimmer« bezeichnet hatte, weiter mit allen Mitteln und verdeckten
Operationen an der Konfrontation des Kalten Kriegs bastelte, war Mary ihrer
persönlichen Mission eines globalen Friedens so nahe gekommen wie nur möglich:
am Ohr des mächtigsten Mannes der Welt. Und diesem war ihr Rat offenbar überaus
wichtig, denn – so gab Damore eine Äußerung O’Donnells wieder – wenn sie einmal
telefonisch nicht erreichbar war, lief er »fieberhaft« im Oval Office hin und
her.
Als diese enge Beziehung durch Jim
Truitts Interview in dem Boulevardblatt National Enquirer 1976 erstmals
bekannt wurde, schlug die Nachricht in Washington ein wie eine Bombe. Truitt
enthüllte darin außer der Lovestory auch noch ein politisch höchst brisantes
Detail: die mögliche Verwicklung der CIA in den Mord und die Spurenbeseitigung,
nachdem Mary Meyer im Oktober 1964 bei einem Spaziergang am Potomac-Ufer in der
Nähe ihres Hauses durch zwei Kopfschüsse getötet worden war. Verhaftet und
angeklagt worden war nach dem Mord ein in der Nähe aufgegriffener
Afroamerikaner, Ray Crump, den ein weiterer Spaziergänger als den Mann
identifiziert haben wollte, der sich nach den Schüssen über das am Boden
liegende Opfer gebeugt habe. Es lagen jedoch weder Beweise für einen Raub noch
für sexuellen Missbrauch oder ein anderes Motiv vor, es konnte auch keine
Tatwaffe ausfindig gemacht werden, daher wurde der Verdächtige nach einem
langen und aufsehenerregenden Verfahren im Juli 1965 freigesprochen. Da andere
Spuren und mögliche Verdächtige nicht ermittelt worden waren, wurde der Fall
als unaufgeklärt zu den Akten gelegt. Auch die zwölf Jahre später durch Jim
Truitt bekannt gewordene Tatsache ihrer Liaison mit dem Präsidenten und die
darauf folgenden Artikel einiger Journalisten trugen nicht zu einer Aufklärung
bei. Erst mit den in den 90er Jahren begonnenen Recherchen des Autors Leo Damore,
die nach dessen mysteriösem Selbstmord 1996 von Peter Janney fortgesetzt
wurden, ist etwas mehr Licht auf diese rätselhafte Ermordung der
Kennedy-Vertrauten Mary Meyer geworfen worden – und die dabei zum Vorschein
gekommenen Dunkelmänner waren nicht schwarz und Mitglieder des
afroamerikanischen Prekariats, sondern weiß und Angehörige der CIA-Elite.
Ein Lastwagenmechaniker, Henry
Wiggins, der zu einem am Parkrand abgestellten defekten Lkw bestellt worden
war, war anfangs der einzige Zeuge gewesen, als die Polizei am Tatort eintraf.
Er hatte nach den Schüssen über die Mauer des Parks geschaut und einen Mann
gesehen – mit einer beigen Reißverschlussjacke, schwarzer Hose und einer
Golfkappe –, der sich über den Körper der Ermordeten gebeugt und dann, als er aufschaute,
ihn direkt angesehen habe. Allerdings – was Wiggins wunderte – nicht ängstlich
oder erschrocken; er steckte dann etwas in seine Tasche und ging davon. Laut
Wiggins’ Zeugenaussage vor Gericht sah der Mann nicht aus, als ob er zuvor in
einen Kampf oder eine Anstrengung verwickelt gewesen sei, Blut oder sonstige
Spuren hatte er auf seiner Kleidung nicht gesehen. Und die Größe und das
Gewicht des Mannes, die er geschätzt hatte – etwa 173 cm und 182 Pfund –,
trafen auf den deutlich schmächtigeren Angeklagten Crump nicht zu.
Doch am Morgen nach dem Mord meldete
sich ein zweiter Zeuge bei der Polizei, der sich als Leutnant William L.
Mitchell aus dem Pentagon vorstellte
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