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Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief

Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief

Titel: Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte.
    Es gab Augenblicke im Leben, da wusste Joel Gustafsson überhaupt nicht, was er machen sollte. Dies war so ein Augenblick.
    Er hörte, dass Samuel aufgewacht war. Jetzt stellte er das Radio ab. Joel zog sich die Decke über den Kopf und tat so, als ob er schliefe. Samuel öffnete die Tür einen Spalt. Lauschte. Dann schloss er die Tür wieder. Aber Joel blieb wach.
    Hätte er seinen Körper dort im Bett liegen lassen können, er wäre einfach weggegangen. Aber Menschen können nicht aus ihrer Haut. Das können nur Schlangen.
    Was geschehen war, wusste er nicht. Wenn er Gertrud eklig fand, dann konnte sie doch nichts dafür. Schließlich hatte sie sich nicht selbst die Nase abgeschnitten.
    Samuel war eingeschlafen. Das Schnarchen dröhnte durch die Wand. In diesem Augenblick war es schwer, an Ehnströms neue Verkäuferin zu denken. Oder dass er bald seine Karriere als Schwedens jüngster Rock-König starten würde. Vielleicht sogar der jüngste Rock-König der Welt.
    Er versuchte wegzuschlafen von allem, was geschehen war. Aber es ging nicht. Da stand er auf und ging zum Fenster. Der Sternenhimmel war ganz klar. Dann schaute er auf die Straße, wo eine einsame Straßenlaterne den Schnee beleuchtete. Dort, an der Stelle, hatte er einmal den geheimnisvollen Hund vorbeilaufen sehen.
    Plötzlich spürte er einen Stich in der Brust. Jemand stand dort im Schatten, ganz am Rand des Lichtkegels. Zuerst glaubte er, es sei Einbildung. Aber dann war er sicher. Dort stand jemand und sah zu seinem Fenster hinauf.
    Dann erkannte er, wer es war.
    Es war Gertrud.

7
    Das war noch nie passiert.
    Noch nie hatte Gertrud dort bei der Straßenlaterne gestanden. Weder am Tag noch wie jetzt, spät am Abend. Als Joel sie entdeckte, dachte er zunächst, sie sei eine Sinnestäuschung. Etwas, das zu sehen war und was es dennoch nicht gab. Aber sie blieb dort stehen und sie bewegte sich, bis sie vom Licht der Straßenlaterne eingefangen wurde. Plötzlich war sie sehr deutlich zu sehen. Joel drückte sein Gesicht gegen die kalte Fensterscheibe. Sie war es. Sie stand da und schaute zu seinem Fenster hinauf. Aber er wusste, dass sie nicht genau wusste, ob er dort war. Das Zimmer war dunkel. Er konnte sehen. Sie nicht.
    Es war irgendwie erschreckend, dass sie dort draußen in der Nacht stand. Joel hatte plötzlich das Gefühl, als sähe er den letzten Menschen auf der Welt. So musste der Jüngste Tag sein, von dem Frau Nederström manchmal erzählte. Der letzte Mensch, der übrig geblieben ist, steht unbeweglich unter einer Straßenlaterne, spät nachts in einem kleinen unbedeutenden Ort in Norrland.
    Eine größere Einsamkeit konnte Joel sich nicht vorstellen. Dann wusste er, dass er sie holen musste. So einsam durfte kein Mensch sein. Er zog seine Hosen und einen Pullover über den Schlafanzug und steckte seine nackten Füße in die Gummistiefel, die in der Küche standen. Samuel schlief. Er schnarchte laut.
    Als Joel auf die Straße kam, war er plötzlich verlegen. Aber da war es schon zu spät. Sie hatte ihn aus der Haustür kommen sehen. Er konnte nicht umkehren oder so tun, als hätte er sie nicht gesehen.
    Sie standen sich gegenüber, jeder auf einer Straßenseite. Alles war still. Nur die Nacht und der Sternenhimmel. Joel spürte, wie Kälte in seine Stiefel kroch. Zögernd überquerte er die Straße, schleppte sich fast vorwärts. »Warum stehst du hier?«, fragte er.
    »Du hast in meiner Küche ein Glas an die Wand geworfen«, sagte Gertrud. »Nicht schlimm, hab ich schon mal selbst getan. Aber ich hab nicht verstanden, warum. Darum bin ich hergekommen.« »Ich war schon fast eingeschlafen«, sagte Joel.
    Warum sagte er das? Fiel ihm denn nichts Besseres ein? Aber was er dann sagte, überraschte ihn noch mehr.
    »Wir gehen rauf«, sagte er. »Ich hab keine Strümpfe an. Es ist kalt.«
    Es wurde immer schlimmer.
    Er konnte sie doch nicht mit nach oben nehmen. Was passierte, wenn Samuel aufwachte? Aber es war schon wieder zu spät. Jetzt konnte er es nicht mehr zurücknehmen. »Vielleicht solltest du nach Hause gehen«, sagte er zögernd.
    »Ich hab alle Zeit der Welt«, antwortete sie. »Außerdem hab ich noch nie gesehen, wie du wohnst.«
    »Wir müssen ganz leise sein. Damit Samuel nicht wach wird.«
    Sie waren im Haus.
    »Welche Stufen knarren?«, fragte sie.
    »Die vierte, fünfte und zwölfte«, antwortete Joel.
    Ohne ein Geräusch zu machen erreichten sie die Wohnung.
    Zum ersten Mal brachte Joel mitten in der Nacht jemanden

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