Jodeln und Juwelen
wichtig. Vielleicht sollte ich noch unterstreichen, dass Mrs. Kelling
hinsichtlich des neutralen Pronominalgebrauchs natürlich im Recht ist. Man
braucht nicht besonders stark zu sein, um jemanden mit einem harten Schlag auf
den Kopf außer Gefecht zu setzen, zum Klippenrand zu rollen und in die Tiefe zu
stoßen. Jede Frau im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte ist dazu in der Lage.
Ich wage sogar zu behaupten, dass selbst ich dazu imstande wäre, wenn ich
wollte.«
»Man könnte sich auch auf den Boden
setzen und es mit den Füßen machen«, schlug Sendick vor. »Die meisten Menschen
haben sehr viel mehr Kraft in den Beinmuskeln als in den Armen.«
»Sehr richtig«, sagte Theonia. »Ich
muss zugeben, dass ich daran noch nicht gedacht habe. Aber jetzt sprich bitte
weiter, Emma.«
»Vielen Dank, Theonia. Vielleicht
sollte ich noch erwähnen, dass Dr. Franklin meint, Mr. Sorpende sei nach dem
Sturz noch am Leben gewesen. Er wäre demnach nicht ertrunken, wie der Täter
beabsichtigt hatte. Leider ist er jedoch zu seinem großen Pech mit dem Gesicht
im Schlamm gelandet und erstickt. Wäre er auf den Rücken gefallen, hätte er den
Aufprall vielleicht überlebt.«
»Dann handelt es sich also um Totschlag
und nicht um Mord«, sagte Black John.
»Darüber habe ich noch gar nicht
nachgedacht, aber Sie haben wahrscheinlich Recht«, gab Emma zu. »Sie wissen
eine Menge über diese Dinge, nicht wahr, Mr. Sendick? Neil, du hast doch den
Toten gefunden. Gibt es noch etwas, das du hinzufügen könntest?«
Neils Zähne klapperten. Er war barfuß
und trug nur seine Schlafanzughose, doch er trat tapfer nach vorn und sagte,
was er zu sagen hatte. »N-nur, dass Onkel Frank gesagt hat, dass sie an seinen
Haaren Harz und Kiefernnadeln gefunden haben, als ob ihn jemand mit einem Kiefernast
niedergeschlagen hätte oder irgendwo über den Boden gerollt hätte, wo
Kiefernnadeln lagen. Das ist doch richtig. Oder, Paps?«
»Genau. Herr des Himmels, hättest du
dir nich’ was Ordentliches anziehen können? Komm mal her.«
Vincent wickelte seinen Sohn in eine
Falte seines indischen Bademantels und zog ihn eng an sich. »Sandy! Marsch
zurück ins Bett! In deinem Zustand solltest du gar nich’ rumlaufen.«
»Jetzt sei doch nicht so, Paps!«
protestierte seine Tochter. »Mir geht’s wieder super! Ehrlich! Bernice und ich
wollen uns nichts entgehen lassen. Sind Sie okay, Mrs. Kelling? Oh Gott, ich
hoffe, der Mann hat Ihre schöne Perücke nicht ruiniert, als er Sie umgehauen
hat.«
Sandy schien in der Tat eine peinliche
Liebe zur Wahrheit zu haben. Emma versuchte, den Fauxpas so gut es ging zu
überspielen. »Ich bin gar nicht so sicher, ob es wirklich ein Mann war, Sandy.
Ich hatte ziemliches Glück, dass der Schlag nicht sehr hart war. Die Beule an
meiner Stirn rührt daher, dass ich beim Fallen mit dem Kopf auf die Kante der
Mehlkiste geschlagen bin. Und meine schöne Perücke hatte ich ohnehin nicht an.
Ich trage sie nur, wenn ich mich fein machen will. Wie du siehst, habe ich
genügend eigenes Haar, auch wenn es im Moment sicher schrecklich zerzaust ist.«
Emma bemerkte Graf Radunovs
bewundernden Blick und errötete, was sie ziemlich verstimmte. »Und dein Vater
hat vollkommen Recht«, fuhr sie ein wenig barsch fort. »Du solltest wirklich im
Bett liegen. Und du ebenfalls, Bernice. Wahrscheinlich erwarten Sie alle, dass
ich mich dafür entschuldige, Sie um diese Zeit aus den Federn geholt zu haben.
Da derjenige unter Ihnen, der die Kette gestohlen hat, sie anscheinend
unbedingt wiederhaben will, hielt ich es jedoch für angebracht, Ihnen jetzt
sofort reinen Wein einzuschenken, damit wir morgen früh nicht noch jemanden
verletzt oder sogar tot auffinden.«
»Sie haben natürlich völlig Recht«,
versicherte Graf Radunov. »Wir sind Ihnen zutiefst dankbar für Ihre Sorge um
unser Wohlergehen und sind äußerst betroffen über den Anschlag, den man auf Sie
verübt hat.«
Er wollte noch mehr sagen, doch Lisbet
Quainley schnitt ihm das Wort ab.
»Wo ist das Collier denn jetzt, Mrs.
Kelling?«
»Auf dem Weg zu seinem rechtmäßigen
Besitzer«, erklärte Emma. »Fragen Sie mich bitte nicht, wer diese Person ist,
denn das weiß ich selbst nicht. Ich weiß nur, dass der Schmuck während eines
Wohltätigkeitsballs gestohlen wurde. Ich habe ihn mit Mr. Arbuthnot — das ist
der Mann, der heute Morgen Mrs. Sorpende hergeflogen hat, zurück nach Boston
geschickt. Inzwischen wurde es den zuständigen Autoritäten übergeben.«
Emma
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