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Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief

Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief

Titel: Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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mit nach Hause.
    »Es riecht gut«, flüsterte sie, als sie in der Küche standen. »Es riecht nach gebratenem Hering«, sagte Joel.
    Samuel schnarchte. Sie gingen in Joels Zimmer und schlössen die Tür. Er legte den Finger über den Mund. »Es ist hellhörig«, sagte er.
    »Alte Häuser haben gute Ohren«, antwortete sie und setzte sich auf sein Bett.
    Joel merkte, wie unruhig er war. Er wollte nicht, dass Samuel aufwachen, ins Zimmer kommen und Gertrud entdecken würde.
    Jetzt kehrten die Gedanken zurück.
    Er sah nur ihre Nase, die nicht an ihrem Platz war. Eine Nase, die es nicht gab, war zu Besuch bei ihm. Lieber hätte er Ehnströms neue Verkäuferin zu Besuch gehabt. Die auf seiner Bettkante sitzen würde. Dort in ihrer normalen Kleidung gesessen und Stockholmer Dialekt geredet hätte, sobald sie den Mund aufmachte. Aber Gertrud war bei ihm.
    Wieder war es, als ob sie seine Gedanken lesen könnte. »Warum hast du das Glas an die Wand geworfen?«, fragte sie.
    Joel schlug die Augen nieder und starrte auf seine Füße. Er sah, dass der linke Fuß schmutziger war als der rechte. So war das immer, er wusste nicht, warum. Hatten Füße eine unterschiedliche Anziehungskraft für Schmutz?
    »Ich weiß nicht«, murmelte er. »Ich wollte es nicht.« »Natürlich wolltest du das«, sagte sie. »Warum schmeißt man sonst mit Gläsern?«
    Joel starrte immer noch auf seine Füße. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Er konnte ihr ja nicht erzählen, dass er sie plötzlich eklig gefunden hatte. Dass er nur die Nase gesehen hatte, die in ihrem Gesicht fehlte.
    Als er ihr einen Blick zuwarf, sah er, dass sie traurig aussah. Sie saß genau im Mondstrahl, der durch das Fenster fiel. Sofort bekam er ein schlechtes Gewissen.
    »Es war wirklich nichts«, murmelte er. Jetzt konnte er sie wieder anschauen. Er begegnete ihrem Blick. »Ich glaube, du wirst erwachsen«, sagte sie.
    Das hörte Joel gern. Dass er dabei war, erwachsen zu werden. Aber gleichzeitig war etwas in ihrer Stimme, was ihn beunruhigte. Was meinte sie damit, dass sie es gerade jetzt sagte? »Niemand anders ist so kindisch wie ich«, sagte er. Sie schüttelte den Kopf.
    »Du wirst erwachsen«, wiederholte sie. »Und plötzlich eines Tages vergisst du ganz, dass es mich gibt. Vielleicht grüßt du mich kaum noch, wenn wir uns auf der Straße begegnen. Oder du wechselst die Straßenseite.«
    Joel sah sie erstaunt an. »Warum sollte ich dich nicht grüßen?«
    »Weil du dich schämst.«
    »Warum sollte ich mich schämen?«
    Sie antwortete mit einer Gegenfrage. »Warum hast du das Glas an die Wand geworfen?«
    In diesem Augenblick hätte Joel wieder ein Glas an die Wand geworfen, wenn er eins in der Hand gehabt hätte. Es wäre ihm egal gewesen, dass Samuel bestimmt aufgewacht wäre. Er wurde wütend über ihre Fragen. Er wurde wütend, weil sie Recht hatte. Trotzdem schüttelte er den Kopf.
    »Ich hab es nicht gewollt«, sagte er. »Warum hast du da unten auf der Straße gestanden? Es hätte ja sein können, dass ich dich gar nicht sehe?«
    »Dann hätte ich einen Schneeball gegen dein Fenster geworfen. Du hast mir gezeigt, welches Fenster deins ist.« »Das wäre nicht gut gewesen«, sagte Joel. »Samuel wäre wach geworden. Und der mag es nicht, wenn ich so spät Mädchen in meinem Zimmer habe.«
    Hätte er es gekonnt, er hätte sich die Zunge abgebissen. Er hörte selbst, wie albern das klang. So was sagte er, der noch nicht mal Pfänderspiele gespielt hatte! Jetzt würde sie ihn entlarven.
    Aber das tat sie nicht. Sie sagte nichts. Stattdessen stand sie so schnell auf, dass Joel zusammenzuckte.
    »Jetzt weiß ich wenigstens, warum du mit dem Glas geworfen hast«, sagte sie.
    »Aber ich hab dir das doch noch gar nicht beantwortet. Ich hab nur gesagt, dass ich es nicht wollte.« »Das genügt mir«, sagte sie. »Jetzt geh ich nach Hause. Du wirst ja wohl schlafen?«
    Joel begleitete sie auf Zehenspitzen in den Vorraum. Gertrud beherrschte wirklich die Kunst, sich lautlos zu bewegen. Er blieb in der Tür stehen und hörte, dass sie nicht vergessen hatte, welche Treppenstufen sie vermeiden musste. Nicht ein einziges Knarren war zu hören.
    Dann sah er ihr von seinem Fenster nach. Genau wie der Hund tauchte sie im Eicht auf und verschwand. In diesem Augenblick fand er sie nicht mehr so eklig. Aber gleichzeitig hatte er das Gefühl, dass sich an diesem Abend etwas verändert hatte. Joel kam nur nicht dahinter, was es war. Er zog sich aus und legte sich ins Bett.

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