Joe von der Milchstraße
ein ›hier oben‹ geben, in dieser Welt, in der andere Gesetze regieren.«
»Pläne, nichts als Pläne!« sagte der Roboter skeptisch.
»Helfen Sie uns in unsere Anzüge!« befahl Joe.
»Dort unten in der ›Aquatischen Sub-Welt‹ werden Sie an einem Ort sein, den Amalita schon vergessen hat«, sagte der Roboter.
»Wer ist Amalita?« fragte Joe.
»Der Gott, für den die Kathedrale gebaut wurde«, erklärte Mali, »der Gott, der in Heldscalla angebetet wurde. Wenn die Kathedrale wieder errichtet ist, kann Glimmung wieder Amalita anrufen wie in früheren Tagen, bevor die Kathedrale bei der großen Katastrophe versank. Amalitas Niederlage gegen Borel war eine vorübergehende, zeitlich begrenzte, aber es war eine schreckliche Niederlage. Das erinnert mich an ein terranisches Gedicht von Bert Brecht, ›Das ertrunkene Mädchen‹. Mal sehen, ob ich es noch zusammenbekomme … ›Und allmählich vergaß Gott sie; zuerst ihre Arme, dann ihre Beine und ihren Körper, bis sie –‹«
»Was für Gottheiten sind das?« unterbrach Joe sie. Bisher war über diese Dinge überhaupt noch nicht gesprochen worden. Eigentlich war es ganz selbstverständlich und logisch, daß eine Kathedrale eine Stätte der Gottesverehrung war, und irgend etwas oder irgend jemand mußte ja das Objekt dieser Verehrung sein! »Weißt du noch mehr über diese Geschichte?«
»Ich kann Sie voll darüber informieren«, sagte der Roboter, noch immer verärgert.
»Ist dir schon einmal die Idee gekommen«, wandte sich Mali an den Roboter, »daß es Amalita sein könnte, der in der Gestalt Glimmungs die Kathedrale wieder errichtet, damit er auf diesem Planeten erneut angebetet werden kann?«
»Hmm …« murmelte der Roboter, sichtlich verwirrt und ärgerlich; Joe hörte förmlich, wie es in seinem Gehirnkasten summte und klickte, während er fieberhaft nachdachte. »Nun«, sagte er plötzlich, »Sie wollten doch Auskünfte über die beiden Gottheiten haben, Mr. Fernwright. Sie vergaßen jedoch wieder einmal, daß Sie zuerst ›Willis‹ –«
»Willis«, sagte Joe ungeduldig, »erzähl mir etwas über Amalita und Borel! Wie lange und auf wievielen Planeten wurden sie verehrt? Wo entstand dieser Kult?«
»Ich habe eine Broschüre«, sagte der Roboter, »die dieses Thema erschöpfend behandelt.« Seine Hand glitt in seine Brusttasche und zog ein vervielfältigtes Pamphlet hervor. »Ich habe es in meiner Freizeit geschrieben«, sagte er stolz. »Mit Ihrer freundlichen Erlaubnis werde ich mich bei meinen Ausführungen darauf beziehen. Auf diese Weise brauche ich meine Gedächtnisspulen nicht so stark zu beanspruchen. Also, Amalita existierte alleine. Das war vor etwa fünfzigtausend terranischen Jahren. Da fühlte er plötzlich in den Krämpfen der Apotheose sexuelles Verlangen. Aber es existierte nichts, auf das sich dieses Verlangen hätte richten können. Er fühlte Liebe, aber es gab nichts, das er hätte lieben können. Er verspürte Haß, aber es war nichts da, das er hätte hassen können.«
»Er fühlte Gleichgültigkeit, aber es gab nichts, demgegenüber er sich hätte gleichgültig fühlen können«, sagte Mali kalt. Sie war emotional vollkommen unbetroffen.
»Wollen wir zuerst über das sexuelle Verlangen reden«, sagte der Roboter. »Wie wir wissen, ist die genußvollste Form der sexuellen Liebe der Inzest; insofern, als der Inzest eines der fundamentalen Tabus im ganzen Universum ist. Je größer das Tabu, desto größer und gieriger die Lust. Also erschuf Amalita seine Schwester Borel. Ein weiterer reizvoller Aspekt der sexuellen Liebe ist die Liebe zum Bösen, zu jemandem, den, wenn man ihn nicht liebte, man verabscheuen würde. Also machte Amalita seine Schwester zum Inbegriff des Bösen; sie begann sofort, alles niederzureißen und zu zerstören, was er im Laufe von Jahrhunderten erschaffen hatte.«
»Zum Beispiel Heldscalla!« murmelte Mali.
»Ja, Mrs. Lady«, sagte der Roboter zustimmend. »Nun, das nächste, höchst machtvolle Stimulans in der sexuellen Liebe ist es, jemanden zu lieben, der stärker ist. Also verlieh Amalita ihr die Fähigkeit, alle seine Gebäude nach und nach zu zerstören; er versuchte, sie daran zu hindern, aber sie war mittlerweile zu stark geworden, genau, wie er beabsichtigt hatte. Schließlich, das letzte Element: das Liebesobjekt zwingt einen, herabzusteigen in seine Welt, in der seine niederträchtigen, verabscheuungswürdigen Gesetze regieren. Das ist genau das, was wir mit der Hebung Heldscallas
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