Jhereg
ihre Seele ist hier, wo wir sie uns vornehmen können, wann immer wir wollen.« Sie kicherte.
Und noch ein Schauer. Tut mir leid, aber manche Dinge erschüttern mich. »Und Morrolans Körper?«
»Ist auch im Schloß. Die Totenbeschwörerin kümmert sich um ihn und sucht einen Weg, den Zauber zu brechen. Aber es sieht nicht so gut aus, außer wir können unsere Freundin überzeugen, uns zu helfen.«
Ich nickte. »Okay, dann mal los.«
In dem Moment fiel mir plötzlich ein, daß ich, als diese Wachen hier waren, eine hochgefährliche Morgantiwaffe bei mir gehabt hatte. Wenn mir das vorhin schon eingefallen wäre, ich weiß nicht, was ich getan hätte, aber ich wäre ein ganzes Stück nervöser gewesen. Das war das erste Mal, daß ich wirklich fast mit einer erwischt worden wäre, und mit einemmal war ich sehr glücklich, daß Aliera bei mir war.
Als wir zurück im Schwarzen Schloß waren, machte mein Magen mehr als nur ein bißchen Ärger. Hätte ich in letzter Zeit was gegessen, dann wäre ich die Mahlzeit bestimmt wieder losgeworden. Für den Rest des Tages nahm ich mir vor, besonders freundlich zu meinen Innereien zu sein.
Morrolan hat hoch oben in seinem Schloß einen Turm. Es heißt, dort liegt das Zentrum eines großen Teils seiner Macht. Außer ihm ist nur wenigen der Zutritt gestattet. Mir zum Beispiel, und Aliera. Und der Totenbeschwörerin. Der Turm ist der Mittelpunkt von Morrolans Verehrung für Verra, die Dämonengöttin, der er dient. Und das meine ich wortwörtlich. Er hat ihr schon ganze Dörfer geopfert.
Im Turm ist es immer finster, nur ein paar schwarze Kerzen brennen dort. Ein einziges Fenster gibt es, das aber nicht auf den Hof unten blickt. Wenn man Glück hat, überblickt es überhaupt gar nichts. Wenn nicht, sieht man Dinge, die einen um den Verstand bringen.
Wir legten Morrolans Körper unter diesem Fenster auf den Boden. Auf dem Altar in der Mitte des Raumes lag die Zauberin, ihr Kopf etwas angehoben, so daß sie das Fenster sehen konnte. Das hatte ich vorgeschlagen. Ich hatte nicht die Absicht, das Fenster für irgendwas zu benutzen, aber wenn sie es sehen konnte, war es hilfreich für das, was wir mit ihr vorhatten.
Die Totenbeschwörerin half Aliera dabei, die Zauberin wiederzubeleben. Natürlich hätte es auch andersherum ablaufen können. Nur sehr wenige wissen mehr über den Seelentransfer und die Mysterien des Todes als die Totenbeschwörerin. Aber es war Alieras Große Waffe, also sprach sie die notwendigen Zaubereien.
Die Zauberin schlug flatternd die Lider auf, und auf ihrem Gesicht zeigten sich die gleichen Gefühle wie bei Fentor vor einer Weile, außer daß bei ihr am Ende Angst stand.
Jetzt war ich an der Reihe. Ich wollte nicht, daß sie Zeit hatte, ihre Umgebung besser als flüchtig aufzunehmen oder sich zu orientieren. Die Tatsache, daß irgend jemand sie ausgewählt hatte, um Morrolan zu töten, bedeutete, daß sie garantiert gut war, und garantiert auch hart im Nehmen. Das würde ganz und gar nicht leicht für mich werden.
Also war das erste, was sie zu sehen bekam, nachdem sie die Augen aufgeschlagen hatte, das Fenster. Momentan war es netterweise leer, aber dennoch hatte es seine Wirkung. Und noch bevor sie sich darauf einstellen konnte, sah sie mein Gesicht. Ich stand über ihr und gab mein Bestes, um unfreundlich auszusehen.
»Und«, sagte ich, »hat es dir gefallen?«
Sie antwortete nicht. Ich fragte mich, wie es sich wohl anfühlte, wenn einem die Seele weggefressen wird, also fragte ich sie. Sie antwortete noch immer nicht.
Mittlerweile mußte sie diverse Sachen aufgenommen haben – inklusive der Ketten, die sie am Altar festhielten, und der Zaubersprüche im Raum, die sie an der Anwendung von Magie hinderten.
Ich wartete noch ein bißchen, damit sie auch alles richtig begriff. »Weißt du«, plauderte ich, »Aliera hat es Spaß gemacht, dich so zu töten. Sie wollte es noch einmal tun.«
Angst. Kontrolliert.
»Ich ließ sie aber nicht«, sagte ich. »Ich wollte es selbst machen.«
Keine Reaktion.
»Alles klar, Boß?«
»Verdammt! Kann man es echt so stark sehen?«
»Nur ich.«
»Gut. Nein, nichts ist klar, aber ich kann es auch nicht ändern.«
»Vielleicht«, redete ich weiter, »ist das ein Charakterfehler bei mir, aber es macht mir einfach Spaß, eine Schlampe wie dich mit Morgantiwaffen zu erledigen.«
Wieder nichts.
»Deshalb haben wir dich zurückgeholt, weißt du?« Als ich das gesagt hatte, zog ich den Dolch, den Kragar mir
Weitere Kostenlose Bücher