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Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Titel: Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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ausführen muß, macht mich krank.
    Plötzlich hatte er sich entschieden. Er würde heute nicht in die Schule gehen. Er nahm die Jacke vom Haken und schlich vorsichtig zur Tür hinaus.
    Damit ihn niemand sah, duckte er sich unter den Fenstern, bis er um die Ecke bog.
    Als er hinaus auf die Straße kam, fühlte er sich sehr erleichtert. Er hatte eine gute Entscheidung getroffen. Einen Tag konnte er ruhig wegbleiben. Bauchschmerzen bekam man schnell. Die konnte er gekriegt haben, nachdem Samuel in den Wald gegangen war. Plötzliche Bauchschmerzen, während er am Küchentisch saß. Nichts Ernstes. Aber doch so schlimm, daß er nicht in die Schule gehen konnte.
    Jetzt hatte er einen ganzen Tag für sich. Als erstes würde er sein Fahrrad abholen. Bis zwei konnte er machen, was er wollte. Dann war die Schule aus, und es bestand die Gefahr, daß er Frau Nederström auf der Straße traf. Doch bis dahin war er frei.
    Er tastete nach dem Zehn-Kronen-Schein in seiner Tasche.
    Plötzlich hatte er eine Idee. Es war nicht sicher, daß es ging. Aber einen Versuch war sie wert…
    Der alte Johanson öffnete gerade den Kiosk. Joel sah zu, wie er die Klappen vor dem Schaufenster entfernte. Auf dem Gehweg lag ein Packen Zeitungen.
    Der alte Johanson bemerkte ihn und zeigte auf die Zeitungen.
    »Die Schlagzeilenplakate«, sagte er. »Häng sie auf.« Joel hockte sich hin und begann, die Schnur um den Packen zu lösen. Es war ein Doppelknoten, den er nicht aufkriegte. Er entdeckte einen verrosteten Nagel, der zwischen zwei Steinen eingeklemmt war. Den schob er in den Knoten und zog und zerrte daran herum. Schließlich hatte er ihn gelöst und konnte die gelben Schlagzeilenblätter auspacken. Während er sie mit Heftzwecken feststeckte, las er, was auf den Blättern stand. In großen schwarzen Buchstaben stand da, daß man sich geeinigt habe. Wer hatte sich geeinigt?
    Man mußte die Zeitung lesen, um das zu erfahren. »Joel Gustafsons Mirakel« hätte da stehen können. »Joel Gustafsons Kampf mit der anstrengenden guten Tat.«
    »Rolf taugt nicht, entschied Joel Gustafson.« »Was wird aus dem Käsemann ?«
    »Wer wird Gertruds Mann? Lesen Sie den spannenden Fortsetzungsroman!«
    Joel hob den schweren Zeitungspacken an und hievte ihn durch die Kioskluke. Der alte Johanson nahm die Zeitungen entgegen.
    Für seine Mühe bekam Joel einen Bonbon.
    »Kannst du das hier wechseln?« fragte Joel und streckte seinen Geldschein vor. »In einen Fünfer und Ein-Kronen-Stücke.«
    Der alte Johanson zog die Kasse auf und zählte das Geld vor.
    »Warum bist du heute nicht in der Schule?« fragte er. »Unsere Lehrerin ist krank«, antwortete Joel. Das war eine gute Antwort. Einmal könnte sie stimmen, zum anderen war es schwer zu kontrollieren. Aber der alte Johanson hatte es sicher schon wieder vergessen. Er beugte sich über seine Zeitungen im Kiosk und sortierte sie.
    Joel lief zum Fahrradgeschäft. Er war gespannt, ob er es schaffen würde. Die Türglocke schellte, als Joel eintrat. Der Fahrradhändler kam vom Lager.
    »Ich wollte mein Fahrrad abholen«, sagte Joel. »Das rote. Die Kette war kaputt.«
    Der Fahrradhändler verschwand in der Werkstatt und kam mit Joels Fahrrad zurück. Auf dem Sattel klebte ein Zettel.
    »Genau zehn Kronen«, sagte der Fahrradhändler. »Ich hab nur acht«, sagte Joel mit jämmerlicher, piepsiger Stimme.
    »Es kostet zehn Kronen«, sagte der Fahrradhändler. »Das steht hier auf dem Zettel. Ich hab ihn selbst geschrieben.«
    Joel versuchte auszusehen, als ob er gleich weinen würde.
    Es gelang.
    »Dann gib mir acht Kronen«, sagte der Fahrradhändler.
    »Aber es kostet zehn. Ich hab's selbst auf den Zettel geschrieben.«
    Joel gab ihm acht Kronen und schob das Fahrrad aus dem Laden.
    Zwei Kronen waren nicht schlecht.
    Der Tag hatte gut angefangen. Er hatte ein gutes Geschäft gemacht, und er hatte kein schlechtes Gewissen, weil er nicht zur Schule gegangen war.
    Er fuhr davon und machte ein paar Schleuderproben auf dem Schotterweg zum Fluß hinunter. Die Kette war in Ordnung. Jetzt konnte er nach dem Käsemann suchen. Er bremste vor einer runden Eisenplatte, die in den Asphalt auf der Straße eingegossen war. Vielleicht war der Käsemann da im Untergrund bei seinen Ratten? Joel hätte den Deckel hochheben und nach ihm rufen können. Plötzlich wurde es spannend. Noch nie hatte er daran gedacht, daß es auch eine Unterwelt in diesem Kaff gab. Unterirdische Tunnel mit Rohrleitungen und riesigen Ratten, die durch ihre

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