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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Fragen bedrängen. Dann könnte ich mir bewusst machen, dass ich eine Gefangene bin. Wenn ich auch nur etwas Stolz hätte, würde ich nicht in dein Bett krabbeln und die Hure spielen.«
    Eine mächtige Stille brach herein wie ein gewaltiger Blitz. Knisternde Spannung lag in der Luft. Sie spürte seinen Zorn wie glühende Funken auf ihrer Haut. »Ist es das, was du tust? Mir die Hure vorspielen?«
    Sie sah ihn nicht an. »Man hat mir beigebracht, mich so zu verhalten, wenn ich in Gefangenschaft gerate.«
    Der Mann, der sie von oben anschaute, war von Kopf bis Fuß Grey, nicht die Spur Robert. »Die Gefangene und ihr Wärter? Wenn wir nur das sind, versuchen wir es doch mal mit ein paar unangenehmen Fragen. Erzähl mir etwas von den Albion-Plänen. Wer hat sie dir gegeben? Ah. Beinahe perfekt. Jetzt machst du ein überraschtes und beleidigtes Gesicht. Sehr gut.«
    Ein Frösteln überfiel sie, weil er böse auf sie und ein Mensch war, dem sie nichts vormachen konnte. Sie besaß in der Tat nichts Eigenes mehr, nur noch ihre Lügen und Täuschungen. Sie befestigte ihr Strumpfband und die Strümpfe daran. »Ich habe diese Pläne noch nie zu Gesicht bekommen, von denen jeder so versessen glaubt, dass ich sie mit mir herumschleppe wie eine Katzenmutter ihre Babys. Ich weiß nicht, warum – «
    »Du hast sie im Kopf.«
    Die Kälte schnappte zu und ließ ihr Herz erstarren. Sie war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Das kann er nicht wissen. Er kann es nicht. Niemand weiß etwas davon. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    »Jede Seite, jede Aufstellung, jede Karte. Sie sind alle dort in deinem Gedächtnis und behaupten sich gegen Racine, Voltaire und Tacitus. Deshalb wird Leblanc sie auch niemals finden. Er hat keine Ahnung, wo er suchen soll.«
    Sie schlüpfte langsam in die Schuhe, die er ihr von irgendwoher mitgebracht hatte. Sie durfte nicht aufhören, sich zu bewegen. Ihr Gehirn wollte einfach nicht arbeiten, nicht das kleinste bisschen. Er weiß es. Er weiß davon. Wie kann er das nur wissen?
    Er musterte sie abwartend. »Ich wollte dir nicht so zusetzen.«
    Du hast schon in Gewehrläufe geblickt. Du hast den Preußen direkt unter ihrer Nase weg Eilbotschaften von höchster Stelle geklaut. Du bist das Füchschen. Sitz hier nicht herum wie ein Idiot, der kein Wort herausbringt . Sie hatte es ihrer großen inneren Stärke zu verdanken, dass sie es schaffte, mit den Achseln zu zucken. »Du stellst Behauptungen auf. Schlampige Arbeit. Zudem ist es eine sehr dumme Behauptung.«
    »Was gedenkst du mit den Plänen zu machen, Annique? Am Strand stehen und winken, wenn die französische Flotte einläuft? Du weißt natürlich, wo sie anlanden.«
    Ihr Mund war wie ausgetrocknet. »Ich sage ja nicht, dass ich überhaupt nichts weiß, schließlich bin ich eine unvergleichlich intelligente Frau, aber ich weiß ganz sicher nichts von Invasionen. Du hast dich da in irgendeinen Unsinn verrannt.«
    »Du hasst Bonaparte. Wahrscheinlich seit der Vendée. Du bist nach England gekommen, um den Einmarsch zu verhindern. Weil du wusstest, was geschehen würde, bist du blind und allein von Marseille aus losgelaufen.«
    »Ich wiederhole, dass ich nichts von diesen Plänen weiß. Ich bin eine loyale Französin.«
    Für eine Weile ließ er das so zwischen ihnen stehen, ehe er freundlich sagte: »Wenn dir am Ende nichts anderes mehr übrig bleibt, wirst du mir die Albion-Pläne verraten. Etwas anderes kannst du mit ihnen nicht machen.«
    Irgendetwas in ihr bekam Risse und fing an zu bröckeln. Ihr Mut vielleicht. Grey wusste es. Er hatte viele, kleine Einzelteile zusammengesetzt – Leblancs Heimtücke und ihre unbedachten Worte – , und ihm entging nichts. Einmal schnuppern, und er wusste, was es zum Essen gab. Das Geheimnis ihres Gedächtnisses. Die Wahl, vor die sie gestellt war und die ihr so viel Kopfzerbrechen bereitete. Die Entscheidung, die sie treffen musste. Er wusste bereits, wofür sie sich entscheiden würde. Er war einer der ganz großen Spione, vom gleichen Kaliber wie ein Soulier und ein Vauban.
    Er konnte förmlich zusehen, wie ihr Mut sank. Ihm entging nichts von dem, was sich in ihr abspielte.
    »Verdammt.« Und wieder ging er zu ihr, zog sie hoch und hielt sie fest. »Jetzt habe ich dir Angst gemacht. Dabei habe ich mir geschworen, das nie wieder zu tun.« Ihre Wange lag eng an seiner Brokatweste, als er sie an sich drückte und mit stählernen Armen hielt. »Wir werden reden. Nur reden. Ich werde dich nicht dazu verleiten,

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