Joe - Liebe Top Secret
gehört? Was passiert da? Irgendetwas los?“ Er hasste es, sich so von seinem Team davonzumachen.
Der Fahrer schüttelte den Kopf. „Man sagt, fast alles ist sauber“, erwiderte er. „Es ist angeblich falscher Alarm. Einer der Partygäste besteht darauf, das Fenster im oberen Badezimmer geöffnet zu haben, weil ihm schwindlig geworden sei.“
Joe lehnte sich zurück. Falscher Alarm. Er atmete tief ein und aus, um die Anspannung loszuwerden. Seine Jungs waren in Sicherheit. Ronnie war in Sicherheit. Er war in Sicherheit. Er steckte die Waffe ins Halfter und blickte von Freeman zu West. „Wissen Sie, ich hatte keine Ahnung, dass Jungs wie Sie für mich so viel aufs Spiel setzen.“
West sah aus dem einen Fenster, Freeman aus dem anderen. „Wir machen einfach unsere Arbeit, Sir“, sagte West in gelangweiltem Tonfall.
Joe wusste es besser. Es war merkwürdig, zwischen zwei halbwegs Fremden zu sitzen – Fremde, die heute für ihn gestorben wären, wenn nötig. Es war seltsam zu wissen, dass sie sich um ihn kümmerten.
In einem plötzlichen Gedankenblitz erinnerte sich Joe an ein Paar kristallblauer Augen, die ihn hitzig genug angeschaut hatten, um eine Rakete zu zünden.
West und Freeman waren nicht die Einzigen, die sich um ihn Sorgen machten.
Veronica St. John tat genau dasselbe.
16. KAPITEL
V eronica stand am Fenster und schaute hinaus auf die Bostoner Innenstadt. Es sah wunderschön aus, wenn sich die Lichter der Stadt im Charles River spiegelten. Sie sah die Esplanade, den Park entlang des Flusses, und die Hatch Shell; auf der Freilichtbühne war das Boston Pops Orchestra im Sommer kostenlos aufgetreten. Und irgendwo da unten, hinter den Bäumen versteckt, lag Beacon Hill. Das Stadtviertel, in dem Talandra wohnte. Und wo in diesem Augenblick eine Party stattfand – ohne sie.
Sie trank noch einen Schluck Rum mit Cola und fühlte, wie sich die süße Wärme vom Rum in ihrem Körper ausbreitete.
Tja, sie hatte sich an diesem Abend auf jeden Fall blamiert. Schon wieder. Veronica sah ihr Spiegelbild verschwommen im Fenster. Sie sah in diesem Kleid wie eine andere Frau aus. Verführerisch und sexy. Wie eine Frau, die nur mit dem Finger zu schnippen brauchte und Dutzend Männer rannten zu ihr. Wie eine Frau, der es verdammt egal war, ob ein Matrose sie in seiner Nähe haben wollte oder nicht.
Sie lachte laut auf, doch ihr Lachen klang hohl. Sie war so dumm gewesen! Sie war mit der festen Absicht, Joe Catalanotto zu verführen, zu der Party gegangen. Sie hatte alles perfekt geplant: Sie würde dieses unglaubliche Kleid tragen, und er wäre überwältigt. Sie würden tanzen, eng, immer enger. Er wäre noch mehr überwältigt. Er würde ihr zurück zum Hotel folgen. Sie würde ihn unter dem Vorwand, etwas für den nächsten Tag mit ihm besprechen zu wollen, in ihr Zimmer bitten. Er war nicht dumm und würde den FInCOM-Agenten bedeuten, draußen zu warten. Und sobald die Zimmertür geschlossen war, würde er sie an sich ziehen …
Es war perfekt. Sie hatte nur eine winzige Kleinigkeit übersehen: Der Plan konnte nur funktionieren, wenn Joe sie auch begehrte.
Sie hatte geglaubt, Verlangen in seinem Blick zu erkennen, als er sie an diesem Abend angesehen hatte. Doch offensichtlich hatte sie sich geirrt.
Veronica trank noch einen Schluck und drehte sich um. Sie konnte die Stille keine Sekunde länger ertragen.
Neben dem Fernseher stand ein Radio. Sie schaltete es ein. Es war auf einen Soft-Rock-Sender eingestellt, nicht gerade ihre Lieblingsmusik, aber das war ihr egal, solange es diese Stille vertrieb.
Sie wusste, dass sie das Kleid ausziehen sollte. Es erinnerte sie nur daran, was für ein absoluter Dummkopf sie gewesen war. Wieder betrachtete sie sich, dieses Mal im Spiegel, der an der Wand hing. Das Kleid war eigentlich unanständig. Der seidige Stoff schmiegte sich an ihre Brüste und offenbarte die Tatsache, dass sie keinen BH trug. Und es war so geschnitten, dass sie viel Dekolleté, Haut und Kurven zeigte. Du meine Güte, sie hätte genauso gut ohne Oberteil hingehen können! Was war bloß in sie gefahren, dieses Kleid überhaupt zu kaufen? Das war ja, als würde sie im Nachthemd in die Öffentlichkeit gehen.
Veronica starrte sich im Spiegel an. Sie wusste, warum sie das Kleid gekauft hatte. Es war wie eine unausgesprochene Botschaft an Joe. Hier bin ich. Ich bin ganz dein. Komm und nimm mich.
Worauf er eine klare Antwort gegeben hatte. Halt dich verdammt noch mal von mir fern.
Seufzend
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