Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
verständigen. »Emilio hat in seiner Festung 28 Leute, die für ihn arbeiten«, erklärte sie. »19 davon sind Muskeln. Ziemlich gute Leute, auch wenn sie wahrscheinlich langsam einrosten, wenn sie den ganzen Tag rumsitzen und seinen fetten Arsch bewachen. Beim Rest handelt es sich um Köche, Hausmädchen, Butler und Techniker. Manchmal ist auch sein Geschäftsführer da ...«
»Wie viele Bewaffnete gibt es im Hauptgebäude, wenn Sie ihn besuchen?«
»Meistens sehe ich acht. Zwei spielen im Foyer Babysitter für die Boys. Beim Essen spannt Emilio normalerweise vier seiner Leibwächter als Kellner ein. Einige streifen auch im Haus herum.«
»Und der Rest des Wachpersonals?«
»Zwei im Pförtnergebäude neben dem Tor. Etwa vier in der separaten Sicherheitszentrale, in der die Videoüberwachung zusammenläuft. Drei weitere patrouillieren mit Wachhunden auf dem Gelände. Und zwei mit Funkgeräten ausgerüstete Stiernacken fahren in Jeeps ständig die Grundstücksgrenzen ab.«
»Noch weitere Leute?«
»Nur die Bediensteten, die ich erwähnt habe, und gelegentlich sein Anwalt oder andere Geschäftskontakte. Sie waren allerdings nie da, wenn ich zum Essen kam. Emilios Frau ist vor neun Jahren gestorben. Es gibt noch einen 30-jährigen Sohn, der in Florida lebt. Der Junge sollte eigentlich mal das Geschäft übernehmen, aber er wurde vor sechs Jahren enterbt und weiß, dass er umgenietet wird, wenn er sich jemals wieder im Großraum New York blicken lässt. Er ist schwul. Emilio hasst Schwule.«
»Woher wissen Sie das alles? Ich meine jetzt vor allem die Details über die Security auf dem Grundstück.«
»Emilio hat mich herumgeführt, als ich ihn das erste Mal besucht habe.«
»Nicht sehr schlau.«
»Ich glaube, er wollte mich mit seiner Unangreifbarkeit beeindrucken.« Angelina stellte das Laufband auf Höchstgeschwindigkeit und musste jetzt ernsthaft rennen.
Kurtz tippte die gleichen Einstellungen ein. Einige Minuten keuchten sie schweigend nebeneinander her.
»Wie sieht Ihr Plan aus?«, erkundigte sie sich schließlich.
»Sollte ich einen Plan haben?«
Sie schenkte ihm einen Blick, der in seiner Intensität sizilianisch wirkte. »Ja, Sie sollten einen gottverdammten Plan haben.«
»Ich bin kein Auftragskiller«, entgegnete Kurtz. »Ich biete andere Dienstleistungen an.«
»Aber Sie planen trotzdem, Gonzaga zu töten.«
»Wahrscheinlich.«
»Aber Sie planen nicht ernsthaft, ihn auf seinem Grundstück zu erledigen.«
Kurtz konzentrierte sich auf seine Atmung und lief schweigend weiter.
»Wie könnte man dort an ihn herankommen?« Angelina wischte sich einen Schweißtropfen aus ihrem linken Auge.
»Eine hypothetische Frage?«, fragte Kurtz.
»Wie auch immer.«
»Ist Ihnen die Baustelle einen halben Kilometer südlich des Grundstücks aufgefallen?«
»Ja.«
»Die Bagger und Planierraupen und Laster, die dort die meiste Zeit ungenutzt herumstehen?«
»Ja.«
»Wenn jemand die größte dieser Maschinen stehlen würde, könnte er damit das Wachhaus platt walzen, ins Hauptgebäude eindringen, sämtliche Leibwächter erschießen und dann Gonzaga selber erledigen.«
Angelina schaltete das Laufband ab und verlangsamte ihre Schritte, während es allmählich zum Stillstand kam. »Sind Sie wirklich so dumm?«
Kurtz rannte weiter.
Sie nahm ihr Handtuch von den Schultern und wischte sich das Gesicht ab. »Wissen Sie, wie man diese Bulldozerdinger fährt?«
»Nein.«
»Wissen Sie, wie man sie startet? «
»Nein.«
»Kennen Sie jemanden, der es weiß?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Sie haben die Idee aus irgendeinem bescheuerten Jackie-Chan-Film«, mutmaßte Angelina und verließ das Laufband.
»Ich wusste gar nicht, dass man Jackie Chan auch in Sizilien und Italien kennt«, sagte Kurtz und schaltete sein Trainingsgerät ebenfalls ab.
»Jackie-Chan-Filme gibt es überall.« Sie trocknete sich die schweißnasse Haut im Ausschnitt ihres Trikots ab. »Sie werden mir Ihren Plan nicht verraten, stimmt’s?«
»Stimmt«, bestätigte Kurtz. Er warf einen Blick auf die Boys, die mit Bankdrücken fertig waren und sich jetzt gegenseitig beim Hantelstemmen bewunderten. »Das hat wirklich Spaß gemacht. Und ich spüre bereits, wie wir eine spontane körperliche Anziehungskraft füreinander entwickeln und Sie mich bald zu sich nach Hause einladen werden. Sehen wir uns morgen wieder? Gleiche Zeit, gleicher Ort?«
»Idiot.«
An Sonntagen besuchte James B. Hansen mit seiner Frau Donna und seinem Stiefsohn Jason den
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