JFK -Staatsstreich in Amerika
dagegen
versucht ausführlichst, die Persönlichkeit eines frustrierten Einzelgängers zu
zeichnen, der aus zerrütteten Familienverhältnissen stammend zunehmend
neurotische und gewalttätige Charakterzüge entwickelte, sich dem Marxismus
zuwandte und dieser Ideologie als Überläufer in die Sowjetunion frönte, um dann
nach seiner Rückkehr und der Schwierigkeit, in den USA wieder Fuß zu fassen,
zum Präsidenten- und Polizistenmörder zu werden. Viele andere Autoren
(Priscilla Johnson McMillan, Gerald Ford, Edward Epstein, Norman Mailer) haben
dieses psychopathologische Profil seitdem nachgezeichnet, um aufzuzeigen, dass
Oswald zu einer solchen Tat fähig gewesen sein soll. Auch wenn derartigen
Charakteranalysen eine gewisse Validität nicht abgestritten werden kann – und
psychologische Gutachten in der forensischen Praxis durchaus üblich sind –,
sind sie jedoch weit davon entfernt, als Beweis für eine Täterschaft gelten zu
können. Die oben zitierte Dürftigkeit und Widersprüchlichkeit der
Zeugenaussagen und ballistischen Belege, die vor Gericht wahrscheinlich zu
einem Freispruch des Verdächtigen geführt hätte, dürften denn auch der Grund
sein, warum der WR auf Hunderten von Seiten ein psychologisches Profil Oswalds
ausbreitet. Wenn man konkret so wenig in der Hand hat, muss eben das Panorama
einer gestörten Persönlichkeit als Beweis für eine Täterschaft herhalten und
muss alles ausgespart werden, was gegen dieses Bild eines neurotischen,
isolierten Einzelgängers, Schulabbrechers und Versagers spricht.
Kaum 16-jährig trat Lee Harvey
Oswald 1955 als Kadett in die Civil Air Patrol (CAP) in New Orleans ein, deren
Ortsgruppe von Captain David Ferrie geleitet wurde. In dieser zivilen
Luftpatrouille werden Jugendliche ans Fliegen und militärische Dienste
herangeführt, wobei Ferrie nicht nur als hervorragender Flieger und Chefpilot
bei der Eastern Airlines, sondern auch wegen seiner homosexuellen Neigungen ein
großer Einfluss auf seine Jungs zugeschrieben wurde. Obwohl Ferrie stets
bestritt, Oswald genauer gekannt und später mit ihm noch etwas zu tun gehabt zu
haben, war er als rabiater Antikommunist einer der rechtsradikalen Figuren, in
deren Umfeld sich Oswald 1962/63 in New Orleans bewegte, und eine der
Persönlichkeiten, die bei der Steuerung und Manipulation des Agenten Oswald
eine wichtige Rolle spielten. Einen Tag, bevor er als Zeuge im Garrison-Prozess
aussagen sollte, starb Ferrie am 22. Februar 1967 eines merkwürdigen, angeblich
natürlichen Todes, nachdem er sich zuvor noch bis 3 Uhr in der Frühe mit einem
Journalisten unterhalten hatte.
Vieles spricht dafür, dass die
Rekrutierung des jungen Lee Harvey Oswald für diskrete »patriotische« Dienste
in dieser Civil Air Patrol begann, auch wenn er, aus gesundheitlichen Gründen,
nicht fliegen lernen konnte, wie es dort etwa der ebenfalls aus schwierigen
Familienverhältnissen stammende Barry Seal tat, der dann schon bald geheime
Waffenlieferungen nach Kuba flog und später zum Chefpiloten der
Iran-Contra-Flotte wurde, die in den 80er Jahren im CIA-Auftrag im großen Stil
Waffen und Drogen schmuggelte. Obwohl nie offizieller Agent der CIA, arbeitete
Seal sein Leben lang für den Geheimdienst, und als er, ebenfalls passgenau,
unmittelbar vor einer Vorladung bei Gericht erschossen wurde, fand sich in
seinem Telefonbuch die direkte Durchwahl zu seinem »Chef«, dem ehemaligen
CIA-Direktor und nunmehrigen Vizepräsidenten George H.W. Bush. 21
Auch wenn Oswald auf einem deutlich
niedrigeren Level agierte als der »Teufelsflieger« Barry Seal, spricht jedoch
seine weitere Karriere für seine Rolle als inoffizieller Mitarbeiter. Nachdem
eine erste Bewerbung bei den Marines mit einer gefälschten Geburtsurkunde, die
ihn älter machte, aufgeflogen war, lernte er das Handbuch dieser Elitetruppe
auswendig und wurde nach Erreichen des Mindestalters von 17 Jahren im Oktober
1956 dann doch aufgenommen. Er absolvierte die Grundausbildung in San Diego mit
durchschnittlichen Bewertungen, wurde zum Aviation Electronics Operator
geschult, danach auf die Philippinen und dann nach Japan versetzt, wo er auf
der Atsugi Naval Base stationiert war, eine der Basen, von denen aus die
geheimen U-2-Überwachungsflugzeuge der CIA nach China und in die UdSSR
starteten. Auch wenn er wegen Insubordination und einer unerlaubten Waffe in
seinem Spind zweimal abgestraft wurde, erhielt Oswald als Radarspezialist die
Sicherheitsstufe »Crypto«, die noch einige Klassen
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