Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
durchgehen konnte. Dort stellte er fest, dass Brubaker und Myers ihre Observierung abgebrochen hatten und sein Volvo an der Fahrerseite eine lange Schramme aufwies. Offensichtlich hatte einer der Detectives einen Blick in die Bar geworfen, festgestellt, dass Kurtz spurlos verschwunden war, und seiner Unzufriedenheit dann in ausgesprochen professioneller Manier Luft verschafft.
»Dein Freund und Helfer«, murmelte Kurtz.
Er fuhr mit höchster Wachsamkeit nach Lockport hinüber und hielt während der gesamten Fahrt aufmerksam nach Verfolgern Ausschau. Niemand zu sehen. Diese Cops sind auch nicht wesentlich anhänglicher als die billigen Post-It-Nachahmungen, ging Kurtz ein wenig schmeichelhafter Gedanke durch den Kopf.
Eine Straße von Rachels Haus entfernt schaltete er wieder sein Abhörgerät ein und überprüfte die Wanzen im Haus. Donnie hatte sein Versprechen eingelöst und der Stadt den Rücken gekehrt. Rachel war allein zu Hause und sah sich eine uralte Hayley-Mills-Verfilmung von Erich Kästners Doppeltem Lottchen an. Außer einem leisen Mitsummen der Kleinen und einem Anruf ihrer Freundin Melissa, bei dem Rachel bestätigte, dass Rafferty unterwegs war, gab es nichts zu hören. Kurtz interpretierte das Summen als gutes Zeichen, schaltete das Gerät aus, fuhr zurück zum Büro, um es dort zu verstauen, und gab sich dann mal wieder in seinem Zimmer im Royal Delaware Arms die Ehre.
Der Mörtelstaub war seit dem Morgen unberührt geblieben. Die Reparaturen an seiner Tür erlaubten ihm den seltenen Luxus, den Sicherheitsriegel vorzulegen. Kurtz bereitete sich auf der Kochplatte ein Pfannengericht zu, zu dem er einen Schluck billigen Wein trank, den er auf dem Nachhauseweg gekauft hatte. Im Zimmer stand kein Fernseher, aber Kurtz besaß ein altes Transistorradio, auf dem er Buffalos besten Jazz- und Bluessender einstellte und der Musik lauschte, während er einen Roman las, der Ada hieß. Der eiskalte Wind bahnte sich durch die Risse im Putz und den Fußboden seinen Weg ins Innere. Gegen 22 Uhr fror Kurtz entsetzlich, kontrollierte noch einmal die Schlösser und den Sicherheitsriegel, klappte die große Couch zu einem Bett aus, putzte sich die Zähne, überprüfte, dass seine .40 S&W und Farino Ferraras zwei 45er in Reichweite lagen, und legte sich schlafen.
Kapitel 13
»Sind Sie öfter hier?«, fragte Kurtz.
»Idiot.«
Er und Angelina Farino Ferrara lieferten sich auf nebeneinander aufgebauten Laufbändern im verspiegelten Hauptsaal des Buffalo Athletic Club im fünften Stock einen Wettlauf auf dem Teakholz-Parkett. Ihre Bodyguards stemmten im angrenzenden Kraftraum die Gewichte und bewunderten gegenseitig ihre schweißglänzenden Muskeln. Er konnte sie durch die Glaswand problemlos beobachten, sie waren aber außer Hörweite. Niemand trainierte in direkter Nähe von Kurtz und Angelina.
»Haben Sie meine Waffen mitgebracht?«, hakte sie nach.
Kurtz trug einen unförmigen Trainingsanzug – völlig außer Mode, wenn man die Outfits der wenigen anderen Besucher im Studio als Maßstab nahm –, während Angelinas modisches hautenges Trikot deutlich erkennen ließ, dass sie nicht bewaffnet war. Kurtz zuckte die Achseln und stellte sein Laufband auf eine höhere Geschwindigkeit ein. Angelina passte die Einstellungen bei ihrem Gerät ebenfalls an. »Ich will sie zurückhaben.« Sie redete und atmete mühelos, begann aber zu schwitzen.
»Hab’s notiert.« Kurtz schielte zu den Bodyguards hinüber. »Taugen sie etwas?«
»Die Boys? Marco ist in Ordnung. Mit Leo verschwendet Stevie nur sein Geld.«
»Leo ist der mit den Kusslippen und dem Hang zur Fettleibigkeit?«
»Genau.«
»Sind das Ihre wichtigsten Leute?«
»Die Boys? Sie sind die einzigen, die sich rund um die Uhr in meiner Nähe aufhalten, aber Stevie hat gerade noch acht weitere Mitarbeiter eingestellt. Sie sind alle ziemlich gut in dem, was sie tun, aber sie halten sich nicht die ganze Zeit am Jachthafen auf. Sollten Sie sich nicht lieber nach Gonzagas Bodyguards als nach meinen erkundigen?«
»Na gut. Wie steht es mit Gonzagas Leuten? Wie viele sind es? Sind sie gut? Und wer hält sich sonst noch im Haus auf? Wie oft verlässt er das Grundstück?«
»Mittlerweile verlässt er es nur noch äußerst selten. Und man weiß nie vorher, wann das sein wird.« Angelina stellte Geschwindigkeit und Winkel ihres Laufbands noch etwas höher. Kurtz tat es ihr nach. Sie mussten etwas lauter reden, um sich über das laute Surren des Cardiogeräts hinweg zu
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