Jodeln und Juwelen
lächeln. »Ich lasse euch
wissen, was ich herausfinde. Wo wir gerade dabei sind, was ist eigentlich mit
dem anderen, dem Illustrator? Hast du nicht gesagt, er hieße Groot, Emma? Ist
er der attraktive junge Mann in dem Sweatshirt?«
»Nein, Groot ist der etwa
Vierzigjährige mit den großen Füßen, der aussieht, als sei er von einem
Ausschuss entworfen worden. Mit Vornamen heißt er Joris. Er hat mir erzählt, er
sei vor allem auf das Zeichnen von Kinderschuhen spezialisiert. Hältst du das
für möglich?«
Auch Sarah hatte sich schon einige Male
als Illustratorin betätigt. »Oh ja«, erwiderte sie, »das ist sogar sehr gut
möglich. Viele kommerzielle Künstler spezialisieren sich auf eine bestimmte
Richtung, vor allem, wenn die Nachfrage groß ist. Die Schuhindustrie hier in
Boston war früher sehr bedeutend. Ich weiß allerdings nicht, wie es heute in
diesem Bereich aussieht. Habt ihr irgendeine Idee, für wen Groot arbeitet?«
»Haben wir. Er hat mir erzählt, er
hätte gerade einen ganzen Katalog mit Kinderschuhen fertig gestellt. Itsy-Bitsy
Footsy-Wootsies hat er sie genannt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er
versuchte, witzig zu sein, deshalb wird es wohl ein Markenname sein. Manche
Leute kommen auf die merkwürdigsten Ideen. Ich weiß allerdings nicht, ob die
Firma in Boston sitzt.«
»Ich rufe morgen früh in der
Kirstein-Bibliothek an, vielleicht kann man uns dort Auskunft geben. Soll ich
sonst noch jemanden überprüfen? Wie steht’s mit Sendick? Habt ihr über ihn
etwas herausfinden können?«
»Nur dass sein Großvater die Black
John-Geschichten im Globe gelesen hat und seine Mutter eine geborene
Black war. Mr. Sendick ist ziemlich gesprächig, auch wenn er im Grunde wenig
sagt, wenn man es recht bedenkt. Jedenfalls was persönliche Dinge betrifft.«
»Kommt er hier aus der Gegend?«
»Das nehme ich an. Er besitzt ein
Sweatshirt mit einem Bild von Tycho Brahe.«
»Vielleicht ist er ein Aussteiger vom
MIT«, mutmaßte Max.
»Dann würde er Science Fiction-Romane
schreiben und keine Thriller«, argumentierte Sarah. »Versuch doch mal, ihm noch
ein paar Informationen zu entlocken, Emma.«
»Ich werde es versuchen, Liebes, auch
wenn ich gestehen muss, dass ich keine besonders gute Detektivin bin. Aber es
gibt noch etwas, das du noch für mich tun könntest, Sarah. Wärst du so lieb und
würdest Marcia Pence anrufen und dich diskret erkundigen, ob Adelaide im
vorigen Jahr ein Dienstmädchen mit auf die Insel genommen hat? Falls ja, frag
bitte, wer sie ist. Eigentlich wollte ich Vincent danach fragen, aber irgendwie
war mir die Sache peinlich.«
»Natürlich kann ich fragen, aber warum
so diskret?«
»Weil die Pences und vor allem Adelaide
immer noch nicht wissen, was hier vor sich geht. Vincent und ich halten es für
besser, ihnen nichts zu sagen, bis die Situation geklärt ist. Adelaide ist so
gebrechlich, dass Marcia und Parker auch so schon genug Probleme haben. Ich
möchte ihnen nicht unnötig noch mehr Kummer machen. Sie können ja ohnehin
nichts tun.«
Max gab eine Lautäußerung von sich, die
Emma nicht verstand. Vielleicht störte ihn auch nur sein Gipsverband. Sie
murmelte etwas Mitfühlendes. Er erwiderte, es sei immer noch angenehmer, in
Gips zu stecken, als von einer wütenden Gnuherde zu Tode getrampelt zu werden.
»Freut mich, dass du es von der
heiteren Seite siehst, lieber Max«, sagte Emma. »Ich glaube, ich sollte jetzt
gehen, bevor jemand beschließt, sich hier ein Glas Wasser zu holen oder so
etwas.«
»Bist du etwa ganz allein in der
Speisekammer?«
»Natürlich. Es ist die einzige
Möglichkeit für uns beide, gleichzeitig mit euch zu telefonieren.«
»Dann solltest du verdammt vorsichtig
sein, wenn du den Raum verlässt. Und du auch, Theonia. Diese Kopfverletzungen
könnten sich zu einer Epidemie ausweiten.«
»Mach dir keine Sorge, Max. Ich habe
das Licht gar nicht erst angemacht, und außerdem würde mich hier sowieso keiner
finden. Dann also gute Nacht. Ruft morgen an, falls ihr etwas herausgefunden
habt.«
»Es ist bereits seit geraumer Zeit
morgen«, erklärte Sarah. »Wir schicken euch unsere Lieblingsbrieftaube mit
einer Nachricht am Beinchen. Tweeters ist startklar. Ihn jucken schon die
Flügel. Er kann es kaum erwarten, dass wir ihn in die Luft werfen.«
»Ich wollte, du hättest nicht ›jucken‹
gesagt«, jammerte Max. »Wenn der Mensch sogar in der Lage ist, auf dem Mond zu
landen, warum schafft er es dann nicht, einen Gipsverband zu entwickeln,
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