Jodeln und Juwelen
lieber zwei
Aspirin«, erklärte sie und achtete dabei sorgsam auf ihre Zischlaute. »Sehen
Sie, ich bin schon wieder ganz sicher auf den Beinen. Vielen Dank für Ihre
Hilfe, Bubbles. Gehen Sie ruhig wieder zurück ins Bett, es sei denn, Sie
glauben, wir sollten alle ausschwärmen und den Menschen suchen, der hier
herumschleicht und anderen eins über den Schädel gibt.«
»Das wäre äußerst unklug«, sagte
Theonia. »Bubbles ist sicher auch meiner Meinung. Bist du so weit, Emma?
Vielleicht sollte ich besser deinen Arm nehmen.«
Emma überlegte, ob sie dem Koch
erklären sollte, was die momentane Hausherrin in Vertretung zu nachtschlafener
Zeit in seiner Küche zu suchen hatte, entschied sich jedoch dagegen. Es
verstieß todsicher gegen die Tradition dieses Hauses. Sie fragte sich, ob sie
Bubbles dankbar zunicken sollte, ließ es dann jedoch bleiben. Dazu tat ihr der
Kopf viel zu sehr weh. Sie hängte sich bei Theonia ein und ging langsam und
vorsichtig durch das Haus, die Treppe hinauf und in ihr Zimmer.
Wahrscheinlich hätte sie Vincent wecken
und ihn bitten sollen nachzusehen, ob alle Dienstboten in ihrem Trakt waren.
Sie hätte ihn oder sonst jemanden los schicken sollen, um nach den Gästen zu
sehen und herauszufinden, ob noch jemand angegriffen worden war. Beim
Abendessen hätte sie beinahe alle aufgefordert, sich zu ihrer eigenen
Sicherheit paarweise einzuschließen, doch woher konnte man wissen, mit wem man
in Sicherheit war? Außerdem waren die Männer bestimmt in der Lage, auf sich
selbst aufzupassen. Bisher waren ohnehin nur Frauen angegriffen worden, mit
Ausnahme des verstorbenen Jimmy Sorpende. Alding Fath lag inzwischen hier im
Dienstbotentrakt, wo Bubbles sich um sie kümmern konnte. Lisbet Quainley hatte
ihren Schlag bereits abbekommen. Außerdem konnte Everard Wont sich um sie
kümmern. Auch wenn es eher so aussah, als würde Miss Quainley sich um ihn
kümmern, dachte Emma zynisch.
»In welchem Zimmer möchtest du
schlafen?« erkundigte sich Theonia. »In meinem stehen zwei Betten.«
»Aber nur eins davon ist gemacht«,
protestierte Emma. »Lass uns bei mir schlafen. Ich nehme das Sofa, es ist
wirklich sehr bequem. Vielleicht tut mir der Kopf weniger weh, wenn ich nicht
so flach liege. Außerdem gehört mein Zimmer zu den wenigen, in denen noch
niemand niedergeschlagen wurde.«
»Ich weiß zwar nicht, ob das für oder
gegen das Zimmer spricht, aber ganz wie du willst, Liebes. Ich hole nur schnell
meine Zahnbürste und meine Gelee Royal-Nährcreme. Nach dieser Nacht brauche ich
jede Hilfe, die ich bekommen kann. Oh, Emma! Das darf doch nicht wahr sein!«
Irgend jemand hatte das Zimmer, das vor
dem Anschlag auf Sandy eigens für Theonia gerichtet worden war, rücksichtslos
und überaus gründlich durchsucht. Das Bettzeug lag auf dem Boden verstreut, die
Matratzen hingen nur noch halb auf den Lattenrosten. Kommodenschubladen waren
herausgerissen und irgendwo liegen gelassen worden. Selbst den
mottenzerfressenen alten Bademantel, der einst dem verstorbenen Mr. Sabine
gehört hatte, hatte man aus dem Schrank gezerrt und mit Theonias Reisekleid und
Hut auf einen Haufen geworfen.
Emma konnte sich nicht erinnern, je in
ihrem Leben so wütend gewesen zu sein. Sie schlug die Tür des verwüsteten
Schlafzimmers zu, wirbelte so schnell herum, dass ihr blauer Morgenmantel wie
der Rock einer Revuetänzerin hochflog, und marschierte die Treppe hinunter.
Theonia eilte ihr nach. »Emma, wohin
willst du?«
»Ich tue jetzt endlich das, was ich
bereits hätte tun sollen, bevor der ganze Zauber hier losging. Wir haben es mit
einem Verbrecher zu tun, der keinerlei Rücksicht kennt, verdammt hartnäckig
ist, weder über Manieren noch über Phantasien verfügt und dabei auch noch so
unfähig ist, dass es einem graut. Eine gefährlichere Mischung kann ich mir kaum
vorstellen. Theonia, dies ist nicht die Zeit für falsche Rücksichtnahme.«
»Dann mach bitte zuerst irgendein Licht
an, sonst brechen wir uns noch beide den Hals. Du kannst so entschlossen sein,
wie du willst, Emma, mir wäre einfach bedeutend wohler, wenn ich dir nicht
dauernd auf den Bademantel treten würde.«
Theonia glaubte zu wissen, was Emma
vorhatte, und sie sollte Recht behalten. Allerdings hatte sie nicht damit
gerechnet, wie laut die Schiffsglocke neben der Küchentür war, wenn sie mit
aller Kraft von der wutschäumenden ehemaligen Präsidentin des Pleasauncer
Gartenclubs geläutet wurde.
Die Glocke weckte sogar Alding Fath.
Innerhalb
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