JFK -Staatsstreich in Amerika
der Kauf des Gewehrs und die Anmietung des Pensionszimmers, sodass ihm
sein Pflichtverteidiger riet, sich schuldig zu bekennen, um die Todesstrafe zu
vermeiden.
Schon wenige Tage nach seiner
Verurteilung widerrief Ray dieses Geständnis und versuchte bis zu seinem Tod im
Gefängnis 1998 vergeblich, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen. Das
HSCA, das 1978 auch die Umstände des Mordes an Martin Luther King unter die
Lupe nahm, kam wie im Fall JFK zwar zu dem Ergebnis, dass höchstwahrscheinlich
eine Verschwörung mehrerer Täter dahinter steckte, hielt aber Ray weiterhin für
den Todesschützen und schenkte seiner seit der Verurteilung vorgebrachte
Geschichte, ein Mann namens »Raul« habe ihn zum Kauf des Gewehrs und zur
Anmietung des Zimmers angestiftet, keine weitere Beachtung. Dass das FBI keinen
ballistischen Beweis dafür vorlegen konnte, dass die tödliche Kugel aus dem im Hauseingang
gefundenen Gewehr mit Rays Fingerabdrücken stammte und dass einige Augenzeugen
einen anderen Standort des Schützen als das gegenüberliegende Fenster
wahrgenommen hatten – all das half dem Verurteilten nicht. Erst 1993 kam sein
Fall wieder in die Schlagzeilen, als Loyd Jowers, ein ehemaliger Polizist und
Besitzer des dem Lorraine Motel gegenüberliegenden Grillrestaurants, der Ray
eines der darüberliegenden Gästezimmer vermietet hatte, in der TV-Sendung Prime
Time Live eine höchst brisante Aussage machte. Ein mit der Mafia
verbundener Geschäftsmann aus Memphis, Frank Liberto, habe ihm über einen
Kurier 100 000 Dollar gezahlt, um bei dem Mord zu helfen. Einen Tag zuvor sei
ihm von einem Mann namens »Raul« ein Gewehr gebracht worden. Zur Mordzeit habe
er die Hintertür seines Restaurants, die auf einen mit hohen Büschen
bestandenen Hof führt, offen gelassen. Diese Büsche waren von etlichen
Augenzeugen als der Standort des Schützen ausgemacht worden. Sie wurden am Tag
nach dem Mord von der Polizei Memphis’ entfernt. Nach dem Schuss auf King sei
das noch rauchende Gewehr an seiner Hintertür abgelegt worden, und er habe es
aufbewahrt, bis es am folgenden Tag von »Raul« abgeholt worden sei. Wer den
Schuss abgegeben habe, wisse er nicht genau, sagte Jowers, er vermute aber,
dass es der (1987 verstorbene) Earl Clark, Lieutenant des Memphis Police
Department (MPD), gewesen sei, der mit einem Kollegen, dem verdeckten
MPD-Offizier Marrell McCollough (und Mitglied der 111th Military Intelligence
Group) sowie zwei weiteren Männern, die er für Agenten der Bundespolizei hielt,
den Anschlag in seinem Restaurant besprochen hätten.
Nach diesem sensationellen
Geständnis kam das Gericht in Memphis nicht mehr umhin, ein neues Verfahren
zuzulassen. Dort berief sich Jowers, da er selbst angeklagt war, auf sein
Aussageverweigerungsrecht und wiederholte seine Aussage nicht. Der Jury wurde
die Aufnahme seines zweistündigen Geständnisses vorgespielt, die die Richter
unglaubwürdig fanden, weil Jowers sie nicht unter Eid abgegeben hatte. 12
Auch die Mainstream-Medien beeilten
sich, das sensationelle Geständnis als unglaubwürdig darzustellen – und einmal
mehr waren es die üblichen Verdächtigen, die in Artikeln und Büchern die
offizielle Version verteidigten: Priscilla Johnson McMillan, die mit Marina
and Lee schon das Oswald-Märchen melodramatisch ausgesponnen hatte – und
von der es in einem CIA-Memo heißt, dass sie »ziemlich genau die Artikel
schreiben kann, die wir wünschen« 13 –, sowie der unvermeidliche Gerald- Case Closed -Posner, der mit Killing
the Dream jeden Zweifel an einem Einzeltäter und einer magischen Kugel vom
Tisch zu wischen versuchte und das Ganze als »Küchenverschwörung« von Ray und
seinen Brüdern John und Jerry hinstellte. Jowers, so wurde in der Presse
außerdem behauptet, habe seine Aussagen erfunden, weil ihm 300 000 Dollar für
eine Hollywood-Produktion angeboten worden seien, doch weder diese Zahlung noch
gar ein Film mit/über den 2000 gestorbenen Jowers hat es je gegeben.
Stattdessen meldete sich ein
weiterer Zeuge, der die Rolle jenes Unbekannten namens »Raul« bestätigte: der
ehemalige FBI-Agent Donald G. Wilson. Er hatte einige Monate vor dem Mord
seinen Dienst im FBI-Büro Atlanta angetreten und fühlte sich dort wie schon
zuvor in seinem Ausbildungstraining äußerst unwohl – wegen des Klimas der Angst
vor Fehlern, das J. Edgar Hoover und sein Direktorat unter den jungen Agenten
verbreitete, und wegen des allfälligen Rassismus, den er unter seinen
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