Jinx und der magische Urwald (German Edition)
Quere kommen kann«, sagte Elfwyn nachdenklich.
»Er hält doch jeden Tag sein Mittagsschläfchen«, sagte Reven.
»Eine halbe Stunde«, sagte Elfwyn. »Das reicht nicht, um die Brücke aufzubauen.«
»Und die Flaschen zu holen«, sagte Jinx.
Die beiden schauten ihn an. »Wenn wir die Flaschen mitnehmen«, sagte er, »kann der Knochenmeister ihre Macht nicht mehr nutzen. Jedenfalls, wenn wir sie weit genug wegschaffen.«
»Das ist gut. Dann kann er uns keine weiteren Stürme auf den Hals hetzen«, sagte Reven.
»Ich halte es nicht für möglich, dass er den Sturm verursacht hat«, sagt Jinx. »Aber so oder so hat er dann keine Macht mehr.«
»Außerdem sind das
Menschen
in den Flaschen«, sagte Elfwyn. »Selbst wenn sie tot sind.«
»Ja«, sagte Jinx. Er dachte daran, wie sich die Macht angefühlt hatte, aus der er beim Öffnen der Tür geschöpft hatte. Diese Macht hatte was an sich gehabt – nicht direkt etwas Lebendiges, aber doch etwas Echtes, und es war nicht richtig, dass sie im Dunkeln eingesperrt sein und dem Knochenmeister dienen sollte.
»Gut«, sagte Reven. »Wenn der Knochenmeister morgen Mittag sein Schläfchen hält, kümmere ich mich um die Brücke. In der Zeit holt ihr beide die Flaschen.«
»Das dauert aber länger als eine halbe Stunde«, sagte Jinx.
Sie überlegten eine Weile.
»Du könntest die Klippe runterklettern, bevor er sich hinlegt«, sagte Jinx. »Er wird keinen Verdacht schöpfen, weil du ja immer auf Erkundungstour bist. Wenn er sich dann schlafen legt, nehme ich die Brücke aus dem Kästchen, befestige sie an den oberen Pfeilern und werfe den restlichen Teil der Brücke über die Klippe …« Er verstummte, weil ihm übel wurde.
»Vielleicht ist es besser, wenn die holde Jungfer das übernimmt.«
»Und du holst währenddessen die Flaschen, Jinx«, sagte Elfwyn.
»Ich habe immer noch das Gefühl, dass es länger als eine halbe Stunde dauert«, sagte Jinx.
»Das macht nichts«, sagte Elfwyn. »Wegen des Schlummertrunks, den ich ihm vor seinem Nickerchen bringe.«
»Du willst ihn vergiften?« Trotz der Totenköpfe und obwohl der Knochenmeister ihn so oft geschlagen hatte, war Jinx bei dem Gedanken ein wenig unwohl.
»Nein, ich bringe ihm nur einen Zaubertrank, mit dem er etwas länger schläft.«
»Du weißt, wie man einen Schlaftrank braut?«
»Nicht direkt. Aber in einem seiner Bücher hab ich ein Rezept gefunden. Und du kannst mir bestimmt helfen, es richtig zu verstehen.«
»Das müssen wir heute Nacht machen«, sagte Jinx.
Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.
Um Mitternacht mischten sie den Schlaftrank. Als sie die Treppe hinunterschlichen, war es im Schloss ganz still.
Reven blieb im Saal, er versteckte sich in den Schatten und hielt Wache. Sobald er den Knochenmeister hörte oder sah, wollte er sie warnen. Was würden sie dann tun? Sie wussten es nicht.
Abgesehen von der Tür führte kein Weg aus dem Labor des Knochenmeisters heraus.
»Wir könnten uns im Keller bei den Flaschen verstecken«, sagte Elfwyn.
Aber keinem von ihnen gefiel diese Vorstellung.
»Als Erstes brauchen wir so viel Drachenblut, wie in ein Hühnerei passt«, sagte Elfwyn, während sie in das Buch schaute. »Vermischt mit Nixenaugäpfeln – oh, das ist aber eklig!«
»Es werden nur Augäpfel von Nixen verkauft, die schon gestorben sind«, sagte Jinx und stieg die Trittleiter hoch, um einen Krug zu holen. »Auf natürliche Weise. Oder wie auch immer.«
Es kam im Urwald nicht häufig vor, dass jemand eines natürlichen Todes starb.
»Die Drachen auch?«, fragte Elfwyn.
»Die Drachen sind nicht tot. Man macht ihnen nur einen kleinen Ritz in den Unterbauch und …«
»Wer macht das?«
»Ich weiß nicht, ich glaube, die Drachen machen es selbst.«
»Sie verkaufen ihr eigenes Blut?«, fragte Elfwyn.
»Warum nicht? Ist doch
ihr
Blut.« Jinx holte die anderen Krüge herunter, einen nach dem anderen: geriebene Greifkralle, Fledermausflügel, Werbärhaare und trockenes Laub der Nachtblütenwinde.
Elfwyn erhitzte das Drachenblut bereits in einem Reagenzglas über einer brennenden Kerze. Die Nixenaugen und die Windenblätter zerstieß sie in einem Mörser. Jinx lehnte sich an die Werkbank und schaute zu. Er fand es ungerecht, dass sie das alles viel besser konnte, wo er doch sein halbes Leben im Haus eines Zauberers verbracht hatte. Er musste zugeben, dass sie sehr geschickt und gewissenhaft arbeitete.
»Achtest du darauf, ob du Reven hörst?«, fragte Elfwyn.
»Ja«, sagte Jinx,
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