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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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kann.«
    Joe inhalierte den Rauch tief in die Lunge, und die Zigarettenspitze leuchtete hell auf. Als er ausatmete, ringelte sich der Rauch aus seinen Nasenlöchern und verschwand, als hätte er nie existiert.
    Joe schien Mollys Frage zu beunruhigen.
    »Dir ist klar, dass das Churchs Fachgebiet ist, oder?«, fragte er schließlich. Die Zigarette zwischen zwei Finger geklemmt, klopfte er sich gegen die Schläfe. »Nicht dass ich keinen Verstand hätte. Ich hab im Lauf der Zeit ’ne Menge okkultes Zeug aufgeschnappt, und ich bin gar kein so übler Ermittler. Aber bei meiner Detektivarbeit muss ich normalerweise rumstänkern. Ich stelle Fragen, bis jemand wütend genug wird, dass er versucht, mich allezumachen, und dann weiß ich, dass ich auf der richtigen Spur bin. Aber der Experte ist Church.«
    Molly zog die Kapuze ihres Regenmantels zurück. »Mr.   Church ist nicht hier.«
    Joe wedelte mit der Zigarette. »Willst du mir jetzt zeigen, wo das andere Grab ist? Das, wo der Baum rauswächst? Dann sag ich dir, was ich weiß.«
    »Hier entlang.« Molly führte ihn auf einen schmalen Pfad, der vom Hauptweg abzweigte.
    »Also, Lectors Pentajulum«, begann Joe. »Wenn ich ehrlich bin, hab ich nicht genau verstanden, was es ist, und ich glaub nicht, dass es daran liegt, dass ich zu blöd dafür bin. Seit Jahrhunderten sind Leute hinter dem Ding her, weil sie glauben, es gibt ihnen die Macht, Wunder zu wirken oder so was. Vielleicht tut es das wirklich. Wir vermuten, dass es Zauberkräfte verstärkt. Aber es gibt alle möglichen Geschichten über das Pentajulum: dass es ein Schlüssel zu parallelen Welten ist, dass es das Herz des sumerischen Gottes Enlil ist oder ein Werkzeug, geschaffen von ’ner Spezies kosmischer Architekten, um Ordnung aus dem Chaos zu erschaffen. Dass es die Geburt der Sonne bewirkt hat, dass es die arabische Stadt Ubarra verschluckt hat. Meine Lieblingsgeschichte ist, dass es sämtliche Bewohner einer kleinen polynesischen Insel in engelhafte Geschöpfe verwandelt hätte, die wegflogen und ihre Tische fürs Abendbrot gedeckt zurückließen.«
    Molly starrte ihn an. »Das hört sich an, als könnte das Ding so gut wie alles.«
    Joe nickte. »Ja, danach hört es sich an, nicht wahr? Nur, Church hat nie daran geglaubt, und ich auch nicht. Magie funktioniert so nicht. Aber welche Macht das Pentajulum auch hat, sie ist groß genug, dass jeder Okkultist und Mystiker, der je gelebt hat, bis zurück in die Antike, es in die Hände bekommen wollte. John Dee schreibt, er hat für das Pentajulum getötet. Agrippa hat es besessen. Fulcanelli ebenfalls. Und noch ein Dutzend andere. In allen Zeitaltern wird es erwähnt, aber es gibt keinen Hinweis, dass auch nur einer von seinen Besitzern gewusst hätte, wie man es beherrscht.«
    »Aber wenn ihr nicht wisst, was es macht, warum wollt ihr es dann?«
    »Oh nein, wir wollen das Pentajulum eigentlich gar nicht besitzen, Church und ich. Wir wollen nur dafür sorgen, dass es keinem Irren indie Hände fällt, der damit Unsinn anstellt. Im Lauf der Jahrhunderte haben immer wieder irgendwelche Bekloppte versucht, seine Geheimnisse zu entschlüsseln, und damit Katastrophen verursacht.«
    »Katastrophen?«, fragte Molly.
    Joe zuckte mit den Schultern. »Für alles, was dir beim Wort Katastrophe einfällt, ist das Pentajulum das eine oder andere Mal schon verantwortlich gemacht worden. Pompeji. Atlantis. Sogar das Versinken von New York.«
    »Was glaubst du, wozu Dr. Cocteau es will?«
    »Keine Ahnung«, sagte Joe. »Aber Cocteau ist total verrückt. Wir können nicht zulassen, dass er etwas so Mächtiges wie das Pentajulum in die Hände bekommt. Er ist irgendwie auf die Idee gekommen, zwischen deinem Freund Felix und dem Pentajulum würde irgend’ne Verbindung bestehen, und nun glaubt er, er könnte über Felix an das Pentajulum herankommen. Das dürfen wir nicht zulassen, unter gar keinen Umständen.«
    Joe blieb stehen und drückte seine Zigarette auf einem granitenen Grabstein aus. Er kniff das Ende zusammen, um sicherzustellen, dass sie wirklich erloschen war, und steckte sich den Stummel in die Manteltasche. Molly wartete auf ihn und fragte sich beiläufig, ob er sich schon mal den Mantel angesengt hatte.
    Sie gingen weiter. An einer Wegkreuzung, zwischen zwei Familiengrüften, beschlich Molly die Angst, sie könnten sich verirrt haben. Dann aber entdeckte sie einen steinernen Engel mit gesprungenem Gesicht und einem abgebrochenen Flügel und wusste, dass sie aus

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