Joe - Liebe Top Secret
ausgesprochen hatte.
Veronica hatte ihm die Freundschaft angeboten. Wahrscheinlich würde sie ebenso nett zu einem streunenden Hund sein.
Aber den ganzen Tag lang hatte er sich dabei ertappt, wie er sich etwas vormachte. Er hatte für die versteckten Kameras geschauspielert, und zwar in dem Wissen, dass sie ihn beobachtete. Und er hatte es genossen, ihre vertrauliche Stimme zu hören.
Es spielte keine Rolle, dass sie manchmal sogar Kilometer voneinander entfernt waren. Veronica war seine Hauptverbindung zum Überwachungswagen gewesen. Ihre Stimme hatte Joe am häufigsten über das Headset gehört. Er musste sich nach ihr richten und ihr vertrauen, wenn sie ihm Informationen und Anweisungen gab. Ob es ihr bewusst war oder nicht, ihre Beziehung war enger geworden.
Und Joe vermutete, dass sie es wusste.
Ihm fiel auf, dass er sie schon wieder anstarrte. Ihre Augen waren so groß und blau, als sie seinen Blick erwiderte.
Zuerst sah er zur Seite. Wem machte er etwas vor? Was versuchte er zu tun? Waren denn zwei Körbe nicht genug? Was dachte er sich, aller guten Dinge sind drei?
„Es ist schon spät“, sagte er schroff. Er wollte sie entweder in seinen Armen spüren oder dass sie ging.
„Tja“, erwiderte sie deutlich verwirrt. „Es tut mir leid. Ich …“ Sie schüttelte den Kopf und suchte einen Moment lang etwas in ihrer Mappe. „Hier ist der Ablauf für morgen“, fügte sie hinzu und reichte ihm ein Blatt Papier. „Dann gute Nacht.“ Sie ging voller Anmut zur Tür.
„Saint Mary“, las Joe laut vor, als sein Blick in der Mitte der Liste hängen blieb.
Veronica hielt inne und drehte sich zu ihm um. „Ja, das ist richtig. Ich wollte Sie darum bitten, etwas … Besonderes anzuziehen.“
„Was denn? Mein riesiges Hühnerkostüm?“
Sie lachte. „Daran habe ich nicht unbedingt gedacht.“
„Dann können Sie vielleicht etwas genauer werden.“
„Blaues Jackett, rote Schärpe, schwarze Hose“, erklärte Veronica. „Tedrics Prinz-Charming-Outfit. Sind Sie damit ausgestattet?“
„Ich werde es tragen.“ Joe verbeugte sich. „Ihr Wunsch ist mir Befehl.“
13. KAPITEL
V eronica fuhr mit Joe in der Limousine zum Saint Mary.
Er trug das Prinz-Charming-Outfit, um das sie ihn gebeten hatte, und sah darin fast lächerlich attraktiv aus.
„Heute wird es etwas schwieriger“, sagte sie und erledigte die letzten Vorbereitungen am Laptop.
„Soll das ein Scherz sein?“, fragte Joe. „Keine Presse, keine Fanfaren – wie schwierig sollte das wohl werden?“
„Ich werde dieses Mal dabei sein“, erwiderte sie, als hätte sie ihm nicht zugehört.
„Oh nein, das werden Sie nicht“, entgegnete Joe. „Ich will Sie im Radius von zehn Metern nicht in meiner Nähe sehen.“
Sie sah vom Bildschirm ihres Computers auf. „Es ist nicht gefährlich. Denn die Klinik stand nicht auf dem Terminplan, den wir der Presse geschickt hatten.“
„Es ist immer gefährlich“, beharrte Joe. „Es besteht immer die Möglichkeit, dass wir verfolgt werden.“
Veronica blickte aus dem Rückfenster. Drei weitere Limousinen und der Überwachungswagen fuhren hinter ihnen her. „Du lieber Himmel“, sagte sie gespielt überrascht. „Sie haben recht! Drei sehr verdächtig aussehende Limousinen folgen uns und …“
„Lassen Sie das Comedyprogramm“, murmelte Joe. „Sie gehen nicht dort hinein. Ende der Diskussion.“
„Sie wollen nicht, dass ich verletzt werde.“ Veronica schloss den Laptop. „Das ist … sehr fürsorglich von Ihnen.“
„So bin ich. Prinz Zuckerguss.“
„Aber ich muss hineingehen.“
„Ronnie …“
„Saint Mary ist ein Hospiz, Joe“, sagte Veronica leise. „Für krebskranke Kinder.“
Joe wurde still.
„Es gibt da ein kleines Mädchen namens Cindy Kaye“, fuhr sie langsam und mit flacher Stimme fort. „Sie hat Tedric einen Brief geschrieben und ihn gebeten, sie während seines Staatsbesuchs zu besuchen. Sie möchte einem echten Prinzen begegnen, bevor … bevor sie stirbt.“ Sie räusperte sich. „Cindy hat einen inoperablen Hirntumor. Sie hat Tedric monatelang geschrieben – nicht, dass er die Briefe überhaupt gelesen hätte. Aber ich habe sie gelesen. Jeden einzelnen. Sie ist unglaublich aufgeweckt und lieb. Und sie hat nur noch ein paar Wochen.“
Joe stieß einen langen, schmerzerfüllten Laut aus. Er rieb sich die Stirn und hielt dabei die Hand über die Augen.
„Ich habe heute Morgen mit ihrer Mutter telefoniert“, sagte Veronica. „Offenbar geht es Cindy
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