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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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ihrer Erinnerung in die richtige Richtung gegangen war: Diesen Engel hatte sie schon einmal gesehen.
    Sie führte Joe einen Weg entlang, der sich an einer Seite des Friedhofshügels hinzog, unter den Zweigen alter, knorriger Bäume. Dann endlich sah sie das Grab, das sie suchte. Der hässliche, missgestalteBaum hatte die Wurzeln tief in das Grab versenkt und breitete seine verdrehten Äste mit den roten Blättern darüber aus, als wollte er es vor der Sonne verstecken. Der Baum war so groß geworden, dass er den Grabstein gespalten und ein wenig gekippt hatte.
    »Der da«, sagte Molly und ging ein bisschen langsamer, damit Joe sie überholte. Ihr gefiel die Vorstellung nicht, sich dem Baum noch weiter zu nähern.
    »Dachte ich mir«, sagte Joe. »Irgendwie schwer zu übersehen, der Bursche.«
    Er trat an den Stein heran und fuhr mit der Hand über den glatten schwarzen Granit.
    »Dafür, dass hier ein ausgewachsener Baum auf dem Grab wächst, sieht der Grabstein nicht alt genug aus«, stellte er fest.
    Molly schwieg. Sie konnte nicht sagen, wie schnell Bäume wuchsen, aber Joe hatte eindeutig recht. Der Baum war groß und rau vom Alter, knorrig und verwunden. Vier oder fünf Fuß über dem Boden hatte sich der Stamm verzweigt und wuchs in drei Richtungen weiter. Aber so alt der Baum auch aussah, er konnte nicht länger hier sein als das Grab.
    Joe duckte sich unter die Äste. Trotzdem streiften ihm Blätter über die Arme, als er sich einen Weg zum Baumstamm bahnte und den Rücken verrenkte, damit er den Namen auf dem Stein lesen konnte.
    »Das hab ich befürchtet«, sagte er.
    »Was ist denn?«
    Joe sah auf. Er wirkte noch grimmiger als sonst schon. Im Schatten unter dem Grabbaum sah sein Gesicht aus, als wäre es von einem Bildhauer gemeißelt worden, der nur halb bei der Sache gewesen war, oder als gehörte es einem der zerbröckelnden Engel aus Stein.
    »Das ist Andrew Golniks Grab«, sagte er.
    Molly erschauerte von der Kälte und der Feuchtigkeit. »Du meinst diesen Okkultisten? Den Kerl, der Felix’ Mutter opfern wollte?«
    Sie erinnerte sich an die Träume, die Felix ihr geschildert hatte, das finstere Ritual und die furchtbare Verwandlung der Schwangeren. Mr.   Church jedoch war dabei gewesen, und er hatte die Geschichte anders erzählt. Felix’ Mutter war nichts von dem zugestoßen, was ihr Sohn in seinen Träumen sah. Aber was der Okkultist ihr angetan hatte, hatte sie in den Tod getrieben und ihren Sohn mit finsterer Magie befleckt, die sein ganzes Leben bestimmt hatte und noch immer bestimmte.

    »Tja«, sagte Joe stirnrunzelnd, »das kapier ich nicht. Du sagst, Orlov kommt hierher, wenn er am schwächsten ist   – dass es ihn verjüngt. Aber warum sollte er sich besser fühlen, weil er Golniks Grab besucht hat? Church hat seine Leiche damals in der Nacht durchsucht und das Pentajulum nicht gefunden   … sonst hätte ich vermutet, dass es vielleicht mit ihm begraben wurde.«
    »Glaubst du, der Baum hat irgendetwas an sich, wodurch es Felix besser ging?«, fragte Molly. »Eine Art Medizin?«
    »Möglich«, sagte Joe. »Aber die Verbindung zwischen Golnik und Orlov ist das Pentajulum. Alles andere ergibt für mich keinen Sinn.« Er fuhr sich über das Stoppelkinn. »Vielleicht kam später   – nach Golniks Beerdigung   – einer hierher und hat es bei ihm vergraben. ’n Anhänger von ihm oder so.«
    Molly erschauerte wieder, aber diesmal lag es nicht an der Feuchtigkeit oder der Kälte. Sie blickte sich um, denn mit einem Mal spürte sie einen seltsamen Druck im Nacken, als würden sie und Joe heimlich beobachtet.
    »Hast du das auch gehört?«, fragte sie leise, obwohl sie sich nicht sicher war, ob es überhaupt etwas zu hören gab. Ein Geräusch vielleicht, das nicht hierher passte? Das Schmatzen von Stiefeln in der schlammigen Friedhofserde?
    Joe blickte sich nur kurz um, dann konzentrierte er sich wieder ganz auf Golniks Grab. Er musterte den Grabstein, bückte sich und besah sich die Wurzeln des Baumes dicht über dem Boden.
    Molly sagte sich, dass die gespenstische, trostlose Umgebung ihre Fantasie anstachelte und es gar nichts zu fürchten gab. Bestimmt hatte sie sich alles nur eingebildet. Entschlossen bog sie einen tief hängenden Ast beiseite und trat näher an den Baum heran. Regentropfen sprühten herab, als der Ast zurückschnellte, und eiskalte Rinnsale liefen ihr den Nacken hinunter. Sosehr sie um Felix’ Leben fürchtete   – Molly wünschte sich, sie könnte einfach die Augen

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