Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
warten«, sagte Joel.
»Und du hast dir das wirklich nicht ausgedacht?«
»Geh doch nach Hause, wenn du mir nicht glaubst.« Der Windhund blieb. Sie fragte nicht mehr.
Allmählich wurde es halb acht. Joel hatte Recht gehabt. Es kamen nur wenige Besucher. Engman stand am Eingang und sah unzufrieden aus.
»Wahrscheinlich ist es kein guter Film«, sagte Joel. »Aber immerhin ist er für Jugendliche verboten.«
Jetzt war es so weit.
»Geh einfach hinter mir her«, sagte Joel. »Und sei so leise du kannst.«
Hastig führte er sie über die Straße und auf den Hinterhof vom Gemeindehaus. Dort tastete er sich im Schatten an der Wand entlang. Der Windhund war ganz dicht hinter ihm. Er erreichte die Treppe, die in den Keller führte. Vorsichtig legte er die Hand auf den Türgriff. Wenn er ihn anhob und gleichzeitig an der Tür zog, öffnete sie sich. Joel holte seine Taschenlampe hervor. Er hatte nicht vergessen, sie in die Tasche zu stecken. Der Windhund sah ängstlich aus. »Da unten ist doch kein Kino«, sagte sie.
»Willst du mitkommen oder nicht?«, fragte Joel. »Der Film hat wahrscheinlich schon angefangen.«
Sie glitten in das Dunkel hinein. Joel leuchtete, damit sie sehen konnten, wohin sie die Füße setzten. Von oben waren die Geräusche von der Leinwand zu hören. Vorsichtig gingen sie die Treppe hinauf, die zu der Bühne hinter der Leinwand führte. Der Windhund zögerte. Aber Joel zog sie mit sich. Jetzt konnten sie das Bild von hinten sehen. Joel spähte vorsichtig durch einen Spalt im Vorhang in den Zuschauerraum. Die obere Galerie war leer. Er zeigte auf eine Treppe an der einen Schmalseite der Bühne. Oben angekommen, öffnete Joel vorsichtig die Tür. Niemand war dort. Die Sitzplätze waren leer. Joel zeigte stumm auf die vorderste Reihe. Dahin setzten sie sich. Der Film hatte gerade angefangen. Der Windhund war immer noch nervös. »Und wenn Engman kommt?«
»Was hat er hier zu suchen, wenn doch niemand da ist?« Sie widmeten sich dem Film. Der war wirklich sehr langweilig. Aber der Windhund kicherte, wenn sich die Schauspieler küssten.
Joel beugte sich zum Geländer vor und guckte in den Zuschauerraum. Er hatte die Eingangstür schlagen hören. Offenbar waren noch mehr gekommen, die den langweiligen Film sehen wollten. Jetzt sah er sie.
Er zuckte zusammen. Zuerst dachte er, er hätte sich getäuscht. Aber dann erkannte er sie.
Sonja Mattsson, Ehnströms Verkäuferin.
Und sie war nicht allein. Sie hatte einen Mann bei sich. Ein Mann, der sich neben sie setzte und ihre Hand hielt. Joel verspürte einen Stich von Eifersucht. Mehr als Eifersucht. Ein Gefühl, das er noch nicht richtig kannte. Er lehnte sich zurück. Der Windhund war in den Film vertieft. Aber Joel konnte sich nicht konzentrieren.
14
Der Windhund kicherte.
Jetzt küssten sie sich auf der Leinwand wieder. Männer und Frauen. Sie küssten sich heimlich und ganz offen, hinter Türen und während sie auf Pferden saßen. Sie küssten sich lange und sie küssten sich kurz. Der Windhund kicherte immer noch.
Joel dachte an Sonja Mattsson da unten im Zuschauerraum. Und an den unbekannten Mann, der ihre Hand hielt. Es war, als ob der Film endlich von ihm selbst handelte. Obwohl er niemanden küsste. Eine Frau, die mit einem Kapitän der amerikanischen Kavallerie verlobt war, traf sich heimlich mit einem anderen. Davon handelte der Film. So viel hatte Joel verstanden. Und alle küssten alle. Joel begriff, dass das, was er fühlte, Eifersucht war. Er war es, der da unten neben Sonja Mattsson sitzen müsste. Kein anderer, von dem er nicht mal wusste, wer es war.
Gleichzeitig hatte er gar nichts dagegen, hier oben auf der Galerie neben dem Windhund zu sitzen. Wenn er sich vorzustellen versuchte, dass er und der unbekannte Mann die Plätze tauschten, entstand auch kein gutes Gefühl. Joel beugte sich über das Geländer. Sonja hielt den unbekannten Mann immer noch an der Hand. »Wonach guckst du?«, flüsterte der Windhund.
»Ich will keinen krummen Rücken kriegen«, flüsterte Joel zur Antwort. »Ich muss mich strecken.«
Er versuchte sich darauf zu konzentrieren, was auf der Leinwand geschah. Die küssten sich immer noch. Gleichzeitig überlegte er, ob er den Windhund bei der Hand halten sollte. Aber er war nicht sicher, wie sie reagieren würde. Würde sie anfangen zu schreien? Würde sie ihm eine knallen? Er beschloss, es lieber bleiben zu lassen.
Der Film war langweilig. Unten im Zuschauerraum wurde gestöhnt, mit den Füßen
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