Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
Vom Netzwerk:

    »Du siehst aus, als wär dir kalt«, sagt er. »Komm rein!«
    Ich versuche ein Lächeln, das sich so falsch anfühlt, wie es ist. Ich gehe an ihm vorbei, und er schließt die Tür hinter mir. Wie soll er dich begehren wollen, wenn du ihn anschweigst, Eala? , fragt Angie. Der Eingangsbereich des Hauses ist von oben bis unten geblümt: große Blüten auf den Relieftapeten, kleinere im Muster des Teppichs, selbst in den Garderobenspiegel ist eine riesige Tulpe eingeätzt. Und hinter mir steht Brian und schaut mir über die Schulter hinweg in die Augen. Er ist verwirrt. Es ist Zeit, zur Sache zu kommen.
    »Deine Mutter hat’s mit Blumen?«, sage ich und muss dabei lachen.
    Nicht witzig. Eala!
    »Ja.«
    Ich öffne den Rucksack und hole den Wodka heraus.
    »Hast du was, womit man das hier mischen kann?«
    Erst jetzt fällt mir auf, wie blutunterlaufen und geschwollen seine Augen sind. Er hat ein Papiertaschentuch in der Hand und rubbelt sich damit die Nase. Wie romantisch ist das denn?
    »Klar«, sagt er verschnupft und mit einem Gesicht, als wäre ihm die eigene Stimme zu laut. »Ich kann nur nichtmittrinken. Antibiotika – ich hab eine Nebenhöhlenentzündung.«
    »Ein Drink wird dich aber nicht umbringen?«
    »Hoffentlich nicht. Ist Orangensaft okay?«
    »Wenn du kein Red Bull dahast ...«
    »Ich glaub, das wär keine so gute …«
    »Das war ein Witz, Brian. Entspann dich!«
    Er niest ins Taschentuch, und als er die Nase wieder sauber gerubbelt hat, sieht er aus wie Rudolf, das Rentier. Die Blumen überall machen mir Kopfweh. Gerade beginnen sie sich wie in einer leichten Brise zu bewegen.
    »Wollen wir hier übernachten?«, frage ich.
    »’türlich nicht«, sagt er. »Sorry, ich bin nicht ganz auf der Höhe. Komm mit ins Wohnzimmer, ich hab den Kamin an.«
    Noch mehr Blumen, an den Wänden, auf den Teppichen und Vorhängen, die Polstermöbel sind geblümt, und in einer Kristallvase auf dem Kaminsims stehen sogar echte Lilien mit weit offenen Mäulern. Ihre orangenen Staubgefäße hat man entfernt. Nichts in dem Haus ist unaufgeräumt oder schmutzig. Es läuft Musik, irgendwas Ernstes, Singer/Songwritermäßiges. In einem Ständer neben dem großen Flachbildfernseher steht eine Akustikgitarre.
    »Du hast mir nie erzählt, dass du Gitarre spielst.«
    »Spiel ich auch nicht. Die gehört meinem Vater.« Ein peinliches Geständnis, das ihm sofort leidtut, weil ich es so witzig finde. Ich wollte, ich wäre nicht so aufgekratzt.
    »Aber er ist keiner von den traurigen alten Typen, die ihre Elvisnummern ins Netz stellen?«
    »Er ist auf You Tube«, sagt Brian und setzt sich in einen der beiden Sessel statt mit mir aufs Sofa, wie ich es erwartethatte. Ich bleibe stehen. »Mit ein paar Johnny-Cash-Songs. Ziemlich schlecht. – Ich hol den Orangensaft.«
    Er steht auf und verschwindet. Lässt mich mit meinem Rucksack und der Flasche allein. Toller Gastgeber , sagt Angie . So wie ich mit meinen Sticheleien gegen seine Eltern ein toller Gast bin, denke ich.
    Ich stelle den Rucksack aufs Sofa und nehme einen schnellen Schluck aus der Flasche. Und weil Zeit dafür ist, noch einen zweiten. Als Brian wieder auftaucht, spüre ich den Wodka gerade in meinem Magen ankommen und muss ein paarmal schlucken, damit er mir nicht wieder hochkommt. Ich setze mich, bevor ich umfalle. Ich lehne meinen Kopf weit hinten gegen die geblümte Sofalehne und lasse einen leichten Schwindel vorübergehen, bevor ich wieder die Augen öffne.
    Brian sitzt mir gegenüber im Sessel, vor uns auf dem Sofatisch stehen zwei Gläser und zwei Flaschen. Ich weiß weder wie er in den Sessel noch wie die Gläser und Flaschen auf den Tisch gekommen sind. Ich setze mich auf und versuche, mich normal zu benehmen. Mein Fuß beginnt den Rhythmus der Musik zu klopfen, und ich muss hinsehen, um ihn zu stoppen. Noch eine Tablette würde vielleicht helfen.
    »Hast du was zum Knabbern?«, frage ich.
    »Klar. Aber ich kann dir auch Pommes machen oder so was.«
    »Nein, was zum Knabbern ist okay.«
    Er ist so erleichtert, wie ich es bin, dass er noch mal in die Küche verschwindet. Ich krame im Rucksack nach einer Tablette und huste, um das Knacken der Folie zu übertönen, als ich sie aus der Verpackung drücke. Mit einemSchluck Orangensaft spüle ich sie hinunter. Es ist ein Sirup zum Verdünnen, und er ist so süß und konzentriert, dass ich ihn fast über den Sofatisch spucke. Als Brian zurückkommt, mische ich gerade die Drinks.
    »Wir haben nur Chips mit

Weitere Kostenlose Bücher