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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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Tipperary-A-Jugend-Liga durch, das sie früher am Nachmittag gewonnen haben. Sein erstes Spiel seit Monaten. Sie machen Boden auf den Tabellenführer gut. Es sind fünf Punkte Rückstand bei zwei noch ausstehenden Spielen. Das heute haben sie mit einem Tor in der letzten Spielminute gewonnen.
    »… aber Brian sprintet dazwischen, spielt den Torhüter aus, und wir haben drei Punkte.«
    Sean eben. Sensibel wie eine Bulldogge.
    »Tom ist an der Seitenline rumgesprungen und hat Löcher in die Luft geboxt wie nicht ganz bei Trost. Es war toll, wieder mitzuspielen. Mir war gar nicht klar, wie sehr mir das gefehlt hat.«
    »Das soll jetzt nicht zufällig ein Gleichnis sein, oder so?«
    Sean hievt seine müden Glieder in eine aufrechte Position und schaut seiner rätselhaften Schwester in die Augen. Wir müssen dringend über Mam reden und über das Geheimnis, von dem sie noch nichts weiß, aber ich bringe esnoch nicht fertig, davon anzufangen. Es ist, als stünde ich schon in voller Montur auf dem Basketballfeld und wäre so nervös, dass ich mir wünschte, es würde noch nicht angepfiffen.
    »Seh ich wie Jesus aus?«, sagt er. »Wieso Gleichnis?«
    »Dass ich zum Beispiel endlich aufstehen soll und aufhören, Trübsal zu blasen?«
    »He, entspann dich! Ich hab vom Spiel gegen Saint Michael’s erzählt. Was ein Gleichnis ist, würde ich nicht mal erkennen, wenn ich mich aus Versehen draufsetze.«
    Auf einmal komme ich mir kindisch vor. Als wir noch Kinder waren, versuchte ich manchmal einen kleinen schmutzigen Trick und haute ihm mit meiner knochigen Faust seitlich gegen den Oberschenkel. Es muss ziemlich wehgetan haben, und jetzt versuche ich es wieder. Er schreit auf.
    »Au! Mensch, die tun so schon genug weh.«
    Er verzieht das Gesicht und lacht, dann besinnt er sich auf seinen eigenen alten Trick und will mir das Ohr verdrehen. Ich ducke mich unter die Bettdecke, er folgt mir, und ich komme wieder unter der Decke vor. Er kommt mir nach, ich ducke mich wieder, und immer so weiter, der totale Quatsch, aber wir können nicht mehr aufhören, bis wir beide auf dem Rücken liegen und uns vor Lachen nicht mehr einkriegen. Aber als ich irgendwann wieder den Kopf hebe, setzt sich Sean auf und wird ganz ernst.
    »Da ist was, was ich dir erzählen möchte, Eala.« Er kann sich offensichtlich nicht entscheiden, ob er auf dem Bett sitzen bleiben oder lieber im Zimmer herumlaufen soll. »Es hat mit … mit Win zu tun.«
    »Lass, Sean!«
    »Nein, es ist wichtig«, sagt er. »Also, Win hat ihren Eltern jetzt gesagt, wer der Vater ihres Kindes ist: der Typ, der das Altenheim leitet, in dem sie gearbeitet hat. Er ist verheiratet und hat Kinder. War verheiratet …«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Von Brian«, sagt er. Dann untersucht er eine Schürfwunde an seinem Schienbein, und ich zucke zusammen, als er seine Trainingshose hochschiebt und ich sehe, wie hässlich die Wunde ist. Ihm scheint sie aber nicht viel auszumachen. »Er hat mir auch von der verbotenen Spritztour mit Sham Healy erzählt.«
    »Und du kannst ihm das verzeihen?«
    Er zuckt mit den Achseln und steht auf. Auf dem Weg zur Tür hinkt er erst ein bisschen, aber nach ein paar Schritten geht er wieder normal.
    »Ich erzähl’s dir nur. Übrigens ist er immer noch interessiert, wenn du’s auch bist.«
    »Nichts, was Brian sagt oder tut, kann wiedergutmachen, was mit Dad passiert ist.«
    Er steht in der Tür, aber etwas hält ihn davon ab zu gehen. Er wirft nur einen schnellen Blick auf den Flur und die Treppe. Seine Hände sind tief in den Taschen seiner blauen Trainingshose vergraben. Erst jetzt fällt mir auf, dass er einen von Dads Trainingsanzügen der französischen Nationalmannschaft trägt.
    »Ich nenn ihn nicht mehr Dad, nicht mal, wenn ich an ihn denke«, sagt er. »Ich nenn ihn Jimmy.«
    »Seit wann?«
    »Gestern Abend war ich bei Martin. Fiona war auch da. Sie ist mehr oder weniger bei ihm eingezogen. Na ja, wir haben eben über alles gequatscht.«
    »Und sie hat dir gesagt, dass du ihn nicht mehr Dad nennen sollst?«
    »Nein, so war’s nicht. Sie hat über Leute geredet, mit denen sie schon zu tun hatte und denen was Ähnliches passiert war wie uns. Sie hat was gesagt, das echt ins Schwarze getroffen hat, finde ich. Sie sagt, solche Leute kriegen die Sache mit ihrem Vater oder wem auch immer erst auf die Reihe, wenn sie diesen Menschen anders sehen, irgendwie so, als wäre er ein lang verschollener Onkel oder ein Cousin, den sie noch nie getroffen haben

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