Joe - Liebe Top Secret
ihr gesagt, dass ihm ihre Küsse nichts bedeuteten.
Trotzdem begehrte er sie.
Veronica wusste es, weil sie ihm in die Augen geschaut hatte. Sie hatte es auch an der Art erkannt, wie er sie in der Kapelle geküsst hatte. Wären sie allein gewesen, hätte nicht viel gefehlt, und aus diesem einen Kuss wäre weitaus mehr geworden.
Aber er liebte sie nicht.
Was nun? Würde sie herumsitzen und Joe aus der Ferne anschmachten, bis die Terroristen gefasst waren und er zur provisorischen Basis von Team Ten in Kalifornien zurückkehrte? Oder würde sie etwas Dummes anstellen, wie mit diesem Mann zu schlafen und naiv hoffen, er verliebte sich urplötzlich nach einer Nacht mit ihr auch in sie?
Das würde nie geschehen. Er bekäme alles, woran er bei ihr interessiert war: Sex. Und sie hätte ein gebrochenes Herz.
Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange und rann ihr ins Ohr, was sich unangenehm anfühlte. Super. Viel tiefer konnte man nicht sinken.
Als das Telefon klingelte, drehte Veronica sich auf die Seite und sah es an. Sie überlegte, ob sie darauf warten sollte, dass beim Empfang eine Nachricht für sie hinterlassen wurde. Doch nach dem dritten Klingeln hob sie schließlich ab. Sie würde jetzt sowieso nicht mehr schlafen.
„Veronica St. John“, meldete sie sich seufzend.
„Hey.“
Es war Joe.
Veronica setzte sich auf und wischte sich hastig die Tränen vom Gesicht, als könnte er sehen, dass sie geweint hatte. Sie hatte nicht mit seinem Anruf gerechnet. Nicht in einer Million Jahre. Nicht nach ihrem grässlichen Gespräch im Flugzeug.
„Bist du wach?“, fragte er.
„Jetzt schon“, erwiderte sie.
„Oh, verflixt.“ Er klang besorgt. „Habe ich dich wirklich geweckt?“
„Nein, nein. Ich war nur … Nein.“
„Gut. Ich werde deine Zeit nicht allzu sehr in Anspruch nehmen“, erklärte er. Seine heisere Stimme hörte sich steif und unnatürlich an. „Ich wollte dir nur kurz sagen – für den Fall, dass du unter Beschuss gerätst, weil ich Tedrics Ring verschenkt habe …“
„Das ist schon in Ordnung“, unterbrach Veronica ihn. „Der Botschafter hat gerade angerufen und …“
„Ich wollte nur, dass du weißt, ich werde den Ring bezahlen“, erwiderte er. „Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, etwas zu verschenken, das mir gar nicht gehört. Aber …“
„Das hat sich schon erledigt.“
„Ach ja?“
„Deine Beliebtheitskurve schießt offenbar in den Himmel“, erzählte sie ihm. „Ich glaube, der ustanzische Botschafter zieht in Erwägung, dich zum Ritter zu schlagen oder vielleicht sogar zum Heiligen zu erklären.“
Joe lachte. „Ah, ich sehe es schon vor mir: Joe, der Schutzpatron aller Promi-Doppelgänger.“
„Wohl eher der Schutzpatron von todkranken Kindern und hoffnungslosen Fällen?“, fragte Veronica sanft. „Weißt du, Joe, du überraschst mich immer wieder.“
„Da sind wir schon zu zweit“, murmelte er.
„Wie bitte?“
„Nichts. Ich sollte los …“
„Du hast wirklich ein weiches Herz, oder?“, fragte Veronica.
„Honey, ich bin nirgendwo weich.“ Sie konnte fast sehen, wie er sich sträubte.
„Das sollte keine Beleidigung sein.“
„Ich habe einfach ein Problem damit, wie dieses Land seine Kriegsveteranen behandelt, okay?“, erwiderte er. „Ich bin es leid, zuzusehen, wenn gute Männer zu einem Leben in der Gosse gezwungen werden – Soldaten und Matrosen, die ihr Leben riskiert und für dieses Land gekämpft haben.“
Veronica strich sich das Haar aus dem Gesicht und verstand es plötzlich. Es war etwas Persönliches. Es hatte etwas mit dem alten Matrosen zu tun, den Joe als Kind gekannt hatte. Wie hieß er doch gleich …? „Frank O’Riley“, sagte sie und merkte kaum, dass sie den Namen ausgesprochen hatte.
Joe schwieg sekundenlang. „Ja“, antwortete er schließlich. „Der alte O’Riley ist zu einem Saufgelage gegangen und hat seinen Job verloren. Es hat ihn fast umgebracht, sich auch nur vorzustellen, dass er seinen Garten verlieren könnte. Er hat sich wieder aufgerappelt, aber es war zu spät. Niemand hat ihm geholfen. Er war ein Kriegsheld, und er stand mitten im verfluchten Winter auf der Straße.“
„Und deshalb ist er gestorben“, vermutete Veronica.
„Er hat eine Lungenentzündung bekommen.“ Joes Stimme klang seltsam leer. Und Veronica erkannte an seinem emotionslosen Tonfall, dass Frank O’Rileys Tod Joe noch immer sehr wehtat.
„Es tut mir leid“, murmelte sie.
Wieder blieb Joe einen Moment
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