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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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könnte ich ihn belangen. Ich sollte es, verdammt noch mal, sogar.«
    Vielleicht ist es nicht fair, aber ich denke: Du hättest deinem Vater nicht zu erzählen brauchen, dass es Dad war, der dich geschlagen hat, Brian.
    »Hör zu, es tut mir leid, dass Brian verletzt worden ist.«
    Mams Stimme klingt schroff, als sie aufsteht, um Starsky in die Augen zu schauen. Sie ist fast so groß wie er. Er rollt die Schultern und macht sich ein paar Zentimeter größer, aber er scheint sich nicht sicher zu sein, dass das reicht.
    »Er war sehr gut zu Jimmy, dafür sind wir sehr dankbar«, sagt Mam. »Ich wollte, es wäre nicht passiert, aber es ist nun mal passiert. Was soll ich sonst sagen?«
    »Was du sagen sollst?« Starsky schüttelt den Kopf, und seine bauschigen Haare bewegen sich wie in Zeitlupe. »Ich reiß mir da draußen den Arsch auf, um den jungen Healyaus dem Verkehr zu ziehen und seinen Alten wegen Drogenhandels dranzukriegen, und das ist der Dank?«
    »Niemand verlangt von dir, dass du Clem aus dem Verkehr ziehst«, sagt sie.
    Niemand stimmt nicht, Mam, denke ich.
    Starsky macht einen Schritt zur Seite, dreht sich ein Mal um sich selbst und kommt zurück.
    »Gibt’s keinen Platz, wo Jimmy hinkann?«, fragt er. »Eine betreute Wohngemeinschaft oder so was. Bis er wieder klarkommt, meine ich. Vorübergehend.«
    Mam reckt das Kinn, und die Sehnen an ihrem Hals spannen sich. Judys hauteur mal zehn.
    »Doch, so was gibt’s«, sagt sie, und da ist wieder dieser zynische Ton. »Ich kann ihn zum Beispiel in ein Altersheim stecken, zu Leuten, die doppelt so alt sind wie er. Oder noch besser: Ich kann ihn in der Psychiatrie wegschließen lassen. Was meinst du?«
    »Es muss auch noch was anderes geben«, sagt Starsky, aber was immer das ist, es muss ihm gerade entfallen sein. Es geht ihm wie mir.
    Starsky geht wieder ein paar Schritte. Es ist, als müsste er seinen Körper bewegen, um sein Gehirn in Schwung zu bringen.
    »Wir wollten morgen nach Dublin, ein Zimmer für Brian suchen«, sagt er. »Was, wenn es jetzt Komplikationen gibt? Was, wenn er gar nicht mit dem College anfangen kann? Wie soll ich das Mary beibringen? Die tickt aus.«
    Ich kenne Brians Mutter nicht, aber Jill, die in derselben Straße wohnt, sagt, sie ist nett, obwohl die meisten in der Nachbarschaft sie für ein bisschen eingebildet halten.
    »Himmel noch mal, Judy«, fleht er fast. »Was soll ichdenn machen? So tun, als wäre das nie passiert? Und wenn es wieder passiert, oder sogar was Schlimmeres, drück ich dann wieder beide Augen zu? Irgendwann wird noch jemand richtig verletzt. Das geht nicht.«
    »Es wird nicht wieder passieren«, sagt Mam, und er hebt verzweifelt die Hände.
    »Du kannst nicht vierundzwanzig Stunden am Tag auf ihn aufpassen, Judy.«
    Starsky entfernt sich in Richtung Rezeption, und ich spitze die Ohren, obwohl ich so tue, als täte ich es nicht. Ein paar Worte kann ich verstehen. Über Nacht. Zimmer 310. Während die Schwester ihn in einen Flur zu unserer Linken schickt, kommt eine Gruppe betrunkener Jungs lärmend durch die Eingangstür. Der kalte Schauer, den ich spüre, kommt nicht von der kühlen Brise, die durch den Warteraum weht. Ich schiele zu den Jungs hin, aber Clem Healy ist nicht unter ihnen, so wenig wie sein Bruder. Einer von ihnen hat einen blutenden Riss über dem Auge. Ein anderer wird von zweien seiner Kumpel halb vorwärtsgeschoben, halb getragen. Das Aggressive in ihren Stimmen lässt nach, als sie Starsky entdecken, der sie im Weggehen verächtlich mustert.
    Wie wir anderen hören sie von der Schwester an der Rezeption, dass sie warten müssen. Anders als wir anderen wollen sie das nicht akzeptieren. Nur dass Starsky sich im selben Gebäude aufhält, lässt sie ihren Frust für sich behalten. Als sie sich ein paar Stuhlreihen hinter uns setzen, bekomme ich mit, was ihr Problem ist: Bis sie hier fertig sind, haben die Pubs geschlossen. Als die Erinnerung an Starsky aus ihren benebelten Gehirnen schwindet, beginnen sie laut und dumm zu krakeelen.
    »Beschissenes Gesundheitssystem!«
    »Sie gehören alle an die Wand gestellt und abgeknallt, die ganzen Politiker, alle!«
    »Genau. Abgeknallt und rausgeschmissen, alle!«
    »Obwohl sie schon tot sind?«
    »Wie?«
    »Wenn du sie abgeknallt hast, brauchst du sie doch nicht mehr rauszuschmeißen.«
    »Dann eben erst rausschmeißen und dann abknallen.«
    »Mein Knöchel tut scheißweh.«
    »Halt’s Maul, Skinner! Also sag: Warum willst du sie rausschmeißen, wenn du

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