Jodeln und Juwelen
der
nicht juckt?«
Sie telefonierten noch etwa eine Minute
auf Adelaide Sabines Rechnung und verabschiedeten sich aufs herzlichste
voneinander. Schließlich legte Emma auf. Sie schloss die Speisekammertür hinter
sich, knipste ihre Taschenlampe gerade lange genug an, um sich orientieren zu
können, und tastete sich durch die Küche. Sie wusste, dass es ein großer Raum
war, doch warum fühlte er sich im Dunkeln noch größer an? Emma gelang es, sich
am Tisch und an dem großen Eisenherd vorbei zu manövrieren, ohne über einen
Stuhl oder ein Holzscheit zu stolpern. Sie hatte gerade die schwarz lackierte
Mehlkiste erreicht, als sie strauchelte und ihren Pantoffel verlor. Genau in
diesem Moment versetzte ihr jemand einen Schlag auf den Kopf.
Kapitel
22
»Jetzt reicht es mir aber!«
Die Stimme gehörte einer Frau, die bei
zahlreichen Versammlungen den Vorsitz geführt hatte. Zunächst kam sie Emma nur
irgendwie bekannt vor, doch dann begriff sie, dass es ihre eigene war.
Gleißendes Licht schien ihr ins Gesicht, und Bubbles wedelte mit einer
Ammoniakflasche unter ihrer Nase herum. Theonia hantierte mit einem Beutel
voller Eiswürfel. Legte ihn ihr auf die Stirn, wie Emma feststellte. Sie hatte
Mühe, sich zu orientieren. Theonia schien es ebenso zu gehen, denn Emma hatte
den Schlag schließlich nicht auf die Stirn, sondern auf den Hinterkopf
bekommen.
Da war sie ganz sicher. Der Schlag war
nicht sehr hart gewesen, aber sie hatte sich ziemlich erschrocken. Richtig
verletzt hatte sie sich erst, als sie beim Fallen mit dem Gesicht auf die Kante
der Mehlkiste aufgeschlagen war. Auf ihrer Stirn prangte eine eindrucksvolle
Beule, Emma konnte sie fühlen, als sie unter dem Eisbeutel ihre Haut abtastete.
Sie tat zwar weh, schien jedoch nicht zu bluten. Ein Bluterguss, aber keine
Fleischwunde. Wie mochte sie wohl aussehen? Ein blaues Auge war für eine Frau
in ihrem Alter und ihrer Position höchst unpassend. Emma versuchte, ihre
Gedanken in Worte zu fassen. Theonia streichelte ihr die Wange.
»Bleib einfach einen Moment lang still
liegen, Liebes. Du hast dich ziemlich gestoßen. Kannst du dich erinnern, was
passiert ist?«
»Natürlich kann ich mich erinnern. Ich
habe meinen Pantoffel verloren. Als ich mich gebückt habe, um ihn aufzuheben,
hat mir jemand von hinten eins über den Kopf gegeben.«
»Ich glaube, da irrst du dich. Du hast
das Gleichgewicht verloren und bist mit der Stirn auf die Mehlkiste gefallen.«
»Das war aber erst nach dem Schlag!«
»Ganz wie du meinst, Liebes.«
Theonia machte sich anscheinend über
sie lustig. Emma wollte nicht, dass man sich über sie lustig machte. Sie stieß
die Ammoniakflasche und den Eisbeutel fort, setzte sich auf und betastete ihren
Hinterkopf. Es gab eine Stelle, die sie nicht berühren konnte, ohne vor Schmerz
zusammenzuzucken. Sie war geschwollen und lange nicht so riesig wie die Beule,
die Sandy bei dem Schlag davongetragen hatte, der ihr beinahe den Schädel
zertrümmert hätte, und auch nicht blutig wie Lisbet Quainleys Verletzung, doch
eindeutig geschwollen.
»Kannst du mir dann sagen, was das hier
ist?« fragte sie grimmig.
Theonia und Bubbles betasteten
nacheinander Emmas Beule und kamen überein, dass sie wirklich nur ganz klein
war. Sie brauche sich keine Sorgen zu machen, versicherte Bubbles.
Emma wollte nicht beruhigt werden. Sie
wollte Rache, wie sie zu ihrem eigenen Erstaunen feststellte. Kein sehr feiner
Zug. Sie versuchte, sich am Rand der Mehlkiste fest zu halten, um besser
aufstehen zu können, doch Bubbles wandte einen seiner Pflegergriffe an und half
ihr mühelos auf die Füße, ohne dabei ihren schmerzenden Kopf zu gefährden.
»Fo, Miffif Kelling, ich bringe Fie
jetft nach oben und gebe Ihnen ein Fedativ. Miffif Brookf, Fie flafen am beften
heute im felben Fimmer. Wir wollen doch nicht, daf noch waf paffiert, oder?«
»Auf gar keinen Fall«, stimmte Theonia
zu. »Ich denke nicht im Traum daran, Mrs. Kelling in diesem Zustand allein zu
lassen. Fühlst du dich stark genug, die Treppe hochzusteigen, Emma, oder sollen
wir lieber hier unten im Wohnzimmer unser Lager aufschlagen?«
»Ich fühle mich durchaus im Stande,
nach oben zu gehen«, erwiderte Emma mit aller Würde, die sie in ihrer Lage
aufbringen konnte. »Und ein Fedativ brauche ich auch nicht.«
Ohje, das war ihr jetzt einfach so
herausgerutscht. Sie konnte nur hoffen, dass Bubbles glaubte, sie hätte sich
bei ihrem Sturz auf die Zunge gebissen. »Ich nehme stattdessen
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