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Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Titel: Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Joel sich das vorgestellt hatte. Natürlich machte Otto einen Haufen Ärger.
    In der zweiten Pause nahm Joel allen Mut zusammen und ging auf dem Schulhof zu Otto. Der war gerade dabei, ein rostiges Fahrtenmesser gegen ein Paar alte Motorradhandschuhe zu tauschen. Joel hielt sich im Hintergrund, bis der Tauschhandel abgeschlossen war. Er sah, wie Otto die Handschuhe zufrieden in seine Jackentasche steckte. Da ging Joel auf ihn zu. »Ich will mit dir reden«, sagte er. Otto sah ihn mißtrauisch an.
    »Kannst du denn reden?« fragte er höhnisch. »Ich dachte, Knirpse wie du können nur flennen.«
    Fast hätte Joel sich auf ihn gestürzt. Aber er hielt sich gewaltsam zurück. Genau das wollte Otto ja, daß die, die kleiner waren als er, eine Prügelei anfingen. Dann konnte er sie verhauen und sich hinterher damit verteidigen, daß er ja nicht angefangen hatte.
    »Ich wollte dich was fragen«, sagte Joel. »Wenn du mir antwortest, kriegst du zwei Sammelbilder.«
    Joel wußte, daß Otto auch Fußballerbilder sammelte. Er hatte beschlossen, die beiden Bilder zu opfern, die in den Hustenbonbonschachteln von Sara gewesen waren. Otto sah ihn immer noch mißtrauisch an.
    »Bestimmt«, sagte Joel. »Ich leg dich nicht rein.« »Wenn du mich reinlegst, kriegst du Prügel«, sagte Otto und begann, in Richtung Mülltonnen hinter der Schule zu gehen.
    Die Mülltonnen waren der Ort auf dem Schulhof, wo man sich beratschlagte. Dorthin durften nur die großen Jungen gehen. Niemals Mädchen. Und kleine Jungen nur in Begleitung von großen.
    »Ich will die Bilder sehen«, sagte Otto und baute sich vor Joel auf.
    Jetzt war die Situation gefährlich, das wußte Joel. Wenn er nicht aufpaßte, riß Otto die Bilder einfach an sich und ging weg, ohne auf irgendwelche Fragen zu antworten. Aus dem Grund holte Joel nur ein Bild hervor und zog sich gleichzeitig zurück. »Das ist nur eins«, sagte Otto.
    »Ich hab noch eins«, antwortete Joel. »Aber erst will ich Antwort auf meine Fragen haben.«
    »Welche Fragen ?«
    Joel schüttelte den Kopf und bog um die Ecke. Er lehnte sich gegen eine der Mülltonnen und zwang sich, Otto gerade in die Augen zu sehen.
    »Es gibt da zwei, die heißen Rolf und David«, sagte Joel. »Die sitzen oft in der Bierstube. Einer von denen sieht aus wie der aus der Käsewerbung. Wie heißen die mit Nachnamen? Wo wohnen sie? Was machen sie?«
    »Das waren drei Fragen«, sagte Otto und grinste. »Ich muß drei Bilder kriegen.«
    Joel fiel keine gute Antwort ein. »Wenn man drei Fragen stellt, muß man auf eine Frage eine Antwort umsonst bekommen«, sagte er etwas zögernd.
    Otto grinste immer noch. »Wer hat das gesagt?« »So ist das nun mal draußen in der Welt«, sagte Joel. »Aber du weißt vielleicht nicht, wie es draußen in der Welt zugeht ?«
    Das war eine gefährliche Antwort. Otto konnte wütend werden und eine Prügelei anfangen. Schnell zog Joel die Hände aus den Taschen, bereit, sich zu verteidigen. Aber Otto grinste nur. »Ich weiß schon, wie es draußen in der Welt zugeht«, sagte er. »Glaub bloß nicht, daß du mir was beibringen kannst.«
    Jetzt hab ich ihn reingelegt, dachte Joel triumphierend. Das schaffen nicht viele!
    »Warum willst du was über die wissen ?« fragte Otto.
    »Das geht dich nichts an.«
    »Dann antworte ich dir nicht.«
    »Dann kriegst du keine Bilder.«
    Otto zuckte mit den Schultern.
    »Rolf heißt Person«, sagte er. »Der wohnt in der Nähe der Straßenbauverwaltung bei seiner Mutter. Er arbeitet alles mögliche.«
    »Was alles mögliche?«
    »Alles mögliche. Alles mögliche heißt alles mögliche!«
    Joel begriff, daß Otto es nicht wußte.
    »Und der andere?« fragte er.
    »Ich glaub, der heißt Lundberg«, sagte Otto. »Er arbeitet bei der Gemeinde und jagt Ratten.«
    Joel wurde sofort mißtrauisch. Er hatte noch nie davon gehört, daß jemand fürs Rattenjagen bezahlt bekam. »Das gibt's doch gar nicht, daß jemand Ratten jagt!« sagte er. »Das gibt's wohl! Glaubst du, ich lüge?«
    Otto machte einen drohenden Schritt auf Joel zu. »Ich glaube nicht, daß du lügst«, antwortete Joel. Er konnte nichts dagegen tun, daß seine Stimme zitterte. »Er hält die Kloaken sauber. Er wohnt in einem Nebengebäude auf dem Hof von Taxi-Lasse. Wenn du weißt, wo der wohnt?« »Ich weiß, wo Taxi-Lasse wohnt!«
    Otto streckte seine große Hand vor. »Die Bilder!« sagte er.
    Joel holte sie aus der Jackentasche und legte sie in Ottos Hand. Otto steckte sie in die Innentasche seiner

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