Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
andere Ende der Schlucht erreicht. Unter den Reisenden breitete sich der »Tausend-Wunder-Wald« in all seiner blühenden, farbenprächtigen Herrlichkeit aus. Dann kam deutlich sichtbar die mandalanische Mauer, die sich wie ein dünnes rotes Band über die Hügel zog. Dahinter begann das Land Mandala mit seinen Äckern, Straßen, Flüssen und geschwungenen Brücken. Da und dort lagen kleine Seen wie glänzende Spiegel.
Lukas ließ das »Perpetumobil« vorsichtshalber noch ein wenig höher steigen, denn nun kamen die goldenen Dächer von Ping in Sicht. Kurze Zeit später flog das »Perpetumobil« mit Pfeilgeschwindigkeit über den Ozean dahin. Nach einer Weile bemerkten die beiden Freunde, dass die Wogen dort unten immer höher und wilder wurden und das Wasser ein immer schwärzeres und unheimlicheres Aussehen annahm.
»Wir haben das Barbarische Meer erreicht«, rief Lukas seinem kleinen Freund zu.
»Wir sind auf dem genau richtigen Kurs.«
Und richtig - kaum eine halbe Stunde später entdeckte Jim ganz in der Ferne zwei winzige schwarze Punkte im Meer. Sie hielten darauf zu, die Punkte vergrößerten sich rasch: Es waren die Magnetfelsen! Lukas ließ Emma eine große Schleife über den Klippen beschreiben, dann verringerte er durch geschicktes An- und Abstellen der Magnetvorrichtung langsam die Höhe, bis die Lokomotive schließlich mit einer schäumenden Bugwelle auf den tosenden Wogen aufsetzte, ungefähr fünfhundert Meter von den Klippen entfernt.
»Das hätten wir prächtig geschafft, alter Junge«, sagte Lukas und zwinkerte Jim vergnügt zu.
»Hallo, da seid ihr ja endlich!«, rief plötzlich ein zartes Stimmchen aus den Wellen. Es war Sursulapitschi, die neben der Lokomotive auftauchte. »Wo wart ihr denn nur so lang, ihr beiden? Wir warten schon den ganzen Tag auf euch.«
»Das könnten wir ebenso gut fragen, kleine Dame«, erwiderte Lukas freundlich, »wir haben gestern lange auf Sie gewartet, aber als Sie nicht zurückgekommen sind, da haben Jim und ich schnell eine Erfindung gemacht und mit unserer Erfindung haben wir zwei Freunde von uns abgeholt.«
»Ach so«, sagte die Meerprinzessin, »dann ist es etwas anderes. Und wisst ihr, warum ich nicht rechtzeitig zurückgekommen bin?« »Vielleicht, weil Sie es vergessen haben«, meinte Lukas.
»Falsch!«, rief Sursulapitschi lustig.
»Vielleicht«, warf Jim ein, »weil Sie solange auf dem Ball getanzt haben.«
»Auch falsch!«, antwortete die Meerprinzessin und lachte plätschernd.
»Na, dann können wir's wohl nicht raten«, sagte Lukas.
»Denkt euch nur«, jubelte Sursulapitschi, »ich habe auf dem Ball jemanden getroffen, der meinen Bräutigam Uschaurischuum gesehen hatte. Und zwar auf dem Meeresgrund in der Saphir-See. Ich schwamm sofort dorthin und suchte jeden Winkel ab und richtig, drei Seemeilen südlich vom Blauen Korallenwald, mitten auf einer Wiese von Luftperlenblüten, fand ich ihn.«
»Na«, schmunzelte Lukas, »das hat aber sicher eine Begrüßung gegeben!«
»Und dann«, plapperte die kleine Meerprinzessin glücklich, »dann habe ich meine Seeschimmel einfach an seinem Panzer festgemacht und wir sind hierher gebraust. Und da sind wir nun!«
»Ich seh ihn aber gar nicht«, sagte Jim.
»Ja, wo ist er«, fragte Lukas, »dass man ihm die Hand schütteln kann?«
»Er wird gleich auftauchen«, meinte Sursulapitschi, »er ist eben ein Schildnöck und bewegt sich ein bisschen langsam. Als wir eure Kolomodingsda auf uns zufliegen sahen, da sind wir zusammen getaucht und nun - ah, da kommt er schon nach oben! Schaut nur, ist er nicht wunderbar elegant?«
An der Wasseroberfläche erschien ein Wesen von höchst sonderbarem Aussehen. Auf den ersten Blick konnte man es für eine große Wasserschildkröte halten. Sein Panzer war türkisgrün und mit goldenen Mustern bedeckt. Die Haut seiner Glieder war lila
und zwischen den Fingern und Zehen wuchsen Schwimmhäute. Sein Gesicht war durchaus menschlich und sogar sehr wohlgestaltet. Haare hatte der Schildnöck zwar keine, dafür auf der Oberlippe einen langen dünnen Schnurrbart. Das Schönste an ihm waren aber seine Augen, die durch eine große goldene Brille blickten. Es waren Augen von wunderbarem Veilchenblau und ihr Ausdruck war ruhig und ernst, sogar ein wenig traurig.
»Seid mir gegrüßt!«, sagte der Schildnöck langsam und mit einem eigenartigen singenden Tonfall. »Viel habe ich schon von euch vernommen und schätze mich glücklich euch kennenzulernen.«
»Ganz
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