Jodeln und Juwelen
abgesucht. Wahrscheinlich im Badezimmer oder hinter
dem Vorhang, wo Aldings Kleider hängen.«
»Und als ich gekommen bin, hat sich der
Kerl aus dem Haus geschlichen und die Tür hinter sich abgeschlossen, damit ich
ihm nicht folgen konnte«, sagte Groot. »Das gibt Sinn.«
»Zumindest für dich.« Der Gin
verbesserte Wonts Stimmung nicht im Geringsten.
Warum nur hatte der schlagwütige
Unbekannte die Person, die es wirklich verdient hatte, bisher verschont? Emma
biss die Zähne zusammen und verkündete: »Ich soll Ihnen ausrichten, dass das
Abendessen jeden Moment serviert wird. Würden Sie bitte zu Tisch gehen?«
Kapitel 21
»Du glaubst gar nicht, wie erleichtert
ich bin, endlich mit jemandem reden zu können, der heute noch keinen Schlag auf
den Kopf bekommen hat!«
Emma stand in der Speisekammer und
telefonierte mit dem Apparat aus der Küche, Theonia benutzte den Zweitanschluss
aus dem chinesischen Kabinett im Salon. Die beiden Mrs. Kellings hatten Sarah
und Max die Neuigkeiten des Tages geschildert. Da es ein ereignisreicher Tag
gewesen war, hatten sie ziemlich lange gebraucht. Jetzt waren sie bereit, auch
die Bittersohns zu Wort kommen zu lassen.
»Weißt du schon, was in dem Orangensaft
war?« erkundigte sich Theonia bei Max.
»Ja. Ein Beruhigungsmittel, sagt unser
Chemiker. Er versucht noch herauszufinden, um was genau es sich handelt, aber
das macht meiner Meinung nach auch keinen großen Unterschied. Die Dosis reicht
gerade aus, um jemandem, der ohnehin schon genug von dem Zeug im Körper hat,
weiter ruhig zu halten. Wie bist du überhaupt auf den Orangensaft gekommen?«
»Durch deinen Freund, Graf Radunov. Es
erschien mir auffallend philantropisch, dass ein Mann wie er sich freiwillig
bereit erklärte, die Arbeit eines Dienstboten zu übernehmen. Dass die anderen
ständig bei Mrs. Fath hereinschauten, fand ich nachvollziehbar. Schließlich
gehört sie zur Gruppe, daher ist es natürlich, dass man sich um sie sorgt. Doch
Radunov hat Emma erzählt, dass er die anderen noch nie im Leben gesehen hätte.
Als ausgerechnet er sich liebenswürdigerweise für einen Akt der Nächstenliebe
anbot, wurde ich stutzig. Als wir dann in Alding Faths Hütte waren, stellten
wir fest, dass noch genügend Orangensaft vorhanden war. Das hat mich noch
stutziger gemacht.«
»Theonia und ich wollten ihr den Saft
selbst bringen, aber Bubbles bekam buchstäblich einen Anfall, als er davon
hörte«, fügte Emma hinzu. »Habe ich gestern Abend erwähnt, dass er von Beruf
Krankenpfleger ist? Wahrscheinlich hegt Bubbles den Verdacht, dass sich jemand
an Mrs. Faths Essen zu schaffen macht. Ich kann mir sonst beim besten Willen
nicht erklären, warum er sich so besitzergreifend aufführt.«
»Könnte es nicht sein, dass er die Frau
unter Beruhigungsmittel gesetzt hat, damit er einen Patienten hat, für den er
sorgen kann?« schlug Sarah vor. »Hast du nicht gestern Abend gesagt, Bubbles
käme wegen seiner Depressionen nach Pocapuk, Emma?«
»Bubbles sagt, dass er Depressionen
bekommt, weil die Patienten in seinem Hospiz alle aufs Sterben warten«,
korrigierte Emma ihre Nichte. »Das bedeutet nicht, dass mit ihm etwas nicht
stimmt, sondern nur, dass er tiefes Mitleid mit anderen empfindet. Hoffe ich
jedenfalls. Ich werde mich auf keinen Fall mit Bubbles anlegen, denn er kocht
einfach göttlich. Es sei denn — um Himmels willen, du glaubst doch wohl nicht,
er könnte irgendwann Arsen in seine Suppe streuen und uns alle umbringen?«
»Nein, Tante Emma, natürlich nicht. Es
scheint mir nur nahe liegend, dass Bubbles das Essen von Mrs. Fath präpariert,
weil er so auffallend viel Wert darauf legt, dass niemand sonst ihr Essen auch
nur anrührt. Da er gleichzeitig Koch und Pfleger ist, wüsste er auch genau, was
er zu tun hat. Falls er sie wirklich unter Beruhigungsmittel setzt, tut er es
vielleicht sogar aus reiner Menschenfreundlichkeit. Möglicherweise glaubt er,
dass sie sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs befindet und viel Ruhe
braucht. Oder er hat sich Hals über Kopf in sie verliebt und will sie gesund
pflegen, weil er hofft, dass sie sich vor lauter Dankbarkeit und Rührung dazu
hinreißen lässt, Mrs. Bubbles zu werden.«
»Klingt gar nicht so unlogisch«, sagte
Max. »Auch ich werde meine Krankenschwester mit Liebe und Dankbarkeit
überschütten, sobald man mich von diesem verdammten Gips befreit. Falls ich
dann überhaupt noch in der Lage bin, ihr nachzustellen, sollte ich wohl
hinzufügen. Dann führt
Weitere Kostenlose Bücher