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Jodeln und Juwelen

Jodeln und Juwelen

Titel: Jodeln und Juwelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Ende
ist.«
    Er wollte damit wohl andeuten, dass
Emma und er als internationale Falschspieler ein gutes Team abgegeben hätten.
Sie lachte ihn aus und fragte Groot, ob sie sich einige seiner Skizzen
anschauen dürfe.
    Das schien ihn aufzumuntern. Er zeigte
ihr bereitwillig ein Blatt nach dem anderen, begann mit Jagdstiefeln zwischen
Herbstlaub und arbeitete sich über Füße in durch Pfützen platschenden
Gummistiefeln, Füßen in durch Schneematsch watetenden Überschuhen bis zu
schlanken Frauenfüßen in eleganten Pumps und Männerfüßen in hochmodernen
Herrenschuhen vor. Letztere befanden sich anscheinend auf einer Silvesterparty,
wie Emma aus dem detailliert gezeichneten Luftrüssel schloss, den ein Damenfuß
in einer todschicken hochhackigen Sandale gerade im Begriff war zu
zerquetschen. In einer Ecke war ein fremder linker Fuß in einem schwarzen Turnschuh
mit weißen Streifen und einem kleinen Loch in der Zehengegend zu sehen. Der
Schuh ruhte auf etwas, das wohl eine Barstange darstellen sollte.
    »Damit wollten Sie wahrscheinlich eine
Art sozialen Kommentar abgeben«, sagte Emma. Groot zuckte mit den Achseln und
blätterte weiter zu einem Paar Skistiefel aus Plastik, die an einer
fäustlingbewehrten Hand baumelten.
    Dies war die erste Zeichnung, aus der
hervorging, dass Groot sich der Tatsache bewusst war, dass der menschliche
Körper nicht an den Knien begann und sich von dort aus lediglich nach unten
fortsetzte. Wie alle anderen Skizzen war auch diese detailliert gezeichnet,
sorgfältig schattiert und ohne jede Spur von Originalität. Emma fragte sich,
wie die Illustrationen für Wonts Buch wohl aussehen würden. Sie fragte sich
außerdem, wie lange Radunov wohl noch fortfahren würde, sotto voce Kiplings Gedicht über Stiefel in ihr Ohr zu flüstern.
    Er hörte tatsächlich auf, doch nur, um
sich mit unglaublicher Unschuldsmiene bei Groot zu erkundigen, ob dieser
vielleicht Schuhfetischist sei. Groot verneinte die Frage ruhig und sagte,
Schuhe seien ihm einerlei, er zeichne sie nur ausgesprochen gern. Er schien
darauf zu brennen, ihnen nach der Winterkollektion auch seine Sommerkollektion
vorzuführen. Emma war zutiefst dankbar, als die letzte Runde am Tisch zu Ende
ging und Black John zu ihnen eilte.
    »Was ich noch fragen wollte, Mrs.
Kelling, haben Sie sich inzwischen noch mal nach dem Ertrunkenen erkundigt?«
    Emma verstand zwar nicht, warum er so
versessen darauf war, beantwortete seine Frage jedoch sofort. »Ja. Vincent
sagt, Sie könnten zum Schuppen kommen und sich den Toten anschauen, wenn Sie es
verkraften können. Er hofft, dass einer von Ihnen den Toten identifizieren
kann, was ich allerdings für wenig wahrscheinlich halte. Möchte sonst noch
jemand mitkommen?«
    »Ugh, lieber nicht. Ich bleibe hier«,
meinte Lisbet Quainley. Eine Reaktion, die Emma für angemessen hielt. Auch Emma
hatte kein Bedürfnis, den Toten zu sehen, wollte sich aber die Reaktion der
einzelnen Personen nicht entgehen lassen.
    Everard Wont und Joris Groot sagten,
sie würden mitgehen, da sie ohnehin nichts Besseres zu tun hätten. Radunov
zuckte mit den Achseln, warf einen bedauernden Blick auf seine betagten
maßgefertigten Schuhe, die auf dem Weg zum Shag Rock bereits einiges hatten
verkraften müssen, und schloss sich der Gruppe an. Bubbles war in der Küche und
machte gerade ein Clubsandwich, als sie durch den Raum gingen.
    »Ich dachte, bei dem Fturm will fowiefo
niemand rauf, und Fie hätten vielleicht Luft, Ihr Mittageffen fufammen mit den
anderen einfunehmen, Miffif Kelling. Ich mach’ grade frifen Kaffee.«
    »Eine ausgezeichnete Idee, Bubbles«,
lobte Emma. »Für mich bitte Tee. Und als Aperitif vielleicht für jeden einen
kleinen Sherry. Wir sind in ein paar Minuten zurück. Wir gehen nur schnell zum
Stall.«
    »Verftehe.«
    Bubbles stieß einen ehrerbietigen
Seufzer aus und widmete sich wieder seinem Sandwich. Emma suchte passende
Regenmäntel und gab sie den Männern. Wie bedauerlich, dass sämtliche Mäntel
schwarz waren. Adelaide musste sie irgendwann bei der Freiwilligen Feuerwehr
gekauft haben, dachte sie. Dabei wären gelbe Ölmäntel für Pocapuk sehr viel
passender gewesen, aber die rochen natürlich ein wenig unangenehm. Für sich
selbst fand sie ein schwarzes Regencape mit Kapuze. Wenigstens passte die
düstere Farbe zu dem traurigen Anlass. Graf Radunov half ihr in ihr Cape,
richtete die Kapuze für sie und hielt ihr mit einer kleinen Verbeugung die Tür
auf.
    Es goss immer noch in Strömen.

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