JFK -Staatsstreich in Amerika
Kollegen
bemerkte. Am Tag nach der Ermordung Kings hätte in seinem Büro »eine Stimmung
von hämischer Begeisterung« geherrscht, so Wilson in einem Interview mit James
Douglass im Jahr 2000 14 ,
und er sei mit einem älteren Kollegen zu einem verdächtigen Fahrzeug – dem
überall im Land gesuchten Ford Mustang des flüchtigen James Earl Ray – gerufen
worden. Während der Kollege mit den anwesenden Polizisten redete, sei beim
Öffnen der Tür ein Briefumschlag herausgefallen, in dem ein Ausriss aus einem
Telefonbuch und ein Blatt mit Namen und Telefonnummern steckten. Darauf sei die
Nummer des FBI in Atlanta notiert gewesen, die er kannte, sowie weitere Nummern
unter anderem mit den Namen »Raul« und »H.L. Hunt«. Aus Angst, einen Fehler
gemacht zu machen – und möglicherweise einen verdeckten FBI-Agenten zu
enttarnen –, habe er das Kuvert wieder eingesteckt, seinem Kollegen nichts
davon erzählt und es nicht zu den im Auto sichergestellten Dingen gegeben.
Danach sei er mit dem Kollegen zur Observation einer in der Nähe gelegenen
Wohnung abgestellt worden, die aufgrund der Autonummer ausfindig gemacht worden
sei und die sie bis zum Ende ihrer Schicht beobachtet hätten. Als sie gegen
Mitternacht in ein nahegelegenes Lokal gegangen seien, um etwas zu essen, habe
er, Wilson, dort einen Mann gesehen, den er aufgrund der Fahndungsfotos, die
sie dabeigehabt hätten, als den gesuchten Earl James Ray erkannt habe. Er habe
dies per Funk sofort an dass FBI-Büro gemeldet und gefragt, ob er den Mann nach
einer Identifikation fragen solle. Nach einer Weile habe er die Antwort
erhalten: »Abbrechen. Kehren Sie zur Zentrale zurück.« Konsterniert habe er
seinen älteren Kollegen gefragt, was das denn solle. »Don, spiel das Spiel
mit«, habe dieser ihm geraten. Als er am folgenden Tag seinen Vorgesetzen
gefragt habe, ob er den Vorfall melden solle, habe dieser geantwortet: »Nein.
Das ist nicht notwendig. Du bist ein neuer Agent. Du wirst in eine anderes Büro
versetzt.«
Zwei Monate später wurde Earl James
Ray in London verhaftet und bekannte sich des Verbrechens schuldig. Bald darauf
kündigte Donald G. Wilson beim FBI und arbeitete seitdem als Lehrer an einer
Highschool für verhaltensauffällige Jugendliche. Die gefundenen Papiere behielt
er und erzählte dreißig Jahre niemandem davon – bis er zufällig im Fernsehen
sah, dass Martin Luther Kings Ehefrau Coretta einen Prozess gegen Loyd Jowers
und seine Mitverschwörer anstrengte. Er setzte sich mit den Kings und ihrem
Anwalt William Pepper – der auch im Fall des Sündenbocks Sirhan Sirhan ein
Wiederaufnahmeverfahren anstrengte – in Verbindung und nahm an einer
Pressekonferenz in Atlanta teil, worauf seitens des FBI und der Justizbehörden
ein Sturm über ihn hereinbrach. Die Dokumente wurden als Fälschung und er selbst
als Lügner bezeichnet, der bei der Durchsuchung des Wagens 1968 gar nicht dabei
gewesen sei. Doch die Fälscher und Lügner, das zeigte das von der Familie King
durchgesetzte Verfahren 1999, in das 70 Zeugen unter Eid und 4 000 Seiten
Transkripte eingebracht wurden, waren und sind andere. Nach nur 59 Minuten kam
die Jury in dem Zivilverfahren zu ihrem Urteil: Sie sprach der Familie die
verlangten 100 Dollar Entschädigung zu und stellte fest, dass Martin Luther
King einer »Verschwörung unter Beteiligung von Regierungsbehörden« zum Opfer
gefallen ist. 15
Die Dokumente und beeideten Aussagen
dieses Verfahrens liegen vor und lassen keine Zweifel mehr zu, dass der
eindeutige Spruch dieser Jury gerechtfertigt und auch der Mord an Martin Luther
King eine Staatsaktion war. Nicht erst seit dem von ihm 1963 organisierten
Marsch auf Washington, bei dem er vor Hundertausenden Menschen seine berühmte
»I have a dream«-Rede hielt, war der Pastor und Bürgerrechtsadvokat zu einer
Obsession des Establishments in Washington und namentlich des FBI-Direktors
Hoover geworden – zum Staatsfeind Nr. 1. Seit 1961 hatte das FBI King auf
Schritt und Tritt beschattet, seine Telefone abgehört, die Post und seine
Kontakte überwacht und ihn – Hoovers Spezialität – bei außerehelichen
Intimitäten abgehört. Robert Kennedy als Justizminister hatte diese Überwachung
anfangs absegnet, weil in Kings Stab einige Mitglieder der Kommunistischen
Partei arbeiteten. Paralysiert vom Mord an seinem Bruder kümmerte er sich
danach aber nicht mehr um die FBI-Wanzen und hätte sicher nicht akzeptiert,
dass Hoover King weiterhin rund um die Uhr abhörte – und
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