Jhereg
gezogenen Waffen bereit in meinem Büro.
Ich stand wieder auf, steckte den Dolch weg und hob die Hand. »Fehlalarm«, erklärte ich, »aber gute Arbeit.«
Daymar sah sich mit mäßigem Interesse um. Unzufrieden steckte mein Empfangschef seine Waffen weg. »Der ist einfach durch unsere Teleportsperren gebrochen, als wären sie gar nicht da! Er –«
»Ich weiß. Das geht schon in Ordnung, laß mal.«
Einen Augenblick standen sie noch da, dann gingen sie achselzuckend hinaus, nicht ohne Daymar aus den Augenwinkeln zu mustern, der jetzt seinerseits erstaunt wirkte.
»Du hattest Teleportsperren oben?« sagte er. »Hab ich gar nicht bemerkt.«
»Ich hätte daran denken müssen, sie herunterzufahren. Aber egal. Danke, daß du gekommen bist.«
»Kein Problem. Was brauchst du denn?«
»Noch mehr Hilfe, alter Freund. Setz dich doch.« Ich ging mit gutem Beispiel voran und griff mir einen Stuhl. »Wie gut bist du mit Illusionen?«
Er überlegte. »Welche erzeugen, oder welche entlarven?«
»Erzeugen. Könntest du aus dem Stegreif eine gute hinkriegen?«
»Mit ›aus dem Stegreif‹ meinst du vermutlich: so schnell, daß niemand die Zwischenphasen mitbekommt, ja?«
»Genau, und außerdem nur wenig oder gar keine Aufwärmphase. Wie sieht’s damit aus?«
»Wie gut ist Kiera im Stehlen?«
»Komisch, daß du davon sprichst. Sie kommt auch – gleich, wenn ich Glück habe.«
»Oh, wirklich? Was geht denn hier vor, wenn mir die Frage gestattet ist?«
»Hmmm. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mit Erklärungen gerne warten, bis alle da sind.«
»Oh. Ich hab nichts dagegen. Dann meditiere ich einfach noch ein bißchen.« Und damit brachte er sich wieder in Schwebeposition, schloß die Augen und fing an.
Da hörte ich Loiosh ans Fenster klopfen. Ich machte auf, er flog herein und landete auf meiner rechten Schulter. Erstaunt fauchte er Daymar kurz an, dann sah er weg.
Ich setzte mich mit meiner Frau in Verbindung. »Schatz, könntest du kurz ins Büro kommen?«
»Klar. Du hast doch nicht etwa Arbeit für mich?«
»Nicht ganz, aber fast.«
»Vlad! Irgendwas ist doch!«
»Jep.«
»Was d –? Halt, wahrscheinlich willst du warten, bis ich da bin, stimmt’s? Bis gleich.«
Ich wiederholte die Prozedur bei Aliera, die ebenfalls kommen wollte. Allerdings dachte ich dieses Mal daran, erst den Schutzalarm abzustellen.
Sie sah sich um. »Das ist also dein Büro. Sieht ziemlich praktisch aus.«
»Danke. Nicht sehr groß, aber es paßt zu meinem bescheidenen Lebensstil.«
»Ah ja.«
Dann bemerkte sie Daymar, der immer noch in etwa einem Meter Höhe schwebte. Sie verdrehte die Augen, fast so, wie Cawti es tun würde. Daymar öffnete seine und stand auf.
»Hallo, Aliera«, sagte er.
»Hallo, Daymar. Und, hast du in letzter Zeit mal wieder irgendwelchen Tecklas im Gehirn rumgewühlt?«
»Nein«, antwortete er ernst, »warum, kennst du einen, wo ich es für dich machen soll?«
»Im Augenblick nicht«, sagte sie. »Frag mich doch im nächsten Zyklus nochmal.«
»Mach ich.«
Wahrscheinlich würde er das sogar wirklich tun, wenn die beiden dann noch am Leben waren.
In dem Moment traf Cawti ein, gerade rechtzeitig, um eine Eskalation zwischen Hawk und Dragon zu verhindern. Sie begrüßte Aliera herzlich, und beide verschwanden fröhlich lächelnd in einer Ecke und tratschten. In den vergangenen Monaten hatte sich zwischen ihnen eine enge Freundschaft entwickelt, da beide mit Lady Norathar befreundet waren. Zur Erinnerung, Norathar war erst Dragon, dann Jhereg, dann Dragon und früher Cawtis Partnerin gewesen. Aliera hatte dann dafür gesorgt, daß Norathar ihre rechtmäßige Stellung als Dragonlady wiedererhalten hatte. Mit mir, aber das nur nebenbei. Das ist eine andere Geschichte.
Da fiel mir auf, daß Norathar auch zu denen gehörte, die bei dieser Sache zwischen zwei Stühlen saßen. Ihre beiden besten Freundinnen würden sich gegenseitig umbringen müssen, und sie war beiden verpflichtet. Ich wischte den Gedanken fort. Wir kamen hier zusammen, um zu verhindern, daß sie sich entscheiden mußte.
Kurz darauf traf Kiera ein, danach Kragar. Er reichte mir einen großen Geldbeutel, den ich direkt an Kiera weitergab.
»Noch ein Auftrag, Vlad? Ich sollte dir meine Fähigkeiten beibringen. Du könntest eine Menge Zeit und Geld sparen, wenn du es selber machen würdest.«
»Kiera«, sagte ich, »der Tag hat nicht genug Stunden, daß ich deine Kunst erlernen könnte. Außerdem hat mein Großvater was gegen
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