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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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der Stelle, wo Grey sie hielt, kalt an. Sie fragte sich, ob sie vielleicht ohnmächtig werden würde.
    »Hat sie heute überhaupt schon etwas zu essen bekommen?« Galba blickte Grey an. Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort. »Wie dumm von mir, das zu fragen. Natürlich hast du dafür gesorgt, bei dem, was sie erwartete.« Er wiederholte die ungeduldige Geste. »Aber du hast ihr nicht die Möglichkeit gegeben, sich zu waschen, oder ihr anständige Kleidung besorgt. Nimm sie mit, damit sie sich beruhigen kann. In diesem Zustand kann sie ja nicht denken, und ich kann mich nicht konzentrieren, wenn sie so aussieht.« Unter buschigen, weißen Brauen hervor wurde sie von stechend blauen Augen gemustert. »Mademoiselle Villiers, wir werden von weiteren ernsten Gesprächen absehen, bis Ihr Eure innere Ruhe wiedergefunden habt. Bis heute Abend oder vielleicht sogar morgen. Ihr braucht viel Zeit zum Nachdenken.«
    Sie saß unbeweglich und wie betäubt da, bis Grey sie sich unter den Arm klemmte und ihr hochhalf.
    »Eins noch … « Galbas Tonfall war jetzt ernst. Er schob das Tintenfass einen Finger breit nach links und starrte es mit zusammengepressten und an den Ecken verzogenen Lippen an, als hätte es viele Hoffnungen zerstört. »Wir haben zwar vom Tod Eurer Mutter gehört, aber nicht, wie es passierte. Wollt Ihr mir davon erzählen?«
    Schmerz peinigte sie wie ein schriller, kalter Glockenschlag. Auch nach Wochen schmerzte es noch unendlich, an den Tod ihrer Mutter zu denken. »Ihre Kutsche ist von den Klippen gestürzt. Ins Meer. Man hat sie nicht gefunden.« Maman, die so viel riskiert hatte und so vielen Gefahren entkommen war, hatte sterben müssen, weil so ein dummer Stein vom Kamm eines Hügels heruntergerollt war. Was für ein sinnloser Tod. Es war eine Ironie der Götter. »In der Nähe von Marseille.«
    »Und Ihr seid sicher, dass sie tot ist? Ohne Zweifel?«
    Sie nickte.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte Galba leise. »Geht jetzt. Wir reden später.«
    Grey führte sie hinaus. Adrians gequälter Blick folgte ihnen, aber Galba blieb sitzen und starrte wie versteinert und regungslos auf das Buch in seinen Händen.
    Es war Robert, der neben ihr durch den Saal ging und die Tür zur Treppe ins Untergeschoss öffnete. Es war auch Robert, der sie mit demselben, wohlbekannten Blick beruhigend anlächelte, als wäre alles in bester Ordnung. Doch es waren Greys Hände, die sie den ganzen Weg über festhielten.

23
    Wenn man vorhatte, unangenehme Dinge mit Leuten zu veranstalten, ohne dass es jemand mitbekam, so dachte Annique, waren Keller der einzig logische Ort dafür. Daher war es auch keineswegs überraschend, dass Grey sie in einen brachte. Er war weder feucht noch unheilvoll und einer dieser Souterrainkeller, die halb unter und halb über der Erde lagen. Der Flur war mit Teppich ausgelegt, und an den Wänden hing eine vornehm gemusterte Tapete mit blauen Blumen. Alles war so trügerisch normal. Doch die hoch gelegenen Bogenfenster waren mit Eisengittern versehen, die tief ins Mauerwerk eingelassen waren.
    Keine Fluchtmöglichkeit. Sie dachten an alles. Sie und das Wissen, das sie in sich trug, standen dem britischen Geheimdienst voll zur Verfügung. An allen Seiten des Korridors befanden sich Türen, verschlossen und bedrohlich. Hinter eine von diesen würde er sie sperren.
    »Das sind keine Folterkammern.« Grey war gereizt. »Auf der linken Seite befinden sich Werkräume, auf der anderen Lagerräume. Der da ist voller Papiere. Nicht ein einziges Verlies im ganzen Haus. Ich bin nicht Leblanc.«
    »Nein, du bist subtiler als er. Unendlich und verteufelt subtiler.« Sie schlang sich die Arme um den Leib, um das Zittern in den Griff zu bekommen. Er öffnete die letzte Tür auf der rechten Seite und trat vor ihr ein. Sie wusste nicht, was als Nächstes kommen würde, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass Grey ihr wehtun würde. Oder Robert, wer auch immer er war.
    »Du bist nicht echt.« Sie blieb in dem leeren Flur stehen. Es gab nichts, wohin sie hätte fliehen können. »Ich habe mein Herz für eine betrügerische Vogelscheuche in Stücke gebrochen. Eine Puppe. Ich bin das Mädchen aus der Geschichte, welches sich in die Figur aus einer Turmuhr verliebt. Manchmal habe ich mich für sehr schlau gehalten, aber ich bin dümmer als Stroh.«
    Grey kam zur Tür zurück. Er hatte Roberts Gesicht, war es aber nicht. »Ich bin kein Uhrwerk.«
    »Du. Du existierst doch gar nicht. Ihr seid ein Nichts, Monsieur

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